Wer war der Namensgeber der "Wilhelm Gustloff"?
Zu Propagandazwecken ließ Adolf Hitler das Kreuzfahrtschiff "Wilhelm Gustloff" 1937 nach dem Schweizer Landesgruppenleiter der NSDAP benennen. Wer war der Mann?
Am 30. Januar 1895 in Schwerin geboren, wächst Wilhelm Gustloff in typischen kleinbürgerlichen Verhältnissen auf: Zuhause wird völkisch-national gedacht. Im Ersten Weltkrieg muss Gustloff aufgrund eines chronischen Lungenleidens nicht an die Front. Nach der Mittleren Reife macht er in Schwerin eine Ausbildung zum Bankkaufmann und geht 1917 in die Schweiz.
Wilhelm Gustloff wird zum überzeugten Nationalsozialisten
Dort entwickelt er sich zu einem überzeugten Nazi. 1929 tritt er der NSDAP bei und baut die Schweizer Auslandsabteilung der Partei auf. Unter deutschen Kurgästen agitiert er für den Nationalsozialismus und fällt bald nicht nur den Schweizer Behörden, sondern auch dem jüdischen Medizinstudenten David Frankfurter auf.
Stilisierung zum "Blutzeugen"
David Frankfurter will ein Zeichen des Widerstandes der Juden gegen die Nazis setzen - und erschießt den Schweizer Landesgruppenleiter der NSDAP am 4. Februar 1936 in dessen Wohnung in Davos. Fortan wird Gustloff zum Märtyrer, zum sogenannten Blutzeugen der nationalsozialistischen Bewegung stilisiert, zum Helden, der einem jüdischen Meuchelmörder zum Opfer fiel.
Hitler benutzt den Mord an Gustloff, der inzwischen zu seinem Freund geworden war, für Propagandazwecke. Am 12. Februar 1936 wird der Verstorbene in seiner Geburtsstadt Schwerin beigesetzt. 35.000 Menschen sind auf den Beinen, um für das perfekt inszenierte Trauer-Spektakel quer durch die Stadt Spalier zu stehen. Mit dabei sind auch Kamerateams der Wochenschau. In dem Bericht heißt es: "Der Schweizer Landesgruppenleiter der NSDAP, Wilhelm Gustloff, fiel einem ruchlosen Mordanschlag zum Opfer. Unter Anteilnahme des ganzen deutschen Volkes wurden die sterblichen Überreste nach Schwerin, der Heimat des Toten, überführt."
Taufe der "Wilhelm Gustloff" als Höhepunkt der Heldenverehrung
Es entsteht ein regelrechter Totenkult um Wilhelm Gustloff: In ganz Deutschland werden Straßen und Plätze nach ihm benannt. Höhepunkt der Propanda und Heldenverehrung ist die Taufe eines Luxus-Schiffes am 5. Mai 1937 in Hamburg. Gustloffs Witwe Hedwig, bis 1923 Hitlers Sekretärin, tauft das Urlaubsschiff, das eigentlich den Namen Adolf Hitler tragen sollte, auf "Wilhelm Gustloff". Der Dampfer ist der Stolz der nationalsozialistischen Kraft-durch-Freude-Flotte. Mit ihm fahren bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges begeisterte Urlauber über die Weltmeere. Genau 50 Jahre nach der Geburt des Namensgebers, am 30. Januar 1945, wird das Kreuzfahrtschiff vor der Pommerschen Küste versenkt. Mehr als 9.000 Menschen - größtenteils Flüchtlinge - kommen dabei ums Leben.