Gunnar Astrup: Ex-Echt-Star will "Flensburg mit Kultur füttern"
Mit der Band Echt feierte er in den 1990er-Jahren Charts-Erfolge. Mittlerweile arbeitet Gunnar Astrup als Geschäftsführer der Flensburger Hofkultur und macht sich im hohen Norden für die Kulturszene stark.
Was war das für ein Wiedersehen: mit der Hochzeit des deutschen Musik-Fernsehens, stundenlangen Fernsehsendungen ohne erkennbares Konzept, der Zeitschrift "Bravo" samt Dr. Sommer, Playback-Auftritten bei Charts-Shows und natürlich der Musik: "Du trägst keine Liebe in dir...- wohooooo" in Dauerschleife! Gedreht aus über 240 Stunden privater Videoaufnahmen der Flensburger Boyband Echt zeigt die ARD-Doku "Unsere Jugend" schonungslos die fünf Freunde beim Erwachsenwerden.
Sie gewährt einen intimen Einblick hinter die Kulissen der Musikbranche der 1990er-Jahre, inklusive einiger Überraschungen: Denn während Sänger Kim Frank damals samt Privatleben schier omnipräsent durch Talkshows und Zeitschriften tingelte, zogen sich die anderen vier Bandmitglieder immer mehr aus dem Rampenlicht zurück.
Echt-Doku: Wie eine Klassenfahrt in alte Zeiten
So erfährt man doch einiges neues - etwa über Gunnar Astrup, der in der Doku als der Schüchterne unter den fünf Bandmitgliedern porträtiert wird. In der Teenie-Entwicklung immer ein bisschen hinterher, sehr ehrlich, symphatisch und bodenständig. Stets loyal seinen Bandkollegen gegenüber - auch in Zeiten, in denen es geknarzt hat. Das Publikum erfährt, dass er seine erste Freundin Julia geheiratet und mit ihr eine Familie gegründet hat. Wie romantisch! Wo gibt es denn heute noch sowas? Astrup bezeichnet die Publikation der Doku im Interview mit NDR Kultur als "verrückte Zeitreise" - er habe nicht mit so einem Erfolg gerechnet, mit der ganzen Liebe, die ihn im Nachgang erreicht habe - er sei förmlich erschlagen von der Masse der Reaktionen.
Unzählige Kommentare habe er über Soziale Medien erhalten mit teils sehr persönlichen Erinnerungen an die eigene Jugend, Einordnungen der damaligen Musikszene. Zwei Jahre habe die Band an dem Projekt gearbeitet, verrät Astrup. Den großen Erfolg kommentiert er bescheiden mit: "Das war schön". Die Premierenfeier in Berlin habe sich angefühlt wie eine Klassenfahrt in alte Zeiten. Die anschließende Rückkehr nach Flensburg - aufs "Dorf" - habe er erstmal verarbeiten müssen - doch geblieben sei ein wohlig-warmes Gefühl.
Nach Echt "beim Radio hängen geblieben"
Flensburg: Dort lebt und arbeitet der 41-Jährige heute. Nicht nur, weil es ihn als Familienvater zurück in die alte Heimat zog. Als Geschäftsführer der Flensburger Hofkultur hat er sich auch im dritten Jahr seiner Amtszeit zum Ziel gesetzt, die etablierte Kulturveranstaltung zu verjüngen und frischen Wind ins Jahr des 30-jährigen Jubiläums der sommerlichen Veranstaltungsreihe zu bringen. Nach dem Ende von Echt habe er sich nicht lange ausgeruht, direkt Praktika bei verschiedenen Medienhäusern gemacht, um die andere Seite kennenzulernen: "Wir haben damals sehr viele Interviews gegeben, teilweise auch sehr schlecht vorbereitet, ich wollte diesen Perspektivwechsel haben", erinnert sich Astrup zurück. Auch wenn er mit den Einnahmen von Echt durchaus einige Jahre hätte überbrücken können: "Die Frage kommt natürlich immer wieder: 'Habt ihr nicht ausgesorgt damals?' Nein! Wir sind weit davon entfernt gewesen."
Er wollte in die Arbeitswelt eintauchen und einen Alltag haben. Letztlich sei er dann nach einem Praktikum bei einem Radiosender in Hamburg "hängen geblieben" - tatsächlich ein ziemlich klassischer Einstieg in die Branche. Entgegen der üblichen Erwartungen der Redaktionen habe er immer versucht, seinen Interviewpartnern nicht nur bunte Fragen zu stellen, sondern mit Stars wie Sting oder Elton John auch immer über Musik zu sprechen. Dieser Liebe zur Musik und zur Kultur ist er bis heute treu geblieben.
Gunnar Astrup: "Flensburg mit Kultur füttern"
Tatsächlich sehe er sogar Parallelen zwischen seiner Arbeit beim Radio und der Tätigkeit bei der Flensburger Hofkultur, berichtet Astrup. Bei der Programmgestaltung brauche es ähnliche Erfahrungen, Bauchgefühl für junge Musiker und Bands und natürlich Kontakte. "Flensburg mit Kultur füttern" - das sei jetzt seine Misson. Das etablierte Festival jünger und moderner zu machen - und gleichzeitig das treue Stammpublikum nicht zu verschrecken. Erfreulicherweise habe sich sowieso einiges entwickelt in den vergangenen Jahren, vor allem wenn er da an seine eigene Jugend zurückdenke.
Flensburg sei total bunt geworden, gerade in den Sommermonaten gebe es viele Angebote im Kulturbereich, hebt er hervor: "Es ist eine total tolle Region, die es verdient hat, über Kultur noch bekannter zu werden." Natürlich profitiere man in den Sommermonaten auch vom Tourismus, gerade die Nähe zu Dänemark schlage sich nieder, auch programmatisch bei der Hofkultur.
Hofkultur startet mit frischem Wind ins Jubiläumsjahr
Gerade habe er gemeinsam mit dem Studiengang Marketing Design der Hochschule Flensburg einen komplett neuen Internet-Auftritt für die Flensburger Hochkultur erarbeitet. Denn als gemeinnütziger Verein, der hauptsächlich auf die Arbeit von Ehrenamtlichen angewiesen ist, sei für solche Zwecke kein Geld vorhanden. Aber im 30. Jubiläumsjahr des Festivals soll natürlich alles stimmen. Gemeinsam mit der Gesellschaft für Stadtgeschichte soll eine Festival-Chronik entstehen. Es wird eine Jubiläumsfeier geben - eventuell einen Jubiläums-Rum passend zur Rum-Stadt Flensburg. Die ersten Acts stehen auch schon fest - mit dem Anspruch, wieder ein breites Publikum anzusprechen. Jan Plewka wird zum Beispiel Rio Reiser singen, und mit Ecos De Siboney werden die offiziellen Nachfolger des weltberühmten Buena-Vista-Social-Club-Musikers Compay Segundo das Festival fulminant mit kubanischen Klängen eröffnen.
"Die Echt-Sache spielt hier oben immer noch eine große Rolle", schmunzelt Astrup zum Abschluss des Gesprächs. Das störe ihn nicht, solange es nicht zu sehr vom Festival und seinen Inhalten ablenke. Schließlich profitiere er ja auch von seinen Kontakten aus der Echt-Zeit. Ob er denn auch seine Kontakte zu dieser Erfolgsband aus den 1990er-Jahren spielen lassen könne? Echt als Headliner der Flensburger Hofkultur? "Das ist aktuell nicht geplant", winkt Astrup lachend ab.