"Stille Helden": Leise Nächstenliebe gelebt
Sechs Millionen Juden wurden unter Hitlers Herrschaft ermordet. Um dem Tod in den Konzentrationslagern zu entgehen, tauchten mindestens 5.000 Juden in Deutschland unter. Das gelang ihnen nicht zuletzt, weil ihnen andere Menschen halfen. Mehr als 30.000 dieser "stillen Helfer" soll es gegeben haben, schätzen Historiker. Rosemarie Dessauer ist eine, die so den Nazis entkommen konnte.
Helfen ohne Scheu
Dessauer wurde im Jahr 1943 zu einem Leben auf der Flucht gezwungen. Die damals 20-Jährige ist Jüdin. Während ihrer zweijährigen Odyssee durch Nazi-Deutschland standen ihr 15 Menschen zur Seite, versteckten sie vor Polizei und Gestapo. Unterschlupf fand Dessauer auch bei Gerda Voss in Pokrent bei Gadebusch. Die Pfarrersfrau ist allein, der Mann als Soldat im Krieg. Sie entscheidet, Rosemarie Dessauer bei sich aufzunehmen. Gerda Voss' Tochter Marlene Ohse hat davor noch heute großen Respekt.
Sie erinnert sich auch daran, dass ein weiteres jüdisches Mädchen in die Familie kam. Die 13 Jahre alte Luise Balmberger ging mit den Kindern sogar in die Schule. Ansonsten wäre das im Dorf aufgefallen, sagt Marlene Ohse.
Fünf Jahre untergetaucht
In Bützow betreibt Familie Gaedt zu dieser Zeit eine Gärtnerei. In den letzten drei Kriegsjahren nehmen die Gaedts Irene Greiner und deren Sohn auf. Die Halbjüdin kommt aus Leipzig nach Mecklenburg-Vorpommern und bringt noch im Jahr 1944 eine Tochter zur Welt. In Groß Kiesow lebt Gertrud Birnbaum aus Niedersachsen fünf Jahre lang im Schutze der Pastorenfamilie Pfannschmidt.
Der Kontakt zwischen Verfolgten und Helfern entstand oft zufällig. Ansonsten gab es familiäre oder freundschaftliche Verbindungen. Die Pfarrhäuser bildeten ein Netzwerk.
- Teil 1: Helfen ohne Scheu
- Teil 2: Vom Suchen und Finden