Geschichtswettbewerb: Zwei erste Preise gehen nach Niedersachsen
Seit 1973 gibt es den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten in Zusammenarbeit mit der Körber-Stiftung. Im 50. Bestehensjahr gingen zwei erste Preise an Schülerinnen und Schüler aus Niedersachsen.
"Geschichte ist überall. Wo auch immer wir hinkommen, finden wir etwas vor, das Menschen zu früheren Zeiten geschaffen, geprägt und hinterlassen haben. Als ich hier ins Bellevue kam und das Amt des Bundespräsidenten übernahm, habe ich eine besonders wertvolle Institution vorgefunden: den Geschichtswettbewerb." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 4. Mai 2023
So äußerte sich Frank-Walter Steinmeier am 4. Mai 2023 über den Wettbewerb, den Gustav Heinemann und Kurt Körber 1973 ins Leben gerufen haben und der von allen nachfolgenden Bundespräsidenten fortgeführt worden ist. In einem Projekt machen sich Schülerinnen und Schüler auf die Suche nach einem Thema der Geschichte in ihrer Umgebung. Die Ergebnisse dokumentieren sie anschließend, sei es in einer Ausstellung, einem Film oder einem Radiobeitrag.
Die Körber-Stiftung nennt die Aktion den "größten historischen Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland". Er wird alle zwei Jahre ausgeschrieben. Er startet am 1. September in geraden Jahren und endet mit dem Einsendeschluss am 28. Februar des jeweiligen Folgejahres. Die Teilnehmer dürfen bis zu 21 Jahre alt sein.
Elftklässler aus Haselünne forscht zu Haren an der Ems
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. So wurden zum Beispiel schon Geschichten aus der Kolonialzeit, dem Nationalsozialismus oder der DDR-Diktatur zutage gefördert. Das Oberthema des Wettbewerbs wird bei jeder Ausschreibung vorgegeben. 2023 war es "Mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen hat Geschichte." Die fünf Hauptpreise in fünf verschiedenen Kategorien sind mit jeweils 2.500 Euro dotiert.
Unter den Erstplatzierten sind auch Kinder und Jugendliche aus Niedersachsen. So gewann der Schüler Hoang Long David Duong aus der 11. Klasse des Kreisgymnasiums St. Ursula in Haselünne im Emsland einen der begehrten ersten Preise - und zwar für seinen Beitrag über die Stadt Haren im Emsland, die nach dem Zweiten Weltkrieg für drei Jahre zur polnischen Enklave Maczkow wurde.
Rap-Song über Hannover-Mühlenberg
Die 5. Klasse der Integrierten Gesamtschule Hannover-Mühlenberg bekam einen ersten Preis für ihre Beschäftigung mit der Geschichte des Wohnens in ihrem Stadtteil. Die 27 Schülerinnen und Schüler nahmen einen Rap-Song auf, in dem sie sich intensiv mit ihrer Umgebung befasst haben. So ging es zum Beispiel darum zu recherchieren, welche Persönlichkeiten sich hinter nach ihnen benannten Straßen verbergen. Und sie waren selbst überrascht, was alles früher so in ihrem Viertel passiert ist. Auch war ihnen wichtig zu zeigen, wie lebenswert es heute ist.
"'Finde Deine Schätze': Das rappt Ihr, liebe Schülerinnen und Schüler aus Hannover-Mühlenberg, in Eurem Beitrag für den Geschichtswettbewerb. Ich finde: Schätze gefunden, das haben alle 5.605 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei diesem Geschichtswettbewerb", lobte Steinmeier bei der Preisverleihung am 14. November im Schloss Bellevue.
Zeitzeugen befragt, Briefe entziffert, Akten gewälzt
Rückblickend auf die 50 Jahre seit Bestehen des Wettbewerbs hatte Steinmeier im Mai 2023 gesagt: "Mehr als 155.000 Kinder und Jugendliche haben Keller und Dachböden durchforstet; haben Archive von Gemeinden, Lokalzeitungen, Unternehmen und Vereinen besucht; haben die eigenen Großeltern oder Zeitzeugen aus der Nachbarschaft interviewt, alte Fotos und Plakate studiert, Briefe und Tagebücher entziffert, Akten und Karten gewälzt. Sie haben ihre Funde kritisch befragt, eingeordnet, erklärt, bewertet." Die Kinder und Jugendlichen hätten auch das zusammengetragen, was sich früher in ihrer Familie oder in ihrem Umfeld zugetragen hat.
Mehr als 36.000 Forschungsarbeiten
Nach Angaben des Bundespräsidenten sind seit 1973 mehr als 36.000 Forschungsarbeiten auf diese Weise entstanden: "Sie erzählen die Geschichten von Frauen und Männern, die im 19. Jahrhundert in ihrer Gegend für Freiheit und Menschenrechte eintraten; von Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die während des Nationalsozialismus in deutschen Städten unter aller Augen gedemütigt, eingesperrt, beraubt oder ausgebeutet wurden; sie erzählen von Menschen, die verfolgten Nachbarn halfen oder vor Ort Widerstand gegen Unterdrückung und Unrecht leisteten; sie erzählen Geschichten von Zugewanderten und Geflüchteten; von Oppositionellen und Unangepassten in der DDR; von Vorkämpferinnen der Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung, von Schwulen und Lesben und vielen anderen mehr."
Rund 5.000 Kinder und Jugendliche beteiligen sich durchschnittlich als Einzelteilnehmer, in Gruppen oder mit ihrer Schulklasse am Wettbewerb.