Das Rätsel der explodierten Kröten
Sind wirklich Rabenvögel mit Gourmet-Attitüde für das Massaker im Volkspark verantwortlich? "Für eine Menge von mehreren Hundert toten Erdkröten müsste das schon eine große Gruppe von Vögeln gewesen sein", sagt Verhaltensforscherin Miriam Sima vom Max-Planck-Institut für Ornithologie im bayerischen Seewiesen. "Wenn eine Krähe die Kröten als Nahrungsquelle ausmacht, kann sie allerdings andere über Rufe heranholen." Auch sei es möglich, dass spezifisches Fressverhalten schnell imitiert werde. Jedoch bezweifelt die Krähenexpertin das gezielte Herauspicken der Amphibienlebern: "Die Krähen wären nicht so wählerisch, sondern würden dann schon alle Innereien fressen."
An der Krähentheorie lässt auch die Tatsache zweifeln, dass bisher keine Krötenmassaker ähnlichen Ausmaßes bekannt geworden sind. Amphibienexperte Mutschmann ist sich allerdings sicher, dass es sie gibt - in abgelegener Natur "mit weniger Publikumsverkehr". Nach seinen Informationen haben sich ähnliche Tierdramen in kleinerem Ausmaß etwa in Brandenburg abgespielt.
Verunreinigtes Pferde-Abwasser?
Augenzeuge Werner Smolnik, der das Regenrückhaltebecken von seinen Streifzügen gut kennt, glaubt nicht an die Rabenvögel als Übeltäter. "Ab und zu habe ich schon mal eine oder zwei Krähen in Teichnähe gesehen, aber nie eine größere Gruppe." Er ist davon überzeugt, dass ein Inhaltsstoff aus dem Wasser die Amphibien zum Explodieren gebracht hat.
Der 68-Jährige deutet auf den Zulauf am südlichen Ufer: "Dort fließt Wasser, das von der Trabrennbahn kommt, über Rohre in dieses Becken." Nach seiner Theorie könnte etwa ein noch unbekannter Pilz ausländischer Rennpferde damals über das Abwasser in den Teich gelangt sein und die Krötenleiber aufgebläht haben. "Doch das kann ich natürlich nicht mehr beweisen."
"Nicht befriedigend gelöst"
Ganz zufrieden war man offenbar auch auf Behördenseite nicht mit der Krähentheorie: "Obwohl vieles dafür spricht, ist das Rätsel des Krötensterbens bis heute nicht befriedigend gelöst", schrieb das Institut für Hygiene und Umwelt 2005 in einem Jahresbericht. Froh ist man allerdings sowohl beim Amt als auch bei den Naturschützern vom NABU über die Entwicklung im "Tümpel des Todes": Der Bestand an Erdkröten hat sich bis heute normalisiert.
- Teil 1: Fast 1.000 tote Kröten
- Teil 2: Zweifel an der Gourmet-Theorie