Unterwegs auf der Transitstrecke: Bilder entlang der F5
Anfang der 1980er-Jahre arbeitet Harald Schmitt als Fotoreporter für den "Stern" in Ost-Berlin. Die Redaktion beauftragt ihn mit einer Foto-Geschichte entlang der Transitstrecke F5, bevor diese von einer Autobahn abgelöst wird.
Der Fotograf Harald Schmitt ist von 1977 bis 1983 für das Magazin "Stern" in Ost-Berlin akkreditiert. 1982 bekommt er den Auftrag für eine Reportage entlang der F5. Die Fernverkehrsstraße ist damals die einzige Transitverbindung zwischen Hamburg und West-Berlin - und bis zur Eröffnung der A24 am 20. November 1982 auch die einzige Transitstrecke durch die DDR, die über eine Landstraße führt. Anders als Autobahnen bietet die F5 durch ihre Route durch Dörfer und Städte direkte Einblicke in das Leben in dem sozialistischen Nachbarstaat.
Fotoreportage von der F5 - solange es sie noch gibt
Schmitt soll dieses Leben auf und entlang der Straße mit der Kamera einfangen. "Die Idee der Chefredaktion war: Ich soll nochmal über die F5 - solange es sie gibt bis zur Eröffnung der Autobahn. Eine große Farb-Geschichte machen", erzählt Schmitt in der NDR Dokumentation "50 Jahre Transitstrecke - Als die Grenze zur DDR durchlässig wurde. "So kam es, dass ich diese Straße mehrfach hin- und hergefahren bin und sie so kennengelernt habe."
Mit DDR-Akkreditierung darf Schmitt an der F5 auch anhalten
"Da ich in der DDR akkreditiert war, hatte ich auch die Möglichkeit, unterwegs anzuhalten", erklärt Schmitt. Ein Privileg, das den üblichen Transitreisenden durch die DDR damals vorenthalten ist: Das Anhalten auf oder gar Verlassen der Transitstrecken ist nur aus triftigen Gründen gestattet, etwa bei einem Unfall, Krankheit oder einem leeren Tank. Fotoreporter Schmitt hat für seinen Auftrag mehr Möglichkeiten. "Da kriegte man - in Maßen - einen Bezug zu Leuten, die man getroffen hatte. Das war wirklich so, dass man dachte: Guck' mal, das ist die DDR, wie man sie eigentlich nicht kennt. Schade, dass andere das nicht mitbekommen." Wo das Anhalten auch für den akkreditierten Fotoreporter problematisch wird, täuscht er notfalls eine Panne vor.
Ständige Überwachung durch die Stasi
Natürlich weiß Schmitt, dass die Stasi seine Tätigkeit genau beobachtet. "Ich war damals so jung und fühlte mich wie James Bond. Ich wusste, dass die hinter mir her fahren - man kriegt einen Blick dafür. Dann habe ich einmal bei einem riesigen Holzstapel angehalten und so getan, als ob ich etwas darin verstecke", erinnert sich Schmitt an eine übermütige Aktion, die glücklicherweise ohne Folgen bleibt.
Inzwischen hat er seine Stasi-Akte eingesehen. Dort heißt es über den Fotografen mit dem Namen "Linse": "Schmitt ist der Prototyp eines Pressefotografen: bauernschlau und freundlich im Umgang." Es bestehe der begründete Verdacht, steht dort weiter, dass er geheim zu haltende Tatsachen aus dem Bereich der Landesverteidigung für ausländische Organisationen sammle.
Auf der Lauer nach dem perfekten Moment
Mit viel Kreativität versucht der junge Schmitt die Besonderheiten der Strecke auf seinen Fotos darzustellen. So führt die F5 dicht am Schloss Ludwigslust vorbei. Da die Transitreisenden nicht aussteigen dürfen, können sie lediglich im Vorbeifahren einen kurzen Blick auf das prunkvolle Gebäude erhaschen. Schmitt möchte die unmittelbare Nähe des Schlosses zur Straße einfangen. "Das Problem war zu zeigen, dass der Verkehr direkt am Schloss entlang fuhr. Und das ging mit so einem Lkw am besten. Ich habe da auf dem Bauch gelegen und gewartet. Und immer, wenn ein Lkw vorbei fuhr, habe ich versucht, im richtigen Moment auszulösen", erinnert sich Schmitt an die Entstehungsgeschichte dieses Bildes.
Kontakt zu DDR-Bürgern: "Das war eine Freude"
Der vielfach ausgezeichnete Fotograf lebt heute in Hamburg. Trotz der widrigen Umstände hat Harald Schmitt gute Erinnerungen an die F5: "Als ich die Strecke besser kennenlernte, mochte ich sie. Dass man Kontakt zu den DDR-Bürgern gekriegt hat, das war eine Freude. Wenn man sie heute fährt, ist die Romantik weg."