Kulturfabrik Hildesheim insolvent - ist im November Schluss?
Die Kulturfabrik, kurz KuFa, ist in Hildesheim bekannt als Veranstaltungsort. Daneben ist sie aber auch wichtiger Partner für Projekte mit Bildungseinrichtungen und den Stadtteilen. Jetzt musste die KuFa Insolvenz anmelden.
Die Kulturfabrik in der ehemaligen Papierfabrik Löseke liegt im Norden der Stadt Hildesheim direkt am Bahnhof. Noch für diesen Monat kann Geschäftsführer Stefan Könneke die Gehälter zahlen, dann ist die Kasse leer: "Wir hatten von 120.000 Euro die uns fehlen 80.000 besorgt, vom Land, von der Sparkasse vom Landschaftsverband." 40.000 fehlten also. "Die hätte die Stadt einbringen müssen", so Könneke. "Die Stadt hat gesagt, sie zieht eine betriebsinterne Lösung vor. Wenn man das in die Realität übersetzt, heißt das: Geht insolvent."
Stadt Hildesheim: "Zuschuss der Kulturfabrik um 100 Prozent erhöht"
Könneke wünscht sich außerdem einen jährlichen Zuschuss von der Stadt in Höhe von 420.000 Euro - einem Drittel des Umsatzes der Kulturfabrik. Die Leiterin der Stabsstelle Kultur der Stadt Hildesheim, Lene Wagner, sagt, die Stadt fördere genug: "Wir haben in den letzten zehn Jahren den Zuschuss der Kulturfabrik um 100 Prozent erhöht. Die Stadt Hildesheim war im Entschuldungsvertrag mit dem Land Niedersachsen, einige Einrichtungen mussten richtig Federn lassen und bei der Kulturfabrik haben wir draufgesattelt, auch weil wir wissen und sehen, wie wichtig diese Einrichtung ist."
Eine Insolvenz lasse sich von städtischer Seite demnach nicht abwenden, da die Prognose des Vereins nicht gesichert ist und der Haushalt mit 13 Million Euro im Minus ist.
Studienstandort Hildesheim könnte unattraktiver werden
Hildesheim ist eine Studentenstadt. Vor allem im Bereich Kunst und Kultur wird viel geboten. Wer irgendwas mit Kunst und Kultur studieren möchte, der findet auf dem Campus in Hildesheim viel Auswahl. Zum Beispiel den Studiengang von Musikdozent Jürgen Attig. Er ist sozusagen der Erfinder des "Groove Unighters" - eine Art Abschlusskonzert des jeweiligen Semesters in der KuFa: "Hier werden die Arbeitsergebnisse, die sonst im neonbeleuchteten Musiksaal stattfinden würden, auf einer richtigen Clubbühne zur Aufführung gebracht. Das betrifft hauptsächlich diese jazz-, rock- und popmäßigen musikalischen Ensembles."
Die KuFa stelle die gesamte Bühnentechnik und teilweise auch Instrumente, sowas wäre einmalig in Hildesheim, sagt Attig. Eine Schließung der KuFa würde sich direkt auf den Unistandort auswirken: "Das ist dann ein eindeutiger Verlust von Attraktivität."
Leistungspunkte für mitwirkende Studierende
Die Kulturfabrik sei auch ein wichtiger Netzwerkparter, was die Entwicklung von Stadtteilen angeht, sagt Daniel Gad. Der Dozent für Kulturpolitik hat mit seinen Studierenden und der KuFa zusammen ein Festival auf die Beine gestellt, auf dem Ideen für vernachlässigte Plätze gesucht worden sind: "Wo es um Kulturpolitik und Stadtentwicklungsprozesse ging. Studierende konnten dieses Konzept 'Urban Places Reloaded' mitentwickeln und durchführen. Dafür haben sie dann auch am Ende ihrer Modulabschlüsse ihre Leistungspunkte bekommen."
Jugendprojekte mit KuFa-Mitarbeiter*innen umgesetzt
Ein weiteres Beispiel für das Wirken der KuFa findet sich in der Geschwister-Scholl-Schule in der direkten Nachbarschaft. Gerade wird der Innenhof der Schule aufgehübscht, sagt der Schulleiter Kay Spiller: "Da konnten Jugendliche für sich einen eigenen Plan machen und haben den mit Mitschülern, Lehrern und Mitarbeitern der Kulturfabrik umgesetzt und können jetzt in einen Innenhof gehen und sagen: Das habe ich selber gemacht!" Das habe pädagogisch einen tiefen Wert, ist Spiller überzeugt.
DJ Tobias Felice nennt schwache Bookingstrategie als Grund
Bei den Jüngeren ist die KuFa vor allem für ihre Partys bekannt. Ein DJ, der dort die Veranstaltungsreihe "The Groove Yard" ins Leben gerufen hat, ist Tobias Felice. Er hat selbst bis vor kurzem in Hildesheim gelebt und kennt die Clubszene: "De Facto hast du durch die KuFa in Hildesheim eine Monopolstellung. Es gibt einen Anlaufort, es gibt einen Club, wo du in Hildesheim hingehen kannst, wenn du tanzen möchtest. "
Felice kennt die drei Dancefloors und auch das Soundsystem und meint, das Problem für die finanziell schlechte Situation der KuFa zu kennen: "Es gibt keine Leute, die das Soundsystem akkurat einstellen und es gibt insgesamt eine sehr, sehr schwache Bookingstrategie - wenn es überhaupt eine gibt. Das ist auch das Problem. Ich glaube, es würde Hildesheim guttun, wenn es noch eine richtige Alternative gäbe."
Stadt wünscht sich verkleinertes Modell der KuFa
Über eine Alternative möchte die Leiterin der Stabsstelle Kultur in Hildesheim nicht nachdenken. Sie wünscht sich, dass sich die Kulturfabrik womöglich auf kleineren Beinen finanziell stabil aufstellt: "Ich meine 320.000 Euro, das ist der Betrag, den die Stadt jährlich gibt. Das ist ja nicht nichts. Und ich würde mir wünschen und erhoffen, dass man mit dem Betrag gute soziokulturelle Arbeit machen kann."
Der Geschäftsführer der KuFa Stefan Könneke geht davon aus, auch im kommenden Jahr Zuschüsse von der Stadt zu bekommen und hofft auf gute Ideen vom Insolvenzverwalter: "Ich gehe davon aus, dass das Haus weiter geht und geöffnet bleibt." Sicher ist auf jeden Fall, dass der Lohn der Mitarbeiter bis Januar kommenden Jahres durch die Insolvenz weiter gezahlt wird. Dann muss eine Lösung gefunden sein.