Volker Lechtenbrink: Das Multitalent mit der tiefen Stimme
Kaum jemand hat sich in so vielen Bereichen engagiert: Der Wahl-Hamburger Volker Lechtenbrink war nicht nur erfolgreicher Schauspieler, Synchronsprecher, Intendant und Regisseur, sondern auch Sänger und Liedtexter.
Seine Stimme ist sein Markenzeichen: tief, sonor, markant. Schon mit acht Jahren tritt Volker Lechtenbrink in die Öffentlichkeit, als er für den NDR Kinderfunk Sprechrollen übernimmt. Doch dabei bleibt es nicht. Er probiert viel aus und entdeckt neben der Schauspielerei auch die Musik für sich.
Durchbruch als Schauspieler im Alter von 15 Jahren
Volker Lechtenbrink wird am 18. August 1944 in Ostpreußen geboren und wächst zunächst in Bremen auf. 1951 zieht die Familie nach Hamburg, wo Lechtenbrink schon in jungen Jahren seine Begeisterung für das Sprechen entdeckt und im Schulfunk des Johanneums auftritt. Schnell kommt die Begeisterung für die Bühne dazu. Mit zehn Jahren steht Lechtenbrink im Weihnachtsmärchen des Deutschen Schauspielhauses auf der Bühne.
Fünf Jahre später folgt der große Durchbruch in Bernhard Wickis Antikriegsfilm "Die Brücke". Hier spielt Lechtenbrink den Schuljungen Klaus Hager und entscheidet sich schließlich, eine Ausbildung als Schauspieler zu beginnen. Von da an steht der Künstler zwischen München und Hamburg auf vielen deutschen Theaterbühnen, ist auch in Österreich und der Schweiz gefragt.
"Das ist alles Sucht"
"Wenn dann der Vorhang aufgeht und man weiß noch nicht wie es ankommt, wenn man die ersten Lacher hört oder ein betretenes Schweigen kommt, weil es traurig ist, und wenn der Vorhang zugeht und es ist still, weil die Leute noch ergriffen sind, oder sie jubeln - das ist alles Sucht", erklärte der Schauspieler im Gespräch mit dem NDR einmal seine Leidenschaft für die Bühne. Diese Leidenschaft zieht Lechtenbrink auch vor die Kamera. Er spielt in zahlreichen Filmen und Fernsehserien mit. "Derrick", "Der eiserne Gustav" und "Ein Fall für zwei" sind nur drei Beispiele.
Musiker und Werbegesicht für Ersatzkaffee
Neben der Schauspielerei entdeckt Volker Lechtenbrink auch seine Leidenschaft für die Musik. 1976 bringt er sein erstes Album "Der Macher" heraus. Und der Albumtitel ist Programm im Leben des Multitalents. Mehrere Tourneen und elf Alben folgen, ebenso wie die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. So textet Lechtenbrink auch Lieder für den Eurovision Song Contest und Sänger Peter Maffay.
In den 1980er-Jahren schreibt der Künstler ein Stück Werbegeschichte. Mit der Zeile "Caro, ich mag dich" macht Lechtenbrink Werbung für die Ersatzkaffee-Marke "Caro". Für den Spot schreibt er sein Lied "Ich mag" um, einen Ohrwurm, den viele bis heute mit dem Künstler verbinden. 1989 beendet Lechtenbrink seine Karriere als Sänger und konzentriert sich auf andere Projekte. Sein gesamtes musikalisches Werk erscheint im Jahr 2000 als "Der ganze Lechtenbrink" auf sieben CDs.
Lechtenbrinks große Liebe ist das Theater
Es ist aber nicht nur die Schauspielerei, die Lechtenbrink reizt. Er möchte auch hinter der Bühne an der Gestaltung der Geschichten mitarbeiten. In den 1970er-Jahren ist der Künstler deshalb auch verstärkt als Regisseur tätig. Er inszeniert unter anderem "Der Kinder Segen" in der Fabrik Hamburg und im Malersaal des Deutschen Schauspielhauses und "Charleys Tante" sowie "Armer Mörder" am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater. Dort übernimmt er 2004 für zwei Jahre die Intendanz, widmet sich dann aber lieber wieder kreativeren Projekten.
Ansprüche an das Glück "erfüllbar gehalten"
Einen Höhepunkt seiner Karriere erreicht der Wahl-Hamburger, als er von 1995 bis 1997 die Bad Hersfelder Festspiele leitet. Die Ränge sind regelmäßig ausverkauft, besonders erfolgreich ist Lechtenbrinks Inszenierung des Musicals "The Rocky Horror Picture Show". Auch in dieser Zeit wird der Künstler seinem eigenen Albumtitel "Der Macher" gerecht. Bei Shakespeares "Was ihr wollt" führt er nicht nur Regie, sondern spielt selbst auch noch die Rolle des Narren. Seine Leistung wird mit dem Großen Hersfeld-Preis belohnt, den er insgesamt gleich drei Mal erhält.
Doch auf den ganzen Erfolg kommt es Lechtenbrink nicht allein an. Im Gespräch mit Michel Abdollahi beim Käpt'ns Dinner verrät er 2021: "Ich habe meine Ansprüche an das Glück nicht irgendwo hingeschraubt, wo ich sagen würde, das hätte ich gerne noch. Ich habe sie so gehalten, dass sie alle erfüllbar sind."
Markenzeichen: Rauchiges Timbre
Neben all den Auftritten auf der Bühne und vor der Kamera erinnern sich viele vor allem an Volker Lechtenbrinks tiefe Stimme. Sie kommt nicht nur auf der Bühne und im Film gut an. Als Synchronsprecher wird er die deutsche Stimme von Kris Kristoffersen, Dennis Quaid und diversen anderen Schauspielern. 2007 erhält Lechtenbrink als Bester Interpret den Deutschen Hörbuchpreis für das Einsprechen der literarischen Vorlage zu "Die Brücke". So feiert er noch einmal einen großen Erfolg mit dem Film, der ihn einst bekannt gemacht hat. Bis 2021 vertont Lechtenbrink als Sprecher auch regelmäßig Dokumentationen.
Begraben auf dem Ohlsdorfer Friedhof
2015 heiratet Lechtenbrink zum fünften Mal, die anderen vier Ehen sind gescheitert. Aus seinen früheren Beziehungen hat er einen Sohn und zwei Töchter, eine mit seiner 24 Jahre jüngeren Schauspielkollegin Anja Topf.
Bis zu seinem Tod lebt Lechtenbrink in Hamburg. Er stirbt am 22. November 2021 im Alter von 77 Jahren nach einem längeren Krebsleiden und ist auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben. Schauspiel-Kollegin Eva Mattes erinnert sich in einem Interview mit dem NDR an die Bodenständigkeit des Künstlers: "Er hat sich nicht als jemand gezeigt, der sich als etwas Besonderes fühlt, sondern als jemand wie du und ich."