Georg Philipp Telemann, der barocke Multitasker
Georg Philipp Telemann komponierte Tausende von Musikstücken. Als einer der wenigen Künstler seiner Zeit war er nicht nur angesehen, sondern konnte von seinem Schaffen auch gut leben.
Dabei sah es zunächst nicht so aus, als würde aus dem kleinen Georg Philipp, der am 14. März 1681 in Magdeburg zur Welt kam, einmal einer der berühmtesten deutschen Barock-Komponisten werden, denn Musik war keine Passion in seiner Familie. Nach dem Tod des Vaters war die Familie zudem auf Gönner angewiesen - und deren Ausbildungswünschen hatten sich Georg Philipp und seine Geschwister unterzuordnen.
Georg Philipp Telemann - ein musikalischer Autodidakt
Zwar war das Interesse an der Musik bei dem Jungen groß. Eine regelmäßige musikalische Unterweisung erhielt der junge Telemann jedoch nicht, und so eignete er sich das Musikhandwerk - darunter das Spielen mehrerer Instrumente - weitgehend autodidaktisch an. 1701 begann Telemann in Leipzig ein Jurastudium. Von einem Abschluss ist nichts bekannt, dafür entwickelte der Student zahlreiche musikalische Aktivitäten und knüpfte Kontakte zu Musikern seiner Zeit - darunter Georg Friedrich Händel. Ihre Freundschaft sollte ein Leben lang andauern.
Anstellungen in Leipzig, Sorau und Eisenach
Das Komponieren fiel dem jungen Musiker außerordentlich leicht, und so belieferte er nicht nur die Leipziger Kirchen mit Kantaten. 1704 stieg er zum Musikdirektor der Universitätskirche auf. Zuvor hatte er bereits ein eigenes Ensemble gegründet, dem zeitweise wohl bis zu 40 Musiker angehörten. Das Ensemble spielte auch in dem damals jungen Leipziger Opernhaus, das ab 1702 von Telemann geleitet wurde.
Es folgten ab 1705 kurze höfische Anstellungen in Sorau und Eisenach. Dort lernte er die französische und polnische Musik kennen, die seine späteren Instrumentalwerke beeinflussten. 1709 heiratete er Amalia Louise Juliana Eberlin, die jedoch nur wenig später bei der Geburt der ersten Tochter starb.
Musikdirektor in Frankfurt
1712 ging Telemann nach Frankfurt am Main. Dort erhielt er die Stelle des städtischen Musikdirektors. Neben dem kirchlichen Musikleben, das fest in seiner Hand lag, komponierte er für städtische Anlässe, organisierte das bürgerliche Musikleben, das fernab von Höfen und Kirchen immer mehr an Bedeutung gewann, und wagte sich auf eigenes Risiko an das Verlegen von Musikwerken.
Er heiratete 1714 erneut. Aus der Ehe mit Maria Catharina Textor gingen neun Kinder hervor. Die Verbindung verlief allerdings nicht glücklich. Das Paar trennte sich um 1735.
Telemanns Hamburger Jahre
Einflussreiche Hamburger Fürsprecher holten Telemann 1721 nach Hamburg. Er war zu dieser Zeit 40 Jahre alt und ein deutschlandweit geschätzter, umworbener und wohlhabender Musiker. Die Hansestadt besaß eine blühende Musikkultur, ein ausgeprägtes Konzertleben sowie ein Opernhaus. Auch die Möglichkeiten für Nebeneinkünfte erschienen erfolgversprechend.
Als oberster Musikdirektor war er für die Musik in den fünf Hauptkirchen der Hansestadt zuständig, außerdem für den Musikunterricht an der Lateinschule Johanneum sowie für die Musik bei feierlichen Anlässen wie Kirchweihen und das jährliche Kapitänsfest. Ein Jahr nach seiner Ankunft übernahm Telemann zudem die Leitung des Opernhauses, für das er regelmäßig selbst Opern beisteuerte.
Telemann prägt das Musikleben der Hansestadt
Unter Telemanns Einfluss erblühte das öffentliche, von kirchlichen und höfischen Einrichtungen unabhängige Konzertwesen. Regelmäßig fanden Konzerte statt, sodass 1761 der erste Konzertsaal am Valentinskamp entstand. Seine Schüler, denen er im Johanneum kirchliche Musik nahebrachte, stürmten - trotz der hohen Eintrittspreise - in die modernen Aufführungen. In den Konzerten kamen neben geistlichen Werken auch Arien zur Aufführung, deren ironische und anzügliche Texte bei älteren Hamburgern Proteste hervorriefen.
Auch seine verlegerischen Tätigkeiten setzte Telemann in Hamburg fort. So brachte er die erste deutsche Musikzeitschrift heraus, der "Getreue Musicmeister". Zur literarisch-intellektuellen Elite Hamburgs pflegte er enge Verbindungen und schrieb auch selbst Texte für seine Vokalwerke.
Vom Komponieren zum Blumenzüchten
Ernsthafte Versuche, Hamburg wieder zu verlassen, machte Telemann nicht. Wankelmütig wurde er nur, als ihm 1722, kurz nach seiner Ankunft, die Stelle als Thomaskantor in Leipzig angetragen wurde. Doch er lehnte schließlich ab. Ein einziges Mal, kurz nach der Trennung von seiner zweiten Frau, verließ Telemann die Stadt für mehrere Monate und begab sich auf eine Reise ins Ausland, unter anderem nach Paris. Auch dort wurde der Musiker gefeiert.
Im Alter von über 80 Jahren wurde es ruhiger um den rastlosen Künstler. Er befasste sich mit Musiktheorie und kaufte sich einen Garten am Stadtrand von Hamburg, in dem er Blumen züchtete. Auch Georg Friedrich Händel soll dem Freund Pflanzen geschickt haben. Am 25. Juni 1767, im Alter von 86 Jahren, starb Telemann an einer Lungenentzündung. Heute erinnert eine Grabplatte links neben dem Eingang zum Rathaus in Hamburg an den großen Musiker.
Vergessen und wiederentdeckt
Während sein Patensohn, Carl Philipp Emanuel Bach, sein Nachfolger als Hamburger Musikdirektor wurde, trat keiner der Söhne in Telemanns Fußstapfen. Erst Enkel Georg Michael Telemann führte die musikalische Tradition der Familie fort. Er wurde Musikdirektor in Riga. Mit mehreren Tausend verzeichneten geistlichen, weltlichen und Instrumentalwerken verschiedenster Musikgattungen, gilt Georg Philipp Telemann als einer der produktivsten Komponisten der Musikgeschichte. Dennoch geriet er nach seinem Tod für fast zwei Jahrhunderte in Vergessenheit. Eine systematische Aufarbeitung seines Schaffens fand erst ab den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts statt.