Hyde Park Osnabrück: Von Rock und Straßenschlacht
Fast jede größere Stadt hat sie, Klubs und Diskotheken, die Geschichte und Geschichten schrieben. Im ansonsten eher beschaulichen Osnabrück gibt es auch eine solche Legende: Den Hyde Park - eine knapp 45 Jahre alte Rock-Disco, mehrmals geschlossen und umgezogen, aber trotzdem immer noch da. In der Vergangenheit gaben sich dort Rock- und Metal-Größen von Slayer bis zu den Ärzten die Klinke in die Hand.
Straßenschlachten nach Disco-Schließung 1983
Bundesweite Berühmtheit erlangte die Diskothek am 1. August 1983. In der Nacht hatten die Behörden den Hyde Park geschlossen, weil die Anwohner sich laufend gestört fühlten. Als letztes gespieltes Stück erklang um kurz vor Mitternacht Wagners Walkürenritt. Danach entlud sich der Frust der enttäuschten Gäste in einer Straßenschlacht mit der Polizei, über die sogar die Tagesschau berichtete.
Hyde Park: "Treffpunkt der Bürgerschrecks"
Die Stadt hatte keinen Laden geschlossen, sondern einen Lebensmittelpunkt. Der Hyde Park war 1976 über die alternative Osnabrücker Jugend gekommen wie die Erleuchtung über einen Propheten. Die sonst allgegenwärtigen Eurovisions-Titel von ABBA und die bügelfaltenfreundliche Schlagermusik hatten hier kein Zuhause. Mit dem ersten Konzert im Hyde Park, zu Gast war die ungarische Band Omega, kam der Rock ins verschlafene Osnabrück. "Das war der Treffpunkt der Bürgerschrecks. Sehr verrufen, vielen Jugendlichen wurde verboten, dorthin zu gehen", erinnerte sich Harald Keller, als er mit Reiner Wolf im Jahr 2011 das Buch "Hyde Park-Memories: Ein Osnabrücker Musikclub und seine Geschichte(n)" herausgab - eine bunte Sammlung aus Erinnerungen und Anekdoten von Besuchern, Musikern und DJs.
Ausflugslokal fällt in die Hände der Langhaarigen
Conny Overbeck, bis heute Betreiberin des Hyde Parks, hatte damals ein altes Ausflugslokal übernommen, das Schweizerhaus. Die Inneneinrichtung verändert sie damals radikal, doch von außen bleibt der Hyde Park mit seinem Fachwerk, was er der Konzession nach ist: eine Schankwirtschaft mit Saalbetrieb, ein Bilderbuch-Wirtshaus. Doch die Realität gestaltet sich den Erinnerungen von Harald Keller zufolge etwas anders: "Im speziellen Fall Hyde Park bedeutete das in den Augen der bürgerlichen Öffentlichkeit, dass ein traditionelles Ausflugslokal jetzt in die Hände der Rabauken fiel, der Langhaarigen."
Der spätere Bundespräsident ist ebenfalls Gast
Zu den Gästen im als "Haschschuppen" verrufenen Hyde Park zählen Heinz-Rudolf Kunze, der spätere Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn und sogar ein späteres Staatsoberhaupt: Auch Christian Wulff, gebürtiger Osnabrücker, trifft sich damals mit Freunden im Hyde Park.
Im Bademantel an der Theke
Im Hyde Park kann in den späten 70er-Jahren laut Keller jeder so sein, wie er ist. Niemand, auch noch so exzentrisch, fällt wirklich auf. "Einmal wurde im Hyde Park nach einem entlaufenen Patienten des Landeskrankenhauses gesucht. Man fand ihn in Pyjama und Bademantel gekleidet vor der Theke stehen, wo er wie alle anderen Gäste bedient wurde", so eine von Kellers Erinnerungen.
Die Legende lebt weiter
Nach der Schließung 1983 wechselt der Hyde Park insgesamt dreimal seinen Standort. Zunächst zieht der Klub in ein altes Zirkuszelt der Familie Althoff, dann in einen Holz- und später in einen Betonbau. In einem Industriegebiet am Rande von Osnabrück, wo er keine Nachbarn stört, hat der legendäre Hyde Park nun möglicherweise sein endgültiges Zuhause gefunden. Vielleicht ist der Hyde Park nicht mehr der Jugendtempel, der er einmal war. Doch die alte Philosophie gilt noch immer: "Bei uns ist einfach jeder gern gesehen, egal wie er aussieht, wer er ist, und was für eine Gesinnung er auch hat."