Fliegender Hamburger: 1933 ging's in Rekordzeit nach Berlin
Der in Windkanalversuchen entwickelte Schnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn benötigte damals nur 138 Minuten von Hamburg in die Hauptstadt. Der Rekord des Fliegenden Hamburgers wurde erst 1997 geknackt.
877 a/b - unter dieser Betriebsnummer wurde der erste Schnelltriebwagen bei der Deutschen Reichsbahn geführt. Der auch unter dem Namen Fliegender Hamburger bekannt gewordene Zug war zudem der erste Stromlinienzug, der einem Fahrplan folgend eingesetzt wurde. Der aus zwei Wagen bestehende Zug wurde in Leichtbauweise erstellt. So setzte man auch verstärkt aufs Schweißen statt aufs Nieten, um die Wagenteile zusammenzufügen. Der Fliegende Hamburger war in Windkanalversuchen entwickelt worden und hatte ein tiefgezogenes Frontdach.
Reisen bei Tempo 160 in exklusivem Zug
Der knapp 42 Meter lange und 2,83 Meter breite Zug verfügte über 98 Sitzplätze, hinzu kamen noch vier Plätze in einem Erfrischungsraum. Wie auch weitere exklusive Züge dieser Zeit bekam der Fliegende Hamburger eine violett-cremefarbene Lackierung.
Es handelte sich um einen dieselelektrischen Triebwagen. Zwei Maybach-Zwölfzylinder-Viertakt-Dieselmotoren lieferten jeweils 410 PS (302 kW). Die elektrische Steuerung erfolgte nach dem sogenannten Gebus-System. Für den planmäßigen Einsatz des Fliegenden Hamburgers wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde festgelegt. In Testfahrten hatte er sogar Tempo 175 erreicht.
Gegen Konkurrenz von Auto und Flugzeug
"Mit den schnelleren Bahnverbindungen, die durch die Fliegenden Züge möglich wurden, wollte man der aufkommenden Konkurrenz von Pkw und Flugzeug begegnen", erklärt das DB Museum in Nürnberg den Hintergrund der Entwicklung. 1931 wurde der Fliegende Hamburger von der Waggon- und Maschinenbau AG in Görlitz (WUMAG) gebaut, 1932 ausgeliefert. Vom 15. Mai 1933 an fuhr der Triebzug planmäßig zwischen dem Lehrter Bahnhof in Berlin und dem Hamburger Hauptbahnhof. Für die 286,8 Kilometer lange Strecke benötigte er 138 Minuten - eine sagenhafte Zeit. Er erreichte dabei eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 125,6 Kilometern pro Stunde.
Der 877 a/b gilt als Prototyp für weitere Schnelltriebwagen, die anschließend entwickelt und gebaut wurden. So entstanden zum Beispiel die Bauarten Hamburg, Leipzig, Köln, Berlin und München.
1955/56 zwischen Hamburg und Großenbrode im Einsatz
Im Zweiten Weltkrieg war der Fliegender Hamburger nicht im Einsatz. Von 1945 an setzte ihn die französischen Besatzungsmacht als Reisezug ein. 1949 wurde er an die Deutsche Bundesbahn zurückgegeben, die ihn 1951 modernisierte. Der Zug wurde bei der Bahn dann als VT 04 000 a/b geführt. Der Triebwagen war 1955/56 in Hamburg stationiert und fuhr dort gelegentlich als Verstärkungstriebwagen des Kopenhagen-Express zwischen Hamburg und Großenbrode. Ab 1957 wurde er nicht mehr eingesetzt und ausgemustert.
Anschließend kam der Fliegende Hamburger ins Museum nach Nürnberg. Dort wurde vom ursprünglich so benannten Wagenteil 877 a der hintere Teil abgetrennt. Dieser wurde wie das ganze Teil 877 b verschrottet. Der vordere Teil mit dem Führerstand ist heute in der Fahrzeughalle des Museums zu sehen.
Schienenzeppelin: Nur 98 Minuten mit dem Unikat
Kurz vor dem Fliegenden Hamburger war bereits ein Zug auf den Schienen von Hamburg nach Berlin unterwegs, der viel schneller war: Am 21. Juni 1931 brauchte der sogenannte Schienenzeppelin des Konstrukteurs Franz Kruckenberg lediglich 98 Minuten nach Berlin. Allerdings war die Strecke mit 257 Kilometern etwas kürzer, denn das futuristische anmutende Gefährt mit dem Propeller am Heck startete nicht am Hamburger Hauptbahnhof, sondern im weiter östlich gelegenen Hamburg-Bergedorf. Der Zug stellte damals einen Geschwindigkeitsrekord für Schienenfahrzeuge auf: 230,2 Kilometer pro Stunde wurden als Spitzenwert gemessen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 157,3. Dem Schienenzeppelin war allerdings keine große Zukunft vergönnt. Er blieb ein Einzelstück und bereits 1934 war er letztmalig unterwegs. Die Geschwindigkeit war für die damalige Zeit viel zu hoch, um ihn im Regelbetrieb parallel mit langsameren Zügen fahren zu lassen. Außerdem war er wegen des Propellerantriebs schwierig zu handhaben.
1936 stellte die Lokomotive 05 002 einen Geschwindigkeits-Weltrekord für dampfbetriebene Schienenfahrzeuge auf. 200,4 Kilometer pro Stunde in der Spitze wurden auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin verzeichnet.
Rekordzeit wird erst 1997 unterboten
Die Fahrtzeit des Fliegenden Hamburgers von 138 Minuten für die Strecke Hamburg-Berlin war jahrezehntelang unerreicht. Erst 64 Jahre später, im Juni 1997, unterbot ein ICE der Deutschen Bahn den Rekord. Er schaffte die Strecke in 132 Minuten, also sechs Minuten weniger.
Heutzutage benötigen die schnellsten Züge rund 100 Minuten - sofern nicht Bauarbeiten auf der Strecke stattfinden oder sonstige Vorkommnisse zu Verzögerungen führen.