VIDEO: Unternehmen "Großherzogin Elisabeth": Überführung der "Ariadne" nach Elsfleth (1982) (25 Min)

"Großherzogin Elisabeth": Von der Weltneuheit zum Wahrzeichen

Stand: 12.06.2022 05:00 Uhr

Als "San Antonio" ist der motorisierte Frachtsegler beim Stapellauf 1909 eine Weltneuheit. Als "Ariadne" kommt der Dreimaster 1982 nach Elsfleht. Am 12. Juni wird das Schul- und Kreuzfahrtschiff auf den Namen "Großherzogin Elisabeth" getauft.

von Irene Altenmüller

Am 14. März 1982 herrscht Volksfeststimmung in der Wesermarsch. Am Hafen und am Sperrwerk des Städtchens Elsfleth spielt der Spielmannszug auf und Hunderte Schaulustige haben sich versammelt, um die Ankunft der "Ariadne" zu feiern. Der historische Dreimast-Gaffelschoner soll künftig in Elsfleth seinen Heimathafen haben, am Klüverbaum flattert bereits die Fahne der Stadt Elsfleth. Der Großsegler ist das erste Schulschiff, das seit dem Zweiten Weltkrieg im Hafen der Stadt festmacht. Einige Wochen später, am 12. Juni 1982, tauft Herzogin Ameli von Oldenburg den Gaffelschoner auf den Namen "Großherzogin Elisabeth", in Anlehnung an das einstige Schulschiff der Handelsmarine gleichen Namens.

1909: Die "San Antonio" läuft vom Stapel

Bei dieser Taufe hat die "Großherzogin Elisabeth" bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Am 19. August 1909 läuft das Schiff unter dem Namen "San Antonio" in den Niederlanden vom Stapel. Erbaut wird der Schoner als Ersatz für ein Schiff gleichen Namens, das nur ein Jahr nach seinem Bau mit dem deutschen Marine-Kreuzer "Emden" kollidiert und gesunken war. Das Deutsche Reich musste dem niederländischen Reeder den Neubau finanzieren, da die "Emden" den Zusammenstoß verursacht hatte.

Dreimaster mit Dieselmotor - eine Weltneuheit

Die "San Antonio" ist damals eine Weltneuheit in der Handelsschifffahrt: Sie ist der erste Frachtsegelschoner, der mit einem Dieselmotor ausgerüstet ist, die drei Masten sind umklappbar, sodass das Schiff auch die niedrigen Rheinbrücken passieren kann. In den nächsten Jahren führen die Reisen das Schiff nach Südamerika und ins Mittelmeer. 1914 strandet es vor Marokko, kann sich aber mithilfe des Motors wieder selbst befreien. Im Winter 1929 folgt ein weiterer Zwischenfall: Die "San Antonio" kentert vor Kopenhagen. Da das Schiff mit Holz beladen ist, schwimmt es auf seiner Ladung und kann geborgen werden.

1936 wird die "San Antonio" zum Küstenmotorschiff mit Hilfsbesegelung umgebaut. Während des Krieges setzt man es ein, um die alliierten Truppen mit Nachschub zu versorgen. Nach dem Krieg fährt das Schiff unter schwedischer Flagge, wechselt mehrmals den Besitzer und verfällt mit der Zeit zusehends.

Neues Leben als Kreuzfahrtschiff "Ariadne"

Das Schulschiff "Großherzogin Elisabeth" im Jahr 2019. © Schulschiffverein "Großherzogin Elisabeth" e.V.
Bevor die "Lissi" als Schulschiff nach Elsfleth kam, hatte sie schon als Frachtsegler, Küstenmotorschiff und Kreuzfahrtschiff gedient.

1973 kauft schließlich der Hamburger Kapitän Hartmut Paschburg die "San Antonio". Er haucht dem heruntergekommenen Schiff neues Leben ein und lässt es zum Dreimastschoner umbauen. Unter dem Namen "Ariadne" wird der Großsegler zu einem der bekanntesten deutschen Windjammer, doch ab 1978 wendet Paschburg sein Interesse zunehmend der "Sea Cloud" zu.

Elsfleth sucht ein Schulschiff

Noch bis 1981 wird die "Ariadne" für Kreuzfahrten auf dem Mittelmeer und der Karibik eingesetzt. Im selben Jahr wird der "Schulschiffverein Großherzogin Elisabeth" gegründet, Präsident ist der Kapitän und Reeder Horst Werner Janssen. Vom damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht bekommt er den Auftrag, die Seefahrtschule in Elsfleth attraktiver zu machen. Die Schule hat eine lange Tradition, bereits seit 1832 kann man sich dort zum Kapitän auf großer Fahrt ausbilden lassen. Doch seit dem Krieg ist der praktische Teil der Ausbildung dort nicht mehr möglich - ein Schulschiff muss her.

Stürmische Überfahrt: Die "Ariadne" kommt nach Elsfleth

Die Crew bei der Überführung der "Ariadne" 1982 nach Elsfleth. © Screenshot
Stromausfall und andere Überraschungen: Ein Sturm macht die Überführung des damals noch auf "Ariadne" getauften Dreimasters für die Crew zur Herausforderung.

Im Oktober 1981 entdeckt Janssen die "Ariadne" an einem kleinen abgelegenen Pier im griechischen Piräus. Er chartert das Schiff und lässt es von Kapitän Uwe Ode und einer Crew aus Studierenden der Seefahrtsschule nach Elsfleth überführen - eine Überfahrt nicht ohne Probleme: Erst kommt es zu einem Getriebeschaden, dann fällt bei heftigem Wind zeitweilig der Strom aus, schließlich läuft auch noch der Fäkalientank über und der Inhalt ergießt sich in die Nasszellen an Bord.

1993: Brand auf der "Großherzogin Elisabeth"

Der Schoner "Großherzogin Elisabeth" gleitet während der Einlaufparade der Großsegler zum Windjammerfestival "Sail 2015" (12.-16.08.) © dpa-Bildfunk Foto: Ingo Wagner
Auch einen schweren Brand 1993 hat die "Lissi" überstanden. Heute segelt sie auf vielen großen Segelparaden mit - hier etwa auf der "Sail 2015" in Bremerhaven.

Trotz aller Hindernisse läuft die "Ariadne" schließlich in Elsfleth ein. Die "Lissi", wie das Schiff bald liebevoll genannt wird, nimmt bald darauf ihre Arbeit als Schulschiff zur Ausbildung des seemännischen Nachwuchses auf. Ein herber Rückschlag folgt am 31. März 1993: Ein Brand zerstört den Innenraum des Schiffes, kaum jemand glaubt, dass die "Lissi" noch zu retten ist. Doch der Schulschiffverein gibt nicht auf, sammelt Spenden aus der Bevölkerung und von ansässigen Unternehmen. Die Rettung gelingt, das Schiff wird instand gesetzt und modernisiert.

Bis heute bereist der rund 64 Meer lange Schoner die Nord- und Ostsee - mal als Schulschiff für Nautik-Studenten und angehende Kapitäne zur See, mal mit zahlenden Gästen und ehrenamtlicher Crew. 2008 zum Beispiel segelte der damalige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit.

Mitsegler sind auf der "Lissi" willkommen

Für die Pflege des Schiffs setzt sich weiterhin der "Schulschiffverein Großherzogin Elisabeth" mit seinen derzeit 920 Mitgliedern ein, von denen rund 200 aktiv tätig sind. Verein und Schiff stehen allen offen: Wer mag kann an Bord das Segeln erlernen und auf der "Großherzogin Elisabeth" die Matrosenprüfung ablegen. Und alle, die statt aufs offene Meer lieber in den Hafen der Ehe segeln, können sich auf der "Lissi" im Kapitäns-Salon auch trauen lassen.

Technische Schiffsdaten der "Großherzogin Elisabeth"

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Dieses Thema im Programm:

Nordseereport | 30.09.2018 | 18:00 Uhr

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