Bibeln und Spucknäpfe für Schwedens Seeleute
1920er-Jahre: "Leseraum oft voll von Betrunkenen"
Als nach dem Krieg wieder skandinavische Schiffe in den Hamburger Hafen einlaufen, nimmt der Betrieb in der Seemannskirche weiter zu. Doch wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation lungern viele arbeitslose Matrosen frustriert in der Mission. "Unser Leseraum war ständig besetzt und oft voll von Betrunkenen", schreibt der zu dieser Zeit amtierende Pastor Hjalmar Haat.
Immer wieder kommt es zu Schlägereien. Die Kirchenleute helfen, wo sie können, geben Essen aus, vermitteln Unterkünfte. "Aber die Schar wuchs uns bald über den Kopf. Als einige begannen, selbstgebrannten Hochprozentigen zu trinken und der Konsum von Drogen, Kokain sogar, um sich griff, wurde die Situation unerträglich", erinnert sich Haag. Erst als die Polizei regelmäßig Razzien durchführt, beruhigt sich die Lage.
Kirche trotzt Bombenangriffen
Als Hitler 1939 den Krieg erklärt, verlassen viele Schweden Hamburg. Der aktuelle Pastor Lennart Karlsson und seine Frau Margith halten in der Gustaf-Adolfskyrkan die Stellung. Erneut kommt die Schifffahrt im Hafen zum Erliegen, die Sorge um die Hamburger Schweden bestimmt das Handeln des Pastorenpaares.
Bei den Bombenangriffen drängen sich die Menschen im Keller des Hauses, nun ein Luftschutzbunker. 1943 trifft eine Brandbombe das Gebäude und beginnt auf dem Dachboden zu glimmen. "Hätten wir den Schwelbrand nicht gleich bemerkt, die Kirche wäre in kürzester Zeit abgebrannt", erinnert sich Haag. Doch im Gegensatz zu den umliegenden Gebäuden bleibt die Kirche trotz der schweren Luftangriffe erhalten. Zwar ohne Fenster, die durch den Druck der Bomben zerstört sind, und auch ansonsten arg beschädigt - aber sie steht.
- Teil 1: Bibel statt Bordell im "Hort der Sinnlichkeit" Hamburg
- Teil 2: 1920er-Jahre: "Leseraum oft voll von Betrunkenen"
- Teil 3: Schweden schicken waggonweise Spenden nach Deutschland