Beginn einer Weltkarriere: Die Beatles in Hamburg
Am 17. August 1960 wird gemeldet, dass der westafrikanische Staat Gabun nun von Frankreich unabhängig ist. Das Wetter in Mitteleuropa ist ein wenig zu kalt für diese Jahreszeit. Dass an diesem Tag eine Handvoll junger Musiker aus Liverpool in Hamburg ankommt, die sich "The Beatles" nennen, interessiert dagegen fast niemand. "Hamburg, das war einer unserer Anfänge", erinnerte sich Paul McCartney später. Die Beatles, damals noch zu fünft, spielen am Abend im Indra, einem Striplokal in der Großen Freiheit, am Hamburger Kiez. Sie werden ausgepfiffen. Hören und auch sehen will sie niemand.
"Als die Beatles damals das erste Mal hier waren, also, ein musikalisches Highlight war das nicht", sagt Rosi McGuinnity heute. Sie erinnert sich noch genau an die jungen Burschen aus Liverpool in den Lederklamotten und mit den Elvis-Haartollen. Die Pilzköpfe hatten sie erst später. Rosi stand hinterm Tresen, als die Beatles die ersten Abende spielten. Bald nicht mehr im Indra, sondern im Kaiserkeller, den es heute noch gibt.
Aus einem fensterlosen Raum ins Rampenlicht
Die Beatles wohnten in einem fensterlosen Raum hinter einem Kino, sie spielten jede Nacht acht Stunden. Sie lernten schnell von anderen, besseren britischen Musikern, die schon hier waren. "Aufgewachsen sind wir nicht in Liverpool, sondern in Hamburg", sagte John Lennon später. Der Druck war hart, erinnert sich Paul McCartney: "'Mach Schau, mach Schau', sagte der Geschäftsführer immer. Die Leute guckten in dem Laden nach den Bierpreisen. Unsere Aufgabe war es, eine Show abzuziehen, sodass sie reinkamen und blieben. Wir machten also Schau."
Von eigenen Liedern ist noch nichts zu merken. So spielten die Beatles Rock-'n'-Roll-Songs, moderne Tanzmusik und Pfadfinder-Lieder - alles, was ihnen einfiel. Die Nächte waren lang und der Konkurrenzkampf hart. Die Beatles sprangen und schrien, sangen abwechselnd und gemeinsam, damit ihre Stimmen durchhielten. Der Kunststudent Klaus Voormann hörte die rohe, energiegeladene Musik auf der Straße und ging hinunter. Und das, obwohl er Angst hatte, im Kaiserkeller eins auf die Nase zu kriegen: "Ich wäre ja fast nicht reingegangen in den Kaiserkeller. Ich konnte mich dann hinsetzen, habe ein Bier bestellt und kriegte das hingeknallt." Voormann erkannte die Qualität der Musik und schleppte immer mehr seiner Studienkollegen an. Das Publikum wandelte sich, mischte sich. Die Beatles wurden bekannt.
Bert Kaempfert zieht die falschen Schlüsse
Zurück in Liverpool galten sie als Band aus Hamburg und mischten die Szene auf mit ihrer neuerlernten Show. Aber immer wieder, bis Ende 1962, traten sie wochenlang in Hamburg auf: im Top Ten, dann später im Star Club.
Für einen gewissen Bert Kaempfert nahmen die Beatles zusammen mit Tony Sheridan in Hamburg einige Lieder auf. Die Aufnahmen fielen auch in Großbritannien auf. Kaempfert dagegen löste den Vertrag wieder, weil er für die Beatles keine Zukunft sah. Er sollte sich getäuscht haben.