Rolf Seelmann-Eggebert: Auf Tuchfühlung mit den Adligen
Kein anderer Journalist ist den Königsfamilien so nahe gekommen wie Rolf Seelmann-Eggebert. Rund 40 Jahre lang hat er über Ereignisse in Europas Königshäusern berichtet. Am 5. Februar ist der ehemalige ARD-Adelsexperte 85 Jahre alt geworden.
Rolf Seelmann-Eggeberts journalistische Karriere begann 1968 inmitten der Hüttendörfer Westafrikas. Die Seelmann-Eggeberts zogen von Hamburg-Eppendorf an die Elfenbeinküste und begannen ein neues Familienleben. Der Vater reiste als Korrespondent viel durch Afrika. Die Kinder suchten derweil ihre ersten Ostereier unter Gummibäumen. "Es war das Kennenlernen einer ganz anderen Kultur", erinnert sich Seelmann-Eggebert. "Ich denke, dass insbesondere unsere Kinder einen ganz anderen Ausblick auf die Welt haben als jemand, der einfach in Eppendorf groß geworden ist."
Sieben Jahre lang entdeckte er für den NDR den Kontinent. Und er entdeckte die Macht der Fernsehbilder. Bald schon zog der Radio-Reporter nur noch mit der Kamera los, weil er den Menschen Bilder von der Armut in Afrika und von hungernden Kindern zeigen wollte. Und weil selbst ihm manchmal einfach die Worte fehlten. "Mit Wirkung von diesem Freitag ist es Afrikanern verboten, nach 19 Uhr in weißen Gebieten ein Restaurant zu betreten", sprach er Anfang der 70er im Apartheidsregime Rhodesien in die Kamera.
Kritischer und engagierter Journalist
"Wenn Afrika einen Stellenwert haben will im Programm, kommt es nur aus der Vogelperspektive mit wunderbaren Urwäldern und langen Giraffenhälsen und mit Ähnlichem vor. Aber um Gottes willen nichts über Afrika oder afrikanische Menschen", kritisierte der Journalist. Immer wieder redete er über das Thema - und immer wieder handelte er.
Rolf Seelmann-Eggebert blieb Afrika treu und engagierte sich für Kinder in Not - unter anderem als Unicef-Botschafter und bei der "World Childhood Foundation" gemeinsam mit Königin Silvia von Schweden. "Er ist nicht nur ein sehr kultivierter Herr, sondern einer, der auch mit dem Herzen spricht", so die Königin. Ein Mann mit Manieren, die er perfektionierte, wo es sich gehört: Ende der 70er-Jahre wurde er Korrespondent in der Welthauptstadt der gediegenen Zurückhaltung - in London.
Seelmann-Eggebert war alles andere als nur ein Schön-Wetter-Reporter: "Jugendkrawalle, Streiks, Arbeitslosigkeit, das Nordirland-Problem. Das ist das tägliche Brot eines Großbritannien-Korrespondenten."
Ein Mann mit Gefühl für Takt und Tonfall
Irgendwann hatte auch der Chefkorrespondent genug vom Reportieren und Moderieren und wanderte wieder ein: nach Hamburg. Beim NDR Fernsehen war er als Programmdirektor für alles was lief verantwortlich, auch für die Neujahrswünsche zum Jahr 1987, in denen Helmut Kohl allen ein friedvolles Jahr 1986 wünschte. Es war das Band vom Vorjahr - die legendäre Verwechslung der Neujahrsansprachen. Eine falsche Handbewegung in der Regie - und am Ende war es sein Fehler, fanden manche. "Ich habe bis auf den heutigen Tag vier Aktenordner voll mit Briefen, in denen steht: 'Sie gehören aufgehängt' und von Leuten, die meinten, das war der Teufel selber", erzählt Seelmann-Eggebert.
"Hofberichterstatter" aus Europas Königshäusern
Rolf Seelmann-Eggebert ist ein Mann mit Gefühl für Takt und Tonfall - besonders auf der großen Bühne der europäischen Adelshäuser. Ohne ihn würde uns diese Welt wohl kaum so viel Spaß machen. "Wenn irgendetwas in Königshäusern passiert, dann möchte ich Rolf dazu sehen. Und wenn ich Rolf nicht mehr sehen kann, dann schalte ich diese Geschichten einfach nicht mehr ein", sagte einmal der Fernsehjournalist Wolf von Lojewski. Und nicht nur den Kollegen gefällt der Stil, mit dem Rolf Seelmann-Eggebert kenntnisreich über royale Ereignisse berichtet: Für seinen Kommentar zur Hochzeit von William und Kate erhielt er im Jahr 2011 den Deutschen Fernsehpreis - neben der "Goldenen Kamera" und dem "Bambi" ein Preis unter vielen.
"Monarchien haben sich verfestigt"
Ihn selbst interessiert an den königlichen Familien vor allem, "dass es im Grunde ein mittelalterliches Überbleibsel ist, das sich hoch erfolgreich durchgesetzt hat." Schließlich haben die Völker, die heute noch Könige haben, Jahrhunderte damit zugebracht, eben diese Könige loszuwerden. Auch die Zukunftsfrage findet Seelmann-Eggebert immer wieder spannend. "Wie sehr muss die Krone mit der Zeit gehen? Wie weit darf sie vorausgehen? Darf sie überhaupt vorauseilen? Wie hält man das richtige Tempo? Das sind sehr spannende Fragen." In seiner Zeit als Korrespondent aus den Königshäusern habe er es nicht erlebt, dass ein Haus mal ernsthaft gefährdet gewesen wäre. "Im Gegenteil: Eigentlich hat sich die Monarchie überall verfestigt."
Fast auf Augenhöhe mit den Royals
"Ich hab mir das erst sehr angewöhnen müssen", sagte Seelmann-Eggebert über die Rituale, die zum Protokoll gehören, wenn man einer königlichen Hoheit gegenübertritt. Vor der britischen Königin mache man eine freundliche kurze Beuge mit dem Kopf. "Irgendwie habe ich den Kopf immer beinahe in den 90-Grad-Winkel gebracht. Und das ist eigentlich viel zu viel. Offenbar muss man älter werden, bevor man das richtig macht", erklärte er in einem Interview mit Schmunzeln. "Heutzutage kann ich die Damen und Herren beinahe auf Augenhöhe begrüßen, obwohl es mir am Anfang schwergefallen ist."