Komiker Fips Asmussen: Klamauk und Kult
Totaler Kult und haufenweise Schenkelklopfer für die einen, Humor aus der Mottenkiste und unter der Gürtellinie für die anderen: An Fips Asmussen schieden sich die Geister. Am 9. August 2020 starb er im Alter von 82 Jahren.
"Du, ich hab neulich bei dem DJ angerufen, den du mir empfohlen hast." - "Und was hat er gesagt?"- "Nichts, hat gleich wieder aufgelegt..." Witz von Fips Asmussen
Fips Asmussens Witze sind für manche so platt wie die Fischermütze, die er früher zu seinen Auftritten getragen hat. Andere wiederum feiern den "klassischen" Humor des gebürtigen Hamburgers. Er selbst sieht das Ganze sehr pragmatisch. In der MDR-Sendung Riverboat äußert er sich einmal so: "Ich sage immer: Lache und die Welt wird mit dir lachen. Schnarche und du schläfst allein."
An seiner Weste in Regenbogenfarben ist Asmussen schon von Weitem zu erkennen. "Die trage ich immer. Die riecht schon", berichtet er 2011 bei "Inas Nacht". Und er trägt stets eine Kette mit einem goldenen Anhänger. Die habe er vor vielen Jahren in Los Angeles bekommen, sagt er.
Witz-Stakkato mit vielen Zielscheiben
"Ich bin in letzter Zeit öfter gefragt worden: 'Fips, wie viele Kinder hast du eigentlich?' Ich sach: 'Du fragst 'nen Gartenschlauch ja auch nicht, wie viele Blumen er getroffen hat.'" Nicht jeder kann über Asmussens Witze lachen. Oft sind Politiker, Frauen, Schwule und Ausländer die Zielscheibe seiner im Stakkato abgefeuerten Gagsalven. Sehr häufig ist es zotig und unterhalb der Gürtellinie: "Ich hab gestern noch mit 39 im Bett gelegen. Das war ein Gedränge." Es gebe aber auch Situationen im Alltag, die er als "niedlich" bezeichnet. "Das ist dann kein Schweinkram."
Gar nicht nett ist er bei "Inas Nacht" 2011 zu Ina Müller: "Du hast schöne Zähne, gibt's die auch in Weiß?" Auch das Publikum bekommt was ab: "Das ist Ü90 - betreutes Schunkeln" und "Hier in der Ecke die Selbsthilfegruppe 'Niedriger Blutdruck'".
Vom literarischen Kabarett zur Witz-Kassette
Geboren wird Asmussen am 30. April 1938 in Hamburg - unter dem bürgerlichen Namen Rainer Pries. Nicht immer ist alles Jux und Dollerei in seiner Karriere gewesen. Gelernt hat er Schriftsetzer, dann geht er in die Werbung. Er arbeitet in verschiedenen Agenturen und macht zum Beispiel Reklame für Kaffee. Das Künstlerische ist aber auch früh ein Thema. Er lernt Gesang und Gitarre, bekommt erste Buchungen. Ende der 1960er-Jahre hat er in Hamburg-Hohenfelde seine eigene Kneipe. In der "Violetten Zwiebel" macht er mit Mikro hinterm Tresen "literarisches Kabarett", singt Chansons von Friedrich Hollaender und trägt Gedichte von Tucholsky und Kästner vor. "War 'ne schöne Zeit", resümiert er später. Auch wenn dieses Leben ihn geschlaucht hat - jede Nacht den Alleinunterhalter zu geben, oft bis 5 Uhr morgens. Vier Jahre später verlegt sich der Hamburger aufs Witze-Erzählen - live und auf Kassette.
Ackern für den Lacher
Asmussen versteht sich als Humor-Malocher. Einer, der für seinen Erfolg bei jedem Auftritt wieder hart arbeiten muss: Timing, Tempo, Interaktion mit dem Publikum. 2009 gibt er in der NDR Talk Show zu Protokoll: "Wenn ich heute auf die Bühne komm', da passiert schon was. Ich geh' ins Publikum, sag: 'Mädel, du siehst gut aus, erzähl' mal 'n bisschen von dir! Wie heißt du, wo wohnst du, was kostest du?'"
Routiniert spult der Hamburger - der sich nicht als Komiker bezeichnet, sondern als Humorist - auch in Interviews mit Journalisten sein Programm ab. Er braucht nur ein Stichwort, dann prasselt ein regelrechtes Feuerwerk an Witzen auf seine Gegenüber ein. Die Zeitung "Die Welt" schreibt bereits 2008 über Asmussen: "Selbst die Brechstange ist für den Komiker ein zu filigranes Instrument. Asmussen nimmt lieber das Flakgeschütz. Da ist die Streuung größer." Unter den Gags sind immer wieder viele Zoten - wie auf den Kassetten, die ihn in den 1970er-Jahren groß gemacht haben. Rund 7,5 Millionen Tonträger mit Titeln wie "Quasselfilou von der Wasserkante" oder "Ein Herrenabend mit Adalbert Bumsdörfer" hat er über die Jahre nach eigenen Angaben verkauft. Drei Produktionen erhalten 1978, 1979 und 1982 mit jeweils 250.000 verkauften Exemplaren die Goldene Schallplatte". 1988 bekommt "Witze am laufenden Band" für 500.000 verkaufte Tonträger sogar die Platin-Schallplatte. Diese Auszeichnung wird Asmussen als erstem Humoristen in Deutschland zuteil.
Auch im Alter noch gefragt
Jahrzehntelang ist er im Fernsehen oder auf den Bühnen der Republik zu sehen. "Der Zahn der Zeit nagt, ich merke das. Mein Herzschrittmacher hat einen Wackelkontakt. Jedes Mal, wenn ich huste, geht zu Hause das Garagentor auf." Trotz fortgeschrittenen Alters findet er noch sein Publikum. 2019 erklärt er in einem NDR Interview, früher habe man ihm gesagt: "Dir sterben die alten Leute weg, dann hast du kein Publikum mehr." Darauf habe er damals keine Antwort gehabt, sagt der Komiker. "Heute wunder' ich mich, dass so viele junge Leute kommen." Es könne sei, dass er kultig sei. Schauspieler Ingo Naujoks bezeichnet Asmussen 2011 als "den ersten Stand-up-Comedian, den ich kenne".
Kalkofe über Asmussen: "Geringeltes Zäpfchen mit Minipli"
Über die Jahre ist Fips Asmussen eines der "Lieblingsopfer" von Oliver Kalkofe, der sich in seiner bitter-satirischen TV-Kritik-Sendung Kalkofes Mattscheibe regelmäßig über das Erscheinungsbild sowie über den aus Kalkofes Sicht primitiven Humor von Asmussen lustig gemacht und ihn als "Fips Arschmuskel" oder "Furz Anussen" bezeichnet hat. Auch die Bezeichnung "geringeltes Zäpfchen mit Minipli" stammt aus Kalkofes Wortschatz. Asmussen revanchiert sich dafür, indem er eine Zeitlang bei seinen Liveauftritten Witze über Kalkofe erzählt. Und die Haare, die seien von Natur aus so, betont er in der Riverboat-Sendung.
Deftige Worte über Mario Barth
Auf die Frage von Ina Müller, über wen in Deutschland er lachen könne, muss er zunächst ein wenig nachdenken. Mario Barth gehört aber ganz offenbar nicht zu seinen Lieblingen: "Es ist besser, 600 Leute im Theater zu unterhalten und zum Lachen zu bringen, als eine Arena mit Scheiße zu füllen." Damit spielt Asmussen darauf an, dass Barth 2008 vor 70.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion aufgetreten ist. 2014 verbessert dieser den Rekord: fast 120.000 Menschen an zwei Tagen in derselben Arena. Interessanterweise hat Barth hingegen Asmussen als sein Vorbild bezeichnet.
Asmussen rezitiert Tucholsky
Zumindest nach außen hin scheint es so, als wolle Asmussen nicht wirklich mit Ernsthaftigkeit in Verbindung gebracht werden. Immer wieder antwortet er mit zum Teil antiquierten Witzen, die zusammenhanglos daherkommen. Doch manchmal kann er auch anders und gibt sich nachdenklich. In der WDR5-Sendung Erlebte Geschichten berichtet er ausführlich über seinen Werdegang und sein Leben. Dann wird klar, dass dieser Mann deutlich mehr auf dem Kasten hat, als es bei seinen platten Witzen den Anschein hat. In der NDR Talkshow beweist Asmussen zum Beispiel, dass er das Rezitieren von Tucholsky nicht verlernt hat.
Aber, wie das so ist hienieden:
immer scheint's so, als sei es beschieden
nur peu à peu, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.
Etwas ist immer.
Tröste dich.
Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten.
Aus dem Gedicht "Das Ideal" von Kurt Tucholsky
Asmussen ist Vater einer Tochter. Seine erste Frau Heidi erliegt 1997 einem Krebsleiden. Von Ende der 1990er-Jahre an lebt Fips Asmussen mit seiner zweiten Frau Barbara in Querfurt (Sachsen-Anhalt). Dort stirbt er am 9. August 2020 im Alter von 82 Jahren ebenfalls an Krebs.