ein undatiertes Foto von U 96 © Deutsches U-Boot-Museum Cuxhaven

Vor 85 Jahren: "Das Boot" U 96 wird auf Kiel gelegt

Stand: 16.09.2024 15:25 Uhr

U 96 dürfte zu den bekanntesten U-Booten der deutschen Geschichte zählen. Ein Roman, dessen Verfilmung und eine Melodie führten zu der großen Popularität. Am 16. September 1939 wurde es auf Kiel gelegt.

von Jochen Lambernd

Am 30. Mai 1938 wird der Bauauftrag für das U-Boot vom Typ VII C erteilt. Gebaut wird es auf der Germaniawerft in Kiel. Von diesem Bootstyp werden damals die meisten Exemplare hergestellt. Weit über 500 Einheiten sind es bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Am 16. September 1939 wird U 96 auf Kiel gelegt, der Stapellauf erfolgt am 1. August 1940. Am 14. September desselben Jahres wird es in Dienst gestellt.

Besonderheit: Ein Sägefisch als Maskottchen

Das Original-Modell des legendären deutschen U-Boots U 96, das für Trickaufnahmen zum Film "Das Boot" verwendet wurde, ist am 15. November 2007 im Haus der Geschichte in Bonn ausgestellt. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: Hermann J. Knippertz
Das Original-Modell von U 96, das für Trickaufnahmen verwendet wurde, weist auch den lachenden Sägefisch am Turm auf.

Den Turm des U-Boots ziert nach Informationen des Deutschen U-Boot-Museums in Cuxhaven von der dritten bis zur fünften Unternehmung ein lachender Sägefisch. Das Emblem ist zuvor regelmäßig in der Zeitschrift "Erika - Die frohe Zeitung für Front und Heimat" erschienen. Der Zeichner des Sägefischs ist Hans Kossatz. Die Besatzung hat sich den Sägefisch als Maskottchen gewünscht, Kossatz persönlich bemalt daraufhin den Turm des U-Boots.

Einsätze starten Ende 1940

Den ersten Einsatz fährt das U-Boot unter der Leitung von Kapitänleutnant Heinrich Lehmann-Willenbrock von Kiel aus vom 4. bis zum 29. Dezember 1940. In dieser Zeit versenkt oder beschädigt es mehrere Dampfer und Motorschiffe verschiedener Nationen, die zum Beispiel Getreide, Metalle und Phosphat geladen haben.

Bombenangriff verursacht 1941 große Schäden

Eine Besucherin geht am 4. Mai 2011 an dem Plakat zur Ausstellung "Das Boot" von Lothar-Günther Buchheim im Marinemuseum in Wilhelmshaven vorbei. © picture alliance / dpa Foto: Carmen Jaspersen
2011 ist im Marinemuseum Wilhelmshaven eine Ausstellung zu Lothar-Günther Buchheims U-Boot-Fotos zu sehen.

Auf der siebten Unternehmung, die am 27. Oktober 1941 vom französischen Saint-Naizaire aus startet, ist der Marinekriegsberichterstatter Lothar-Günther Buchheim mit an Bord. Dieser wird später seine Erlebnisse und Erfahrungen in dem Roman "Das Boot" niederschreiben. Er kann davon berichten, wie U 96 am Abend des 30. November 1941 an der Straße von Gibraltar von einem Flugzeug angegriffen wird. Zwei Bomben detonieren in unmittelbarer Nähe des Boots, das noch nicht ganz abgetaucht ist. Zunächst springen Sicherungen heraus, die elektrischen Anlagen fallen aus, Gläser von Manometern zerbrechen und viele Gegenstände fliegen umher, wie das Deutsche U-Boot-Museum in einem Beitrag über U 96 schreibt. Außerdem kommt es zu Wassereinbrüchen, von denen nur einige umgehend abgedichtet werden können.

Im Dieselraum jedoch wird neben einem starken Wasser- auch ein Öleinbruch festgestellt. Beschädigungen an den Leitungen der Tauchtanks erschweren die Auf- und Abtauch-Manöver. Öl tritt auch nach außen aus, sodass das Boot eine unfreiwillige Spur legt. U 96 taucht wieder ab, um einer Gefährdung durch Feindflugzeuge zu entgehen. Nachdem das U-Boot eine geringere Wassertiefe auf dem Meeresgrund erreicht hat, ist es möglich, mehr Wasser aus dem Inneren zu schaffen als zuvor eingedrungen ist. Am frühen Morgen des 1. Dezember 1941 gelingt es der Besatzung, das U-Boot vom Grund zu lösen. Dank der Dunkelheit entkommt U 96 in die offene See und macht sich auf den Weg zurück nach Saint-Nazaire.

27 Schiffe versenkt

Kapitänleutnant Heinrich Lehmann-Willenbrock, Kommandant des U-Boots "U 96" (Aufnahme ca. 1935) © picture alliance / arkivi
Kapitänleutnant Heinrich Lehmann-Willenbrock wird 1941 für "Versenkungserfolge" ausgezeichnet.

Kommandant Lehmann-Willenbrock erhält am 31. Dezember 1941 für seine bisherigen "Versenkungserfolge" das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Vom 24. August bis zum 5. Oktober 1942 versenkt U 96 auf seiner zehnten Unternehmung unter seinem neuen Kommandanten Hans-Jürgen Hellriegel vier Schiffe und beschädigt ein weiteres. Der elfte und letzte Einsatz Ende 1942, Anfang 1943 bleibt ohne Versenkungen und beschädigte Schiffe.

U 96 versenkt laut U-Boot-Museum Cuxhaven insgesamt 27 Schiffe und beschädigt fünf weitere Zum Vergleich: U 48, ebenfalls in Kiel gebaut, kommt zwischen 1939 und 1941 auf insgesamt 52 Versenkungen, die höchste Ziffer im Zweiten Weltkrieg. Das bereits 1914 gebaute U-Boot U 35 weist im Ersten Weltkrieg 226 versenkte Schiffe auf, bis heute der höchste Wert weltweit.

Technische Daten von U 96

Später als Ausbildungs- und Schulboot im Einsatz

Ein Besatzungsmitglied von U 96 steigt aus dem Kombüsenluk an Oberdeck. © Deutsches U-Boot-Museum Cuxhaven
1943 wird U 96 zu einem Ausbildungsboot.

Anfang 1943 endet die aktive Dienstzeit von U 96 als sogenanntes Frontboot. Vom 1. April 1943 bis zum 30. Juni 1944 ist es als Ausbildungsboot bei der 24. U-Flottille in Memel im Einsatz. Ab dem 1. Juli 1944 dient es als Schulboot für die 22. U-Flottille in Gotenhafen beziehungsweise Wilhelmshaven.

Am 15. Februar 1945 wird U 96 in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt. Wenige Wochen später, am 30. März, fliegt die US Air Force einen Angriff. Das U-Boot wird dabei zerstört, Menschen kommen nicht zu Schaden. Nach dem Krieg werden die Reste von U 96 verschrottet.

Buch als Vorlage - Film ist längst ein Klassiker

Die Schauspieler Klaus Wennemann, Jürgen Prochnow und Herbert Grönemeyer (v.l.n.r.) in einer Szene aus "Das Boot", 1981). © picture alliance/dpa/United Archives/Impress
Die Schauspieler Klaus Wennemann, Jürgen Prochnow und Herbert Grönemeyer (v.l.n.r.) in einer Szene aus "Das Boot".

U 96 taucht Jahre später wieder im Kino auf: Regisseur Wolfgang Petersen dreht 1981 den Film "Das Boot", der längst als ein Klassiker unter Cineasten und als Anti-Kriegsfilm gilt. Er basiert auf dem gleichnamigen Roman von Lothar-Günther Buchheim aus dem Jahr 1973, der nach seiner Tour an Bord von U 96 noch zwei U 309-Fahrten mitgemacht hat. Buchheim hat etliche Fotos aufgenommen, die heute im Buchheim Museum in Bernried (Bayern) verwahrt werden. Auf Basis der Fotos wird eine schwimmfähige 1:1-Attrappe gebaut, um Szenen für den Film nachstellen zu können.

Es sind drei verschiedene Versionen des Films entstanden: die Kinoversion 1981, eine TV-Fassung als Mehrteiler aus dem Jahr 1985 und der Director's Cut von 1997. Die Besetzung kann sich sehen lassen: Jürgen Prochnow, Klaus Wennemann, Herbert Grönemeyer, Martin Semmelrogge, Uwe Ochsenknecht, Jan Fedder, Otto Sander, Heinz Hoenig, Günter Lamprecht, Sky du Mont und Claude-Oliver Rudolph sind nur einige der Schauspieler, von denen so mancher erst durch den Film so richtig bekannt geworden ist.

Regisseur Wolfgang Petersen an einer Kamera (1997) © picture alliance/United Archives
AUDIO: Wolfgang Petersen: Ein deutscher Regiestar in Hollywood (15 Min)

Erster großer Techno-Hit

Den Soundtrack zum Film von 1981 liefert der Komponist Klaus Doldinger. Damals wird die Titelmelodie "Das Boot" als Single ausgekoppelt. In dem reinen Instrumentalstück treibt ein Synthesizer die Musik langsam vor sich her, wie Malte Hemmerich 2022 im SWR-Podcast Score Snacks beschreibt. U-Boot-Sonargeräusche kommen zu einem stampfenden Beat hinzu. Das Stück wirkt kühl und schafft es, eine Enge zu vermitteln, wie sie in einem U-Boot herrscht. Die Single ist neun Wochen in den Charts in Deutschland vertreten und erreicht dabei Platz 62.

Alex Christensen, deutscher Komponist, DJ und Musikproduzent, in München 1992 © picture alliance / United Archives Foto: Fryderyk Gabowicz
Produzent Christensen hat mit der Techno-Version von "Das Boot" Erfolg.

Aus dem Jahr 1991 stammt die Techno-Version "Das Boot" von U 96 - hinter dem gleichnamigen Musikprojekt verbergen sich der Hamburger Produzent Alex Christensen und das Produzententeam Matiz (Ingo Hauss, Hayo Lewerentz und Helmut Hoinkis). Sie greifen das Doldinger-Stück auf und sind mit diesem Titel sehr erfolgreich: Von Januar bis April 1992 steht der Song, der noch schneller als das Original und damit noch technischer ist, 13 Wochen lang auf Platz 1 der deutschen Charts. Die Single, wird in der Musikbranche als kommerzieller Durchbruch für die Techno-Szene angesehen, die bis dahin eher ein Nischendasein gefristet hat. Das Thema wird mit der Techno-Version von U 96 Teil der Popkultur.

Keine Kriegsverherrlichung - nur Fakten

Vier Besatzungsmitglieder von U 96 im Hecktorpedo- und E-Maschinenraum. Da dieser Raum warm, trocken und sauber war, wurde  er gerne zum Trocknen des Regenzeugs und anderer Bekleidung genutzt, wie an den Relingen vor den Hauptschalttafeln zu erkennen ist. © Deutsches U-Boot-Museum Cuxhaven
Vier Besatzungsmitglieder von U 96 halten sich im Hecktorpedo- und E-Maschinenraum auf.

Wenn ein U-Boot wie U 96 Gegenstand der Berichterstattung ist, wird oft Kritik geäußert. Von Kriegsverherrlichung ist dann die Rede. Solche Vorwürfe kennt auch das Deutsche U-Boot-Museum in Cuxhaven. Es stellt klar, dass es "seinen Ruf u.a. dadurch [hat], dass von hier nur nachweisbare Fakten hinausgehen - keine durch irgendwelche Einflüsse gefärbten Ansichten oder Vermutungen". U-Boot-Experte Kai Steenbuck sagt dem NDR 2024, er versuche, "interessierten Personen einen Zugang zu unserem Archiv zu verschaffen, ihnen auf der Suche nach Materialien behilflich zu sein und diese historisch einzuordnen, damit sie sich fundiert ihre eigene Meinung und Einschätzung bilden können."

Die älteren, inzwischen verstorbenen Mitglieder des Freundeskreises des Museums haben den Angaben zufolge diese durch ihre Erfahrung entstandene Ansicht vertreten:

"Wer Krieg erleben musste, kann ihn nicht verherrlichen. Wir wissen, wie grauenhaft und unsinnig jeder Krieg ist. Durch Weitergabe dieser Erfahrung kämpfen wir für Frieden." Deutsches U-Boot-Museum

Der Einsatz von U 96 hat dazu geführt, dass durch die Versenkungen insgesamt 1.274 Menschen ums Leben kamen.

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