30.000 Fans feierten asiatische Popkultur auf der Polaris in Hamburg
Bis Sonntag haben die Messehallen in der Hansestadt ganz im Zeichen von Gaming, Cosplay und Anime gestanden. Aber auch echte Ninjas und Ghibli-Milchschaum gab es bei der Polaris-Convention zu entdecken.
Grau und trist zeigt sich der Himmel an diesem Oktober-Wochenende über der Hamburger Messe. In den Hallen dagegen leuchten die Farben den Besuchern lebensfroh entgegen. Zahlreiche Cosplayer machen ihre Lieblings-Anime-Figuren lebendig, mit viel buntem Haarspray, Make-up und Kostümen, die einen durch ihre Detailverleibtheit sprachlos machen. Aber auch das Setting ist alles andere als langweilig. Große und kleine, bunt beleuchtete Schiffscontainer sind in den ersten beiden Hallen so verschachtelt, dass sie einen verschlungenen Rundgang bilden.
Polaris: Für die Community, aus der Community
Vor einem Jahr kamen zur ersten Ausgabe rund 10.000 Besucher. In diesem Jahr werden es knapp dreimal so viele sein - und es hätten noch mehr werden können, wenn die Anzahl nicht begrenzt gewesen wäre. Die Macher freut es, dass ihr Konzept aufgeht: verschiedene Kulturkreise, die alle irgendwie mit Gaming zu tun haben, an einem Ort im Norden zu versammeln.
In fünf Themenbereiche haben die Organisatoren um Projektleiter Marc Kirchamm die Polaris geteilt, "in denen wir verschiedene Experten haben, die sich um diese Bereiche kümmern und schauen, dass wir da in unserer Ansprache auch glaubhaft sind. Wir wissen, dass jemand aus der Community dabei ist, der weiß, was die Leute machen möchten und was sie interessiert." Ob Tabletop- oder die neusten Konsolen-Spiele, ob Youtube-Creator wie die Hamburger Rocketbeans oder Anime-Updates von den aktuellen Synchronsprecherinnen und -sprechern bekannter Animes.
Perlen zwischen Mainstream und Kommerz
Es gibt aber auch Perlen zu entdecken, die die Polaris von den anderen großen Conventions wie der Düsseldorfer Dokomi oder der Wiesbadener Conichi unterscheiden. Da sitzt zum Beispiel ein Mann gebückt und versunken hinter einem Tisch vor einem blauen Container und zeichnet an einem Tablet das Gesicht einer jungen Frau. Sein Name: Wataboku. Der international bekannte Zeichner hat über eine Viertelmillion Follower auf Instagram. Zum ersten Mal zeigt er selbst außerhalb von Japan seine Zeichnungen mit seiner Hauptfigur SAI.
Der Künstlermanager Nori Matsuda von der 9Days-Galerie in Tokio vertritt verschiedene Zeichnerinnen und Zeichner, auch Wataboku. Extra aus Japan nach Hamburg angereist, möchte der Vermittler die japanische Kunst in Deutschland noch weiter bekannt machen - hat er doch über die große Social-Media-Reichweite viel Kontakt zu deutschen Fans. "Wir haben hier auch wirklich tolles Feedback von den Besuchern erhalten," sagt er.
Manga aus Japan neben Künstlerinnen aus Hamburg
Ein paar Biegungen im Artist-Bereich weiter steht in einer Ecke eine junge Frau mit einem schwarzen Filzstift vor einer zwei mal vier Meter großen Leinwand. Darauf ein paar Manga-Fragmente. Shinnosuke Uchida ist Manga-Live-Painterin. Eigentlich wollte sie Mangaka werden, also Zeichnerin von Manga-Büchern. Den Gedanken hat sie allerdings fallen lassen. Ihrer Leidenschaft wollte sie aber treu bleiben und hat angefangen, aus Freude bei Veranstaltungen große Leinwände mit Manga-Auszügen zu zeichnen - mit großem Erfolg.
Erfolg hat auch die aus Hamburg kommende Zeichnerin Olga, alias Olschi. Gerade ist ihr Manga "Baddog und Goodboy" bei Carlsen-Manga erschienen. "Für mich ist das endlich mal eine größere Nerd-Messe, bei der man früh aufstehen und mit der U-Bahn hinfahren kann - und schon ist man da," sagt die 33-Jährige und grinst. "Man kennt alle Leute, und das ist schön."
Japanische Kultur zum Kämpfen, Essen und Trinken
Aber auch alte japanische Kultur hat die Polaris in den Norden gebracht. Narashino Seiryukutsu und Sagami Guko sind Ninjas. Sie unterrichten und erforschen die alte Kampfkunst. Auf der Messe geben sie neugierigen Besuchern imposante Einblicke in die Körperhaltung und Ansprache der Ninjas.
Original japanisch geht es auch im Munchi Markt zu. Der Indoor-Foodbereich präsentiert unter anderem japanische Crépes. Die gerollten und gefalteten Pfannkuchen werden mit Sahne, geröstetem Sojapulver und Matcha-Pulver wie eine Eiswaffel überreicht. Zu trinken gibt es einen Geheimtipp: In Tokyo sind die 3D-Latte-Art Becher vom Café Reissue eine Institution. Kleine Pokémon oder Ghibli-Figuren als 3D-Milchschaum sind zum Trinken viel zu schade. Geduld muss man aber schon mitbringen, denn das Warten in der Schlange kann schon einige Zeit dauern.
Ausblick auf die Polaris 2024
Die Polaris kommt nächstes Jahr im Oktober wieder. Dann allerdings größer und noch umfangreicher, so viel kann Projektleiter Marc Kirchamm verraten: "Wir wollen uns noch weiter öffnen. Südkorea ist natürlich super interessant. K-Pop ist ein großes Thema. Auch überlegen wir, ein eigenes Cosplay-Village zu bauen. Wir kommen ursprünglich aus der Videospiel-Entwicklung und so planen wir die Messe." So wird es mit Sicherheit wieder bunt in den Messehallen rund um den Telemichel - egal wie sich der Himmel über Hamburg zeigen wird.