Wohnhäuser der Franz-Seldte-Siedlung in Ahrensburg (Schleswig Holstein) - Aufnahme von 1935 © picture alliance / arkivi

Ahrensburg: Viel Altbau-Charme zwischen Neubauten

Stand: 18.01.2024 05:00 Uhr

Das Stadtrecht erhielt Ahrensburg am 18. Januar 1949. Im Stadtbild sind noch einige alte Villen vorhanden. Hinzu kamen viele moderne Gebäude. Die Serie "Schleswig-Holstein früher und heute" zeigt alte Fotos im Vergleich zu neuen Aufnahmen.

von Doreen Pelz

Ahrensburg liegt vor den Toren Hamburgs und ist besonders wegen seines Schlosses bekannt. Die Stadt im Südosten Schleswig-Holsteins befindet sich im Kreis Stormarn. Die Geschichte Ahrensburgs geht zurück bis ins 13. Jahrhundert, als die Grafen von Schauenburg das Dorf Woldenhorn und die Nachbardörfer Ahrensfelde, Meilsdorf und Beimoor gründeten. Einige von ihnen wurde urkundlich sogar schon früher erwähnt als Woldenhorn, das 1314 erstmals Erwähnung fand. Zum 7. Juni 1867 wurde das bisherige Gutsdorf Woldenhorn eine selbstständige preußische Landgemeinde und benannte sich durch Beschluss der Gemeindeversammlung in Ahrensburg um.

Am 18. Januar 1949 erhielt Ahrensburg das Stadtrecht. Damals hatte es etwas mehr als 17.000 Einwohner. Viele von ihnen waren ausgebombte Hamburger, Flüchtlinge und Vertriebene. Heute leben doppelt so viele - 34.000 Menschen (Stand: Dezember 2022) - dort. Die Infrastruktur der Stadt wurde immer weiter ausgebaut. Viele Betriebe siedelten sich dort an. Neue Firmengebäude und Wohnhäuser entstanden. Dennoch gibt es auch heute noch einige alte Villen und Häuser, die aus der Zeit der Jahrhundertwende oder aus den 1930er-Jahren stammen und die erhalten werden.

Familie saniert Altbau mit viel Geschiche

Mitte der 2000er-Jahre haben Annemarie und Stefan Lüning das Haus in der Hamburger Straße in Ahrensburg gekauft. Der Altbau stammt aus dem Jahr 1903. "Es war ein Haus, wo lange nichts dran gemacht worden war. Deshalb konnten wir es auch kaufen." Seitdem wurde viel renoviert, doch abgeschlossen seien die Arbeiten nie, sagt Annemarie Lüning. Das Haus hat eine Geschichte. Zu sehen ist das nicht nur am alten Holzboden und dem Stuckrahmen an der Decke. In jedem Raum hängt ein Bild mit den alten Tapeten, die beim Renovieren als unterste Schicht gefunden wurden. An der Außenfassade gibt es neben der Eingangstür ein altes Relief mit der Inschrift: "Das Glück des Hauses ist das Glück der Welt".

Wandverzierung an der alten Stadtvilla

Anfangs konnte sich die Familie nicht dafür begeistern. Jetzt, sagt Annemarie Lüning, gehöre es zum Haus und seiner Geschichte. "Das typische Neubaugebiet hätte nicht zu uns gepasst. Ich wollte schon immer im Altbau wohnen", erzählt sie. "Viele Leute bleiben auch vor dem Haus stehen, schauen auf das Relief und fragen sich, was das denn ist."

Ein ehemaliger Besitzer des Hauses hatte die abgebildete Frau mit dem Äskulapstab als Wandverzierung angefertigt. Seine Frau war Ärztin und hatte in dem Haus in der Hamburger Straße eine kleine Praxis.

Der Fasanenhof in Ahrensburg um 1943. © Stadtarchiv Ahrensburg Der Fasanenhof in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Der sogenannte Fasanenhof - erbaut um 1900 als Hotel und Gaststätte. In den 1980er-Jahren wird das Haus dann zu einer Klinik umgebaut und bis 2011 betrieben. 2015 reißt man den Fasanenhof bis auf eine Fassade ab. Im Stil der alten Villa entsteht ein neues Gebäude mit 29 Eigentumswohnungen (Stand 2019).

Um 1900: Bahnhof bringt Touristen aus Hamburg

Ein weiterer entscheidender Grund dieses Haus zu kaufen, war das Grundstück - "vor allem mit dem alten Baumbestand", schwärmt Annemarie Lüning. Die Häuser in der Hamburger Straße entstanden alle um die Jahrhundertwende. 40 Jahre zuvor hatte Ahrensburg einen Bahnhof bekommen, die Hamburger Straße war dann eine der ersten in Bahnhofsnähe. Durch die günstige Verkehrslage zog es viele Hamburger in den Kreis Stormarn.

Der Bahnhof in Ahrensburg um 1900. © Stadtarchiv Ahrensburg Der Bahnhof in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Im August 1865 wird der Bahnhof in Ahrensburg eröffnet. Er liegt damals außerhalb der Stadt und gehört zum Gut der Familie Schimmelmann. Die Einwohner des damaligen Ortes Woldenhorn beschließen zwei Jahre nach der Eröffnung, dass ihr Ort nun wie die Bahnstation Ahrensburg heißen soll. Mit dem Zug kommen um 1900 - vor allem am Wochenende - viele Touristen aus Hamburg. Die neue Aufnahme ist von 2019.

Häuser und Bäume stehen unter Denkmalschutz

Wohlhabende Hamburger hatten ihren Wohnsitz nach Ahrensburg verlegt, östlich des Bahnhofs entstand ein Villenviertel. Für die parkähnlichen Gärten bestand ein großer Bedarf an Pflanzen, sodass sich viele Landschaftsgärtner und Gärtnereien ansiedelten.

Das Haus in der Hagener Allee 80 in Ahrensburg um 1915. © Stadtarchiv Ahrensburg Das Haus in der Hagener Allee 80 in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Das Villenviertel zwischen Hagener Straße und Parkallee entsteht um die Jahrhundertwende. In der Hagener Allee stehen heute (Stand: 2019) nicht nur die Häuser wie Nummer 80, sondern auch die Bäume unter Denkmalschutz. 

Schrille Tapeten und alte Zeitungen

Im Laufe der Sanierungsarbeiten hat die Familie Lüning immer wieder Interessantes entdeckt. "Wir hatten ungefähr zehn schrille Tapetenarten im Haus. Im Flur war Dschungel", erzählt Annemarie Lüning lachend - und ihr Mann Stefan ergänzt: "Und wir haben auch bei der Renovierung zu jeden baulichen Maßnahmen eine Zeitung gefunden. Da hat man immer gesehen, wann die Arbeiten passiert sind. Oben im Flur hatte ich eine von 1976. Und ein Zwei-Mark-Stück habe ich auch gefunden."

Die Villa Rickmer in der Parkallee 2 in Ahrensburg um 1915. © Stadtarchiv Ahrensburg Die Villa Rickmer in der Parkallee 2 in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Auf den großzügigen Gartengrundstücken der großen Villen in der Parkallee in Ahrensburg ist viel gebaut worden. Eine direkte Sicht auf die denkmalgeschützten Häuser - wie von der Villa Rickmer 1915 - gibt es 2019 kaum noch. Sie wird durch hohe Zäune und Hecken oder sogar neue Einfamilienhäuser verdeckt.

Alte Häuser verschwinden aus Ahrensburg

Das Haus der Lünings wurde, wie viele Häuser der Hamburger Straße, als schützenswert eingestuft. Der Altbaubestand sollte so bleiben, wie er ist. Auch für die Hagener Allee auf der gegenüberliegenden Seite der Bahngleise gilt das. In anderen Straßen des Villenviertels verschwinden hingegen immer mehr alte Häuser. Die neuen Besitzer reißen sie ab und bauen größere Mehrfamilienhäuser auf die Grundstücke. Denn wie vor 100 Jahren boomt Ahrensburg - und der moderne, hochwertige Wohnraum ist knapp

Das ist eine Entwicklung, die auch Stefan Lüning bemerkt hat. "50er- und 60er-Jahre-Häuser verschwinden immer wieder. Oder hinter oder vor einer alten Villa wird noch ein neues Haus gebaut." Er selbst ist dafür, dass der alte Bestand erhalten bleibt.

Die Große Straße in Ahrensburg in den 1960er Jahren. © Stadtarchiv Ahrensburg Die Große Straße in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Wie sehr sich die Stadt in 100 Jahren verändert hat, lässt sich auch an der Großen Straße erkennen. Kaum eines der Häuser um 1900 steht heute (2019) noch. Auch die Häuser, die dort in den 1960er-Jahren standen, wurden durch moderne Bauten ersetzt.

Ahrensburg: Vom Land zum Stadtkern gewachsen

Die Stadt Ahrensburg ist nicht von einem Stadtkern nach außen gewachsen, sondern von außen zum Stadtkern hin. Der Hintergrund: Viele Flächen, die zur heutigen Stadt gehören, waren um 1900 noch im Besitz der Schlossherren - der Familie Schimmelmann. Erst nach und nach wurden zum Teil sehr große Grundstücke im Süden verkauft. Das heutige Villenviertel wurde gebaut. Im Westen entstanden kleinere Parzellen mit eigenem Nutzgarten. Nachdem die Familie in den 1920er-Jahren Ahrensburg verlassen hatte, waren alle Ländereien bis zum Schlossgarten an Privateigentümer verkauft. Die bauten Häuser auf Flächen, die von der Stadt eigentlich gar nicht als Baugrund vorgesehen waren. Im Herzen von Ahrensburg, direkt hinter dem Rathaus, blieb ein großes Stück Land frei: der Stormarnplatz. Auch heute ist das noch eine Freifläche mit Sportplätzen und einem kleinen Parkplatz. Erst im Juni engagierten Ahrensburger ein Protestgrillen auf dem Platz. Der Umbau zu einem großen Parkplatz soll verhindert werden.

Die Parkallee 50 in Ahrensburg um 1931. © Stadtarchiv Ahrensburg Die Parkallee 50 in Ahrensburg. © NDR Foto: Doreen Pelz

Auch wenn im Villenviertel viele neue Häuser entstehen - auch am Altbestand wird festgehalten. Die Villa in der Parkallee 50 sieht 2019 trotz eines Umbaus von außen fast noch so aus wie 1931.

Junge Familien halten alten Charme am Leben

"Es soll ja auch kein Freilichtmuseum werden. Aber die Grundstücke noch einmal vollzustopfen, um möglichst viele neue teure Eigentumswohnungen zu schaffen, das finde ich nicht gut", meint Annemarie Lüning. Auch in der Hamburger Straße sind neue Gebäude entstanden, die Familie Lüning nicht besonders schön findet. Sie freuen sich dagegen über eine junge Familie, die einige Häuser weiter in ein ähnliches Haus wie ihres gezogen ist. Sie könnten sich sehr gut in die Situation hineinfühlen, wie es ist, mit Kind ein solches Haus zu renovieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 23.08.2019 | 20:05 Uhr

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