Tollensetal zur Bronzezeit: Europas ältestes Schlachtfeld
Auf dem ältesten bekannten Schlachtfeld Europas bekämpften sich vor rund 3.300 Jahren bis zu 4.000 Menschen. Noch immer gibt die Schlacht im Tollensetal bei Neubrandenburg Forschern einige Rätsel auf.
Zertrümmerte Schädel, von Pfeilspitzen durchbohrte Knochen, Reste von Waffen: Diese und andere Funde zeugen von der ältesten bekannten Schlacht in Europa. Hunderte Menschen starben vor rund 3.300 Jahren auf einem bronzezeitlichen Schlachtfeld im Tollensetal nahe Neubrandenburg - Pfeile, Schwerter, Dolche, Lanzen und Holzkeulen brachten ihnen den Tod.
Im Jahr 1996 wurden an dem kleinen Fluss Tollense die ersten Knochen entdeckt, seit 2007 untersuchen Archäologen das ganze Gebiet systematisch. Seither stießen sie auf einer Länge von drei Kilometern auf rund 13.000 Fragmente im Boden und im Fluss. Neben Knochen und Waffen fanden sie auch Schmuck aus Gold - eine international bedeutsame Entdeckung. Nirgendwo sonst in Europa ist ein vergleichbar altes Schlachtfeld bekannt. Zu etwa der gleichen Zeit kämpfte Ägyptens Pharao Ramses gegen die Hethiter.
4.000 Kämpfer und Hunderte Tote
Nach damaligen Maßstäben muss es sich im Tollensetal um eine Auseinandersetzung riesigen Ausmaßes gehandelt haben. Bis zu 4.000 Menschen waren beteiligt - und das um 1.300 vor Christus, also zu einer Zeit, in der in der Region nur etwa drei bis fünf Menschen auf einem Quadratkilometer lebten. 750 bis 1.000 Menschen ließen in der Schlacht ihr Leben - meist junge Männer zwischen 20 und 40 Jahren.
Gefallene kamen aus unterschiedlichen Regionen
Unklar ist heute noch, wer genau hier gekämpft hat: Handelte es sich um Bauern oder um erfahrene Kämpfer? Forscher fanden Indizien dafür, dass eine Gruppe von Bogenschützen Pfeile auf die Gegner prasseln ließ. Möglicherweise war auch ein Teil der Männer beritten, denn auch Knochen von Pferden wurden gefunden. Gesichert ist die Erkenntnis, dass es sich bei den Gefallenen um Menschen unterschiedlicher regionaler Herkunft handelte. Das belegen die menschlichen Knochenfunde sowie Zahnanalysen.
Kampf um einen wichtigen Handelsweg?
Worüber der Konflikt entbrannte, ist ebenfalls ungeklärt. Forscher vermuten, dass möglicherweise eine Gruppe Menschen aus südlicheren Gebieten den Fluss auf ihrem Weg nach Norden queren wollte. An einer Stelle führte offenbar ein Damm über das morastige Gelände und eine Art Brücke über den Fluss. Archäologen konnten Reste einer derartigen Konstruktion nachweisen, die über 4.000 Jahre alt ist. Möglicherweise handelte es sich also um einen strategisch wichtigen Knotenpunkt - und damit bei der Schlacht um einen Konflikt, der sich um die dortige Vormachtstellung drehte.