Kostümierte Manga-Fans stehen auf der DoKomi 2023 vor einer Auslage eines Manga Verlages © NDR.de Foto: Mathias Heller
Kostümierte Manga-Fans stehen auf der DoKomi 2023 vor einer Auslage eines Manga Verlages © NDR.de Foto: Mathias Heller
Kostümierte Manga-Fans stehen auf der DoKomi 2023 vor einer Auslage eines Manga Verlages © NDR.de Foto: Mathias Heller
AUDIO: Manga Day 2023: Mehr als nur ein Phänomen aus Japan (4 Min)

Manga Day 2023: Mehr als nur ein Phänomen aus Japan

Stand: 16.09.2023 12:38 Uhr

Wenn es um Popkultur geht, liegen Eltern und ihre Kinder oft nicht auf der gleichen Wellenlänge. Beim Manga trifft das besonders zu. Dennoch lohnt sich der Griff zu den Heften, die man von rechts nach links liest.

von Mathias Heller

"Als ich jünger war, hab ich auch schon Comics gelesen, aber es hat mich immer traurig gemacht, dass du bei den Comics immer nur so ein Genre bedienst. Als Mädchen habe ich mich da überhaupt nicht angesprochen gefühlt", sagt Jenny Liz. Sie ist Mangaka, eine der wenigen professionellen, deutschsprachigen Zeichnerinnen der japanischen Comics. Sozialisiert mit Animes, also den Trickfilmserien aus Japan, hatte sie von Anfang an eine tiefere Beziehung zu den Figuren mit den Kulleraugen: "Als ich den ersten Manga bekommen habe, habe ich festgestellt, dass dieses Genre einfach viel weiter geht."

Große Bandbreite verschiedener Manga-Genres

Für jeden Typ ist etwas dabei: ob Thriller, Action, Romance, Fantasy oder Alltagsgeschichten, den sogenannten Slice of Life-Büchern, ob eher für männliche oder weibliche Leser, oder dazwischen. Die Bandbreite des Genres ist enorm und die Nachfrage steigt weiter. Allein in den vergangenen beiden Jahren hat der Absatz um bis zu 75 Prozent zugelegt. Das war in der Vergangenheit ganz anders, weiß Martin de la Iglesia: "Mangas waren zunächst eher sehr exotisch, sehr fremdartig und sehr schwer zugänglich." Der Kunsthistoriker arbeitet an der Ernst-August-Bibliothek in Wolfenbüttel und hat über Mangas promoviert. Iglesia hat drei Manga-Wellen in Deutschland ausgemacht. Anfang der 90er-Jahre ging es los, später folgten weitere "und die beruhen größten Teils darauf, dass man das richtige Format gefunden hatte, dass man Manga eben nicht mehr coloriert, nicht mehr spiegelt - dass sie also nicht mehr von links nach rechts gelesen werden - und dass man sie im Taschenbuchformat rausbringt."

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"One Piece" und "Dragon Ball" Spitzenreiter bei der Beliebtheit

"Dragon Ball" war eine der ersten Reihen, die durch die Decke ging. Bis heute wurden in Deutschland über acht Millionen Bücher laut Thalia verkauft. Zahlen, von den Buchhändler nur träumen können. Noch größer werden die Augen bei "One Piece". Die Geschichte von Monkey D. Ruffy, der König der Piraten werden will, wurde über 500 Millionen Mal verkauft: Manga-Weltrekord! Netflix hat eine Live-Action-Serie daraus gemacht und damit auch vor wenigen Wochen gleich Rekorde gebrochen: Platz 1 gleichzeitig in 84 Ländern.

Fans bilden die Basis der Manga-Kultur

Daniel Schlauch sitzt locker aufgelehnt im Kino © picture alliance / Geisler-Fotopress | Petra Schönberger/Geisler-Fotopress Foto: Geisler-Fotopress | Petra Schönberger/Geisler-Fotopress
Daniel Schlauch verleiht "One Piece" Hauptfigur Ruffy die deutsche Stimme.

Der Erfolg der Mangas hat viele Gründe, weiß auch Daniel Schlauch. Der Synchronsprecher leiht One Piece-Hauptfigur Ruffy seine Stimme: "Primär ist es die Fanszene, die dahinter steht und das Wissen, dass diese Fangruppen auf der einen Seite die treuesten und auf der anderen Seite die kritischsten Fans sind, die wir in unserer Arbeit erleben." Die Community schaut und hört genau hin, bestätigt auch Synchronsprecherin Lara Wurmer: "Da kann man nicht mal improvisieren und sagen, ich weiß nicht mehr, wie das Wort in Staffel 1 hieß, jetzt mach ich mal dies und das. Nein! Die Fans wissen das." Und sie tauschen sich aus, zum Beispiel in den sozialen Netzwerken oder bei den Conventions, also den Zusammenkünften der Szene im Stil von Festivals.

Viele japanische Kulturelemente im Manga

Faszinierendster Teil ist dabei das Cosplay. Dabei verkleiden sich die Fans teilweise atemberaubend in ihre Lieblingsfiguren und erwecken sie damit zum Leben. Bunt, schrill und immer respektvoll mit anderen, wie die japanische Kultur eben auch. Denn die ist mit dem Genre aufs Engste verknüpft, weiß Daniel Schlauch: "Mich hat das damals schon fasziniert, dieser Zeichenstil, diese Art und Weise des Erzählens, wie diese ganzen japanischen Kulturelemente in die Mangas mit reingenommen werden, wie zum Beispiel das Baden im Onsen oder Ramen. Das ist eine spannende und faszinierende Welt." Eine Welt, die es zu entdecken lohnt.

Manga FAQs

Anime: Zeichentrickserien aus Japan
Convention: eine Art Manga-Festival mit unterschiedlichen Programmelementen, z. B. Cosplay, Signierstunden, Tauschbörse etc.
Cosplay: Fans stellen eine Figur aus einem Manga, Anime, Film oder Videospiel durch ein Kostüm und Verhalten möglichst originalgetreu dar.
Manga: Ein aus Japan stammendes Comic. Dort werden sie für bestimmte Zielgruppen geschrieben - außerhalb Japans werden diese oft mit Genres gleichgesetzt.
Mangaka: Zeichnerin oder Zeichner eines Mangas

Die wichtigsten Genre:
Die fünf wichtigsten Zielgruppen sind Shonen, Shojo, Seinen, Josei und Kodomo. In Deutschland sind die vier ersten Kategorien am meisten zu finden.

Shonen: Diese Manga sind eher für die junge männliche Zielgruppe. Sie fokussieren sich auf Action, Abenteuer und Kämpfe. Aber Vorsicht: Es gibt immer auch überschneidungen mit anderen Genres - wie in der Musik.
Shojo: Es ist das Gegenstück zum Shonen und richtet sich an junge Mädchen. Häufig behandeln Shojo-Manga romantische Geschichten mit weiblichen Hauptcharakteren. Aber auch gibt es mit anderen Genres Überschneidungen.
Seinen: Zielgruppe sind junge Männer. Die Themen haben oft mehr Tiefgang als Bücher für die jüngere Zielgruppe. Beliebtes Seinen-Genre ist übrigens auch Comedy.
Josei: Als Gegenstück zum Seinen richtet sich Josei an jungen Frauen. Die Themen sind ähnlich wie im Shojo und werden häufig "erwachsener" behandelt.
Kodomo: Richtig sich an Kinder. Diese Mangas haben meist einfache Stories, z.B. Pokemon.

Weitere Genres:
Action: Das Genre ist im Shonen-Manga weit verbreitet. Es beinhaltet eine rasante Handlung mit viel Spannung, Kämpfen und hoher Geschwindigkeit.
Adventure: Ist ein Manga, bei dem eine Person eine unerwartete Abenteuerreise durch die Welt angeht.
Boys Love: Das Genre erzählt Geschichten, die homosexuelle Beziehungen zwischen männlichen Protagonisten behandeln. Weitere Subgenres wären Yaoi und Shounen Ai.
Drama: Da geht es überwiegend um Verlust und Tod. Aber auch Glück sowie die Auseinandersetzung mit Problemen wie Verfolgung und Ungerechtigkeit. Sie regen zum Nachdenken an.
Fantasy: Ein großes und beliebtes Feld. Es spielt sich außerhalb der normalen Realität ab.
Girls Love: Es ist das Gegenstück zu Boys Love und handelt von einer homosexuellen Beziehung zwischen weiblichen Protagonistinnen. Ein Subgenre wäre Yuri. Es grenzt sich durch explizite erotische Darstellungen ab.
Hentai: So bezeichnet man außerhalb des japanischen Sprachraums pornografische Manga und Anime.
Historisch: Die Geschichte spielt in einer anderen Epoche.
Horror: Hier geht es immer gruselig zu. Meist treiben übernatürliche Figuren ihr Unwesen, um Einfluss auf die verängstigten Protagonisten zu nehmen.
Mystery und Krimi: Hier steht ein Verbrechen im Mittelpunkt, das gelöst werden will - natürlich von einer oder einem Protagonisten.
Romance: Unter Romance werden die Manga eingeordnet, deren Hauptthema - natürlich - die Liebe ist.
Science Fiction: Anders als in der Fantasy geht es hier nicht um unerklärliche Kräfte oder Magie. Vielmehr moderne Realitäten, Gesellschaften und Technologien stehen im Fokus. Das Genre kann in der Zukunft aber auch in einer anders entwickelten Vergangenheit spielen.
Slice of Life: Das Genre ist in der Realität verankert und besitzt oft keinen großen Plot und wenig bis keine Konflikte.
Thriller: Hier kämpft die Hauptfigur gegen moralische, seelische oder physische Gewalteinwirkung durch seinen Gegenspieler. In vielen Thrillern ist nicht nur die Hauptfigur bedroht, sondern auch andere Menschen.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 16.09.2023 | 07:00 Uhr

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