Der Bug der MS "Brandenburg".

Tod im Ärmelkanal: Der Untergang der MS "Brandenburg"

Stand: 12.01.2021 22:00 Uhr

Innerhalb weniger Minuten geht am 12. Januar 1971 der Hamburger Stückgutfrachter MS "Brandenburg" im Ärmelkanal unter. Das Schiff war mit einem Wrack kollidiert. 20 Männer und Frauen der Besatzung sterben.

von Kerstin von Stürmer und Jan Wulf

Elf Besatzungsmitglieder überleben das Schiffsunglück, das zu den schwersten der Nachkriegszeit gehört. Unter ihnen ist auch Jens Heesch aus Rosengarten bei Hamburg. Er ist 3. Offizier auf der MS "Brandenburg", als das Schiff am 12. Januar 1971 im Ärmelkanal sinkt. Die letzte Fahrt der "Brandenburg" beginnt am 11. Januar 1971 in Antwerpen. Von hier aus soll es in Richtung Karibik gehen. Um 18 Uhr macht der Stückgutfrachter an diesem milden ruhigen Wintertag die Leinen los und nimmt Kurs auf den Ärmelkanal.

Ein markerschütterndes Geräusch geht durch das ganze Schiff

Jens Heesch zeigt ein Modell der "MS Brandenburg" © NDR Foto: Kerstin von Stürmer
Jens Heesch, hier mit einem Modell der "MS Brandenburg", gehört zu den elf Überlebenden des Unglücks.

Heeschs Wache an diesem Tag endet um Mitternacht. Am nächsten Morgen wird er um 7.15 Uhr vom Offiziersanwärter geweckt. Um 8 Uhr soll seine Wache beginnen. Nur wenige Minuten später geht ein markerschütterndes Geräusch durch das ganze Schiff. Heesch weiß sofort, dass etwas nicht stimmt. Er zieht noch einen Mantel über, nimmt seine Schwimmweste mit und geht auf die Brücke.

Keine Zeit mehr für einen Notruf

Die "Brandenburg" hatte ein großes Wrackteil des am Vortag auseinander gebrochenen Tankers "Texaco Caribbean" gerammt. Dabei war der Schiffsrumpf auf breiter Front aufgerissen. Als Heesch die Brücke erreicht, ist es dunkel, der Strom ist bereits ausgefallen. Immer schneller neigt sich das Schiff vorne über. Den Männern auf der Brücke bleibt keine Zeit, einen Notruf abzusetzen. Auch für die Rettungsboote ist es zu spät. Die "Brandenburg" sinkt innerhalb von drei Minuten. Dank seiner Schwimmweste gelingt es Heesch, an der Wasseroberfläche zu bleiben. Nach langen zweieinhalb Stunden im eiskalten Wasser wird er schließlich von britischen Fischern gerettet. Auch zehn weitere Besatzungsmitglieder können die Fischer vor dem Ertrinken retten.

Frage der Schuld bleibt ungeklärt

Ein alter Zeitungsausschnitt zeigt die Überlebenden der "Brandenburg". © NDR Foto: Kerstin von Stürmer
Ein alter Zeitungsausschnitt zeigt Überlebende der "Brandenburg".

In der späteren Seeamtsverhandlung geht es um die Frage, ob und warum die Besatzung des Hapag-Lloyd-Frachters offenbar keine Kenntnis von der Lage des Wracks hatte. Funksprüche mit genauen Angaben zur Lage des Wracks gab es zahlreich. Allerdings kann nicht geklärt werden, ob und welcher Funkspruch das Schiff erreicht hat: Tauchgänge mit dem Ziel, das Funktagebuch zu bergen, sind gescheitert. Das Seeamt stellt fest, dass der Untergang der "Brandenburg" durch das Zusammentreffen einer Reihe von ungewöhnlichen Umständen geschehen ist. Das Seeamt empfiehlt gleichzeitig neue Sicherheitsmaßnahmen, unter anderem die Ausrüstung aller Schiffe mit leicht zu handhabenden, aufblasbaren Rettungsflößen, die im Falle eines Untergangs selbst aufschwimmen. Heute ist dies internationaler Standard.

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Dieses Thema im Programm:

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