"Christian Radich": Weißer Segler aus Norwegen
Nach Jahrzehnten als Schulschiff steht die "Christian Radich" seit 1999 im Dienste der Charterfahrt. Nimmt aber weiterhin an Großseglertreffen und Regatten teil.
Der Reeder und Kavallerie-Offizier Christian Radich erlebt die Realisierung seines Traums nicht mehr: Bereits neun Jahre vor seinem Tod hatte der Norweger den Bau eines Segelschulschiffs in Auftrag gegeben - unter der Bedingung, dass dieses seinen Namen trägt. An eine Stiftung überweist er deshalb 90.000 Norwegische Kronen. Doch als er im Juni 1898 stirbt, ist das Schiff noch immer nicht in Bau. Und es soll noch viele Jahre dauern, bis sich der Wunsch des Reeders erfüllt. Erst 1937 ist es endlich so weit. Fast 40 Jahre nach Christian Radichs Tod läuft das Vollschiff vom Stapel. Den Auftrag hatte die Osloer Schulschiffgesellschaft erteilt, die das Schiff aus dem Nachlass des Norwegers finanziert.
Glücklose Anfangsjahre im Zweiten Weltkrieg
Die erste Transatlantikreise des Schulschiffs führt den Dreimaster im Jahr 1939 nach New York, wo gerade die Weltausstellung stattfindet. Nur ein Jahr später beschlagnahmen die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs die "Christian Radich" und nutzen sie als Depotschiff für U-Bootbesatzungen. 1945 wird der Dreimaster im Flensburger Hafen während eines Bombenangriffs getroffen und sinkt.
"Christian Radich": Karriere als Kino und TV-Star
Nach Kriegsende wird die "Christian Radich" gehoben und im norwegischen Sandefjord wieder flott gemacht. Unter norwegischer Flagge nimmt sie 1947 erneut ihren Dienst als Schulschiff auf, in den 50er-Jahren macht sie Karriere im Kino: Sie ist der Star der 1957 gedrehten Dokumentation "Windjammer: The Voyage of the Christian Radich". Der Film schildert die Fahrt des Schiffs von Oslo über die Karibik nach New York und zurück in die Heimat. Auf ihrem Weg trifft die "Christian Radich" auch das deutsche Segelschiff "Pamir" - eine schicksalhafte Begegnung: Die Filmcrew fängt die letzten Bilder der Viermastbark ein. Kurze Zeit später gerät die "Pamir" in einen Sturm und geht unter. 80 der 86 Besatzungsmitglieder finden dabei den Tod.
In den 70er-Jahren wirkt die "Christian Radich" in der britischen Fernsehserie "Die Onedin Linie" mit, die die fiktive Geschichte des britischen Kapitäns und Reeders James Onedin im 19. Jahrhundert erzählt. Die äußerst erfolgreiche BBC-Produktion läuft in über 40 Ländern und ist ab 1972 auch im Vorabendprogramm der ARD zu sehen.
Bei Großsegler-Regatten ganz vorn dabei
Von 1980 bis 1983 wird die "Christian Radich" in Norwegen generalüberholt. Auch der Eigner wechselt: Eine Stiftung übernimmt Unterhalt, Pflege und Nutzung des Schiffes vom norwegischen Ministerium für Erziehung. Seit 1999 steht das ehemalige Schulschiff im Dienste der Charterfahrt, nimmt aber weiterhin an Großseglertreffen wie der Sail in Bremerhaven und Regatten teil - mit Erfolg: 2010 gewinnt die "Christian Radich" zum insgesamt fünften Mal die Langstreckenregatta "Tall Ships’ Races" in der Klasse A, der Klasse der größten Segelschiffe.