Stephanie Schaub lächelt in die Kamera © Stephanie Schaub/ Chocoversum

"Museen müssen sich an den Bedürfnissen der Gäste orientieren!"

Stand: 07.03.2023 13:30 Uhr

Mit Ende 20 übernahm Stephanie Schaub die Leitung des Chocoversums in Hamburg. Gerade wurde sie in den Vorstand des Verbands deutscher Freizeitunternehmer gewählt. Aufgrund ihrer Ausbildung im Tourimus hat sie einen besonderen Blick auf die Museumswelt.

von Anina Pommerenke

Stephanie Schaub lächelt in die Kamera © Stephanie Schaub/ Chocoversum
Aus der Tourismusbranche ins Museum. Stephanie Schaub hat einen außergewöhnlichen Blick auf ihre Arbeit.

Stephanie Schaub strahlt bei diesem Interviewtermin. Auch wenn sie gerade eine anstrengende Zeit hinter sich hat. Ganze acht Tage war ihr Haus, das Chocoversum in der Hamburger Altstadt, für den Umbau des Museumsshops geschlossen. Viel Arbeit, doch die habe sich gelohnt, erzählt die 37-Jährige mit ansteckender Begeisterung. Die Geschäftsführerin wirkt bodenständig und ist eindeutig eine Macherin. Sie selbst erklärt das mit ihrer Biografie: Aufgewachsen ist sie als Bäckerstochter in Bayern, der Betrieb war eng mit dem Familienhaus verwoben.

Gastgeberin: "Das ist meine DNA."

Was ein wenig nach dem Beginn eines Märchens klingt, war doch viel mehr der Grundstein für eine außergewöhnliche Karriere. Kein Wochenende in ihrer Kindheit verging, an dem sie nicht auch ein bisschen ausgeholfen habe im Betrieb, erinnert sich Schaub zurück. Erst habe sie die Brötchen in Tüten gesteckt, später mit achtzehn sei sie im Bäckerauto über die bayerischen Dörfer gefahren. Für Schaub ist das ein Teil ihrer Identität. Es folgte zunächst eine Lehre als Hotelfachfrau in einer internationalen Hotelkette in Frankfurt. Auch wenn das auf den ersten Blick nichts mit ihrer heutigen Aufgabe zu tun habe, seien die Werte doch geblieben: Schaub sieht sich primär als Gastgeberin: "Das gehört zu meiner DNA."

Vom Tourismusstudium zum Chocoversum in Hamburg

Und niemand kenne sich so gut aus in diesem Bereich wie die Österreicher, so Schaubs Überzeugung: "Wenn ich nach schönen Hotels suche, dann suche ich immer in Österreich. Die leben einfach den Tourismus!" Entsprechend habe sie sich förmlich geehrt gefühlt, in Österreich Tourismus zu studieren und das Gastgeber-Dasein aufs nächste Level zu heben. Doch als Frau und Nicht-Österreicherin habe sie für sich kaum Karrierechancen gesehen und sei daher nach Deutschland zurückgekehrt. Das ist nun fünfzehn Jahre her. Seither arbeitet Schaub für eine Firma, die Marken- und Erlebniswelten entwickelt. So sei sie schließlich auch zum Chocoversum in Hamburg gekommen, das sie seit mehr als zehn Jahren als Geschäftsführerin leitet. 

Stephanie Schaubs Ziel: Bestmögliches Erlebnis für alle Gäste

Das Chocoversum by Hachez in Hamburg.  Foto: Dietrich Kuehne
Nicht nur Kinder sollen im Schokoladen-Museum etwas lernen und Spaß haben. Eine eigene Tafel Schokolade zu kreieren, gehört dazu.

Ihre Expertise sieht Schaub dabei keineswegs im Bereich Schokolade, vielmehr sei sie aufgrund ihrer Vita darauf spezialisiert, jedem Besucher und jeder Besucherin das bestmögliche Erlebnis zu bieten. Denn Schulklassen und Tourist:innen, um nur zwei Beispiele zu nennen, haben sehr unterschiedliche Anforderungen an den Besuch, auf die sie möglichst individuell eingehen möchte. Museen im Allgemeinen sieht sie als Ausflucht aus dem Alltag, einen Ort, an dem Menschen Stress hinter sich lassen wollen - und wundert sich, dass einige Häuser wenig auf die Bedürfnisse ihrer Gäste eingehen.

Mit dem Ticketkauf beginnt das Gesamterlebnis Museum

So habe sie selbst mit ihrem Sohn schon abenteuerliches erlebt. Vor einem Dino-Museum habe sie anderthalb Stunden Schlange stehen müssen, um überhaupt reinzukommen: "Da kannst du mit einem Kleinkind eigentlich schon wieder nach Hause gehen." Der gesamte Prozess des Ticketkaufs sei schon ein wichtiger Teil des Museumsbesuchs, führt Schaub fort: "Wie kann man seine Hauptzielgruppe anderthalb Stunden im Regen stehen lassen?" Anderswo habe sie sich von den Erklärungstexten abgeschreckt gefühlt. "Wenn ich die Worte nicht kenne, die dort verwendet werden, dann gehe ich doch frustriert nach Hause und fühle mich dumm - auch wenn ich mich als gebildeten Menschen bezeichnen würde", wundert sie sich. So wolle sie selbst im Chocoversum keineswegs belehren. Im Gegenteil: Für sie selbst sei es am Anfang auch eine überraschende Erkenntnis gewesen, dass Schokolade aus einer Frucht hergestellt werde, erzählt sie ganz offen. 

Die gesamte "Customer Journey" muss stimmen

Museen sollten sich viel mehr in ihre Gäste und deren Bedürfnisse hineinversetzen, findet Schaub, und alle Zielgruppen mitnehmen. Sie gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn sie an einen Besuch von Karls Erlebnishof am Standort Rövershagen zurückdenkt. "Auch wenn die 13.000 Gäste am Tag haben, muss ich maximal fünfzehn Minuten warten, um mir ein Ticket zu kaufen." Für Eltern mit Kleinkindern habe es im Gastronomiebereich die Möglichkeit gegeben, Babynahrung aufzuwärmen. Auch ein separater Stillbereich und ein vernünftiger Wickeltisch seien ihr positiv in Erinnerung geblieben. Kleine Maßnahmen, große Wirkung, findet Schaub. In der Fachsprache wird für das Gesamterlebnis bei einem Museumsbesuch von der "Customer Journey" gesprochen. Die soll für Schaub von Anfang bis zum Ende positiv verlaufen. 

Museumsbesuche als Ausflucht aus dem Alltag

Das Chocoversum by Hachez in Hamburg.  Foto: Dietrich Kuehne
Im Chocoversum dreht sich, wie der Name schon andeutet, alles ums Thema Schokolade: Wo kommt sie her, wie wird sie angebaut? Naschen erlaubt.

Der Erfolg gibt ihr recht: Obwohl das Haus gerade die Preise für Erwachsene um vier Euro erhöht hat, habe sie im Vergleichsmonat Januar so viele Gäste gehabt, wie noch nie. Ebenso freue sich das Museum über die genau gleiche Nachfrage wie vor der Corona-Pandemie. Davon können viele Kultureinrichtungen aktuell nur träumen. Dabei bewegt sich das Chocoversum mit 25 Euro Eintritt für einen Erwachsenen (in der Primetime, das Haus hat ähnlich wie die Deutsche Bahn ein flexibles Ticketpreis-Modell) im Vergleich zu anderen Museen in Hamburg eher im hochpreisigen Segment. Doch nicht nur der Preis sei entscheidend für den Besuch, sondern das Erlebnis, die gesuchte Ausflucht aus dem Alltag, so Schaubs Überzeugung. 

Auch in Museen nur wenige Frauen in Führungspositionen

Nicht nur ihr außergewöhnlicher Werdegang macht Schaub zu einer Besonderheit in der Museumswelt. Frauen - und gerade junge Frauen - sind in Führungspositionen in Kultureinrichtungen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert, obwohl viel mehr Frauen als Männer entsprechende Ausbildungswege einschlagen. Sie selbst habe als selbstbewusste Frau in Hamburg immer viel Unterstützung erfahren, auch schon mit Mitte zwanzig. Gerade männliche Kollegen und Geschäftspartner haben sie als Mentoren unterstützt und auf ihrem Weg begleitet, blickt Schaub zurück. Doch auch sie befürchtet, dass gerade etwas leisere und nicht so selbstbewusste Frauen oft übersehen werden, auch wenn sie eigentlich das Potenzial zur Führungskraft haben. 

Herzensthema: Förderung von Frauen

Ihr Herzensthema ist daher ein Mentoringprogramm, das sie gerade als frisch designierte Vorständin des Verbands der deutschen Freizeitunternehmer (VDFU) mit auf den Weg gebracht hat. Dabei geht es darum, gemeinsam mit Führungskräften aus der Freizeitindustrie gezielt zwölf talentierte Frauen zu fördern und individuell auf ihrem Karriereweg zu begleiten. Denn trotz aller Euphorie: Die Branche steht vor großen Herausforderungen - Fachkräftemangel und der steigende Kostendruck bei den Gästen etwa. Gut ausgebildete Führungskräfte sind da unabdingbar. Und surprise: Dazu gehören seit geraumer Zeit auch Frauen. 

 

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