Stand: 22.07.2005 16:06 Uhr

Rettung aus der eiskalten Ostsee

Baby auf einem Trümmerfeld, 1945. © picture-alliance / akg-images Foto: Ursula Litzmann
An Bord der "Wilhelm Gustloff" waren auch viele Mütter mit kleinen Kindern. (Themenbild)

Am 30. Januar 1945 legt die "Wilhelm Gustloff" von Gotenhafen in Richtung Kiel ab. An Bord des völlig überfüllten Schiffes befinden sich vermutlich mehr als 10.000 Menschen. Etwa 8.800 davon sind Flüchtlinge, die vor der vorrückenden Roten Armee fliehen, darunter auch viele Mütter mit Neugeborenen sowie hochschwangere Frauen, denn das Schiff verfügt über eine Entbindungsstation. Eine von ihnen ist Ingeborg Piepmeyer, die tags zuvor einen Jungen zur Welt gebracht hat. Sie erinnert sich an die dramatischen Ereignisse:

"Auf der 'Löwe' wurde noch ein Kind geboren"

"Als gegen neun Uhr abends das Schiff torpediert wurde, flog ich gegen die Decke. Ich lag auf einem Etagenbett. Nachdem das Licht ausgegangen war, wurden wir erst einmal von Leuten, die auf den Gängen herumliefen, beruhigt. Wir sollten liegen bleiben, es würde uns nichts passieren. Ich habe meinen Sohn aus dem Kinderwagen genommen, ihn in ein Kopfkissen gepackt und ihm ein grünes Mützchen und Jäckchen angezogen. Dann bin ich mit dem Jungen bis zum Hauptaufgang gekrochen.

Es waren unwahrscheinlich viele Menschen, die von unten heraufkamen. Man trat da schon auf Menschen drauf. Durch die Massen bin ich dann regelrecht nach oben geschoben worden. Dort hat man mir den Jungen abgenommen und gesagt, ich solle auf einer Strickleiter herunterklettern, da das Rettungsboot schon nicht mehr da sei. Das habe ich dann auch getan. Nachdem ich rund zwei Stunden auf dem Wasser war, kam das Torpedoboot 'Löwe' und wir wurden einzeln aus dem Wasser gezogen. Auf der 'Löwe' wurde noch ein Kind geboren. Und ich fragte denn, ob mein Sohn auch hier sei, er hätte ein grünes Jäckchen und Mützchen an. Und tatsächlich war er da."

Weitere Informationen
Heinz Schön steht auf dem Nachbau der Brücke der 'MS Wilhelm Gustloff'. © picture-alliance/ dpa Foto: Oliver Berg

"Wilhelm Gustloff": Zeitzeugen erinnern sich

1.200 Passagiere konnten beim Untergang der "Wilhelm Gustloff" 1945 gerettet werden. Einige haben dem NDR ihre Geschichte erzählt. mehr

Die "Wilhelm Gustloff" um 1938 in einem Hafen. © picture-alliance / akg-images Foto: akg-images

Die tragische Versenkung der "Wilhelm Gustloff"

Am 30. Januar 1945 treffen russische Torpedos das Schiff. Es ist das Todesurteil für Tausende Flüchtlinge an Bord. mehr

Das Passagierschiff "Wilhelm Gustloff" nach dem Stapellauf in Mai 1937. © picture alliance

Die "Wilhelm Gustloff": Das "Traumschiff" der Nazis

1937 taufen die Nazis das Kreuzfahrtschiff für die Massen. Mit Tausenden Flüchtlingen an Bord wird es 1945 versenkt. mehr

Das Kreuzfahrtschiff "Wilhelm Gustloff" auf dem Meer. © picture-alliance / dpa Foto: dpa

Wer war der Namensgeber der "Wilhelm Gustloff"?

Adolf Hitler das Kreuzfahrtschiff zu Propagandazwecken nach dem Schweizer Landesgruppenleiter der NSDAP benennen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | ZeitZeichen | 30.01.2010 | 19:20 Uhr

Mehr Geschichte

Schriftsteller Thomas Mann auf einer undatierten Aufnahme © picture-alliance / dpa Foto: Bifab

Thomas Mann: 100 Jahre "Der Zauberberg"

Für die "Buddenbrooks" erhielt Thomas Mann den Literaturnobelpreis. Sein Werk "Der Zauberberg" wird jetzt 100 Jahre alt. mehr

Norddeutsche Geschichte

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?