Edding: Wie ein Filzstift die Welt eroberte
In einer Souterrain-Wohnung in Hamburg-Barmbek beginnt am 1. April 1960 die Unternehmensgeschichte des Stifte-Herstellers Edding: Die Schulfreunde Carl-Wilhelm Edding und Volker Detlef Ledermann gründen mit einem Startkapital von 500 D-Mark und einer Schreibmaschine die Firma Edding. Damit legen sie den Grundstein zu einem Unternehmen, das heute mehr als 600 Mitarbeiter hat, in Ahrensburg sitzt und einen Umsatz von 141 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Begriff "Edding" ist mittlerweile für viele zum festen Synonym für einen wasserfesten Filzstift geworden.
Clevere Geschäftsidee - inspiriert aus Japan
Am Anfang des Erfolgs steht eine clevere Geschäftsidee: Der junge Hamburger Carl-Wilhelm Edding arbeitet 1960 für einen japanischen Konzern, der Produkte aus Asien in Deutschland verkauft. Dabei wird er auf etwas aufmerksam: "Eines Tages zog ein japanischer Geschäftsfreund einen handlichen Filzschreiber aus der Tasche", erinnert sich Edding 2010 in der Zeitung "Die Welt". Edding ist begeistert, denn so einen Stift hat er noch nie gesehen: In Deutschland gibt es zu dieser Zeit noch gar keine wasserfesten Filzstifte, und alle Innovationen rund um Schreibgeräte kommen damals aus Japan. Edding hat Glück, denn sein Arbeitgeber hat kein Interesse an dem Stift. Und so schickt Edding eine Bestellung nach Japan und fordert die Stifte an. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Volker Detlef Ledermann gründet er die Firma Edding & Co.
Die Firma unter einem Kunstnamen anzumelden hätte Geld gekostet - daher entscheiden sich die beiden Freunde für einen ihrer Namen. "Wir fanden 'Edding' beide kürzer, prägnanter und internationaler als 'Ledermann'", erinnert sich Volker Detlef Ledermann. Im Rückblick klingt er nahezu wehmütig: "In den Gründerjahren war alles spannend, aufregend, neuartig. Keiner ahnte damals, dass wir mit unserem Startkapital von 500 Mark und einer einfachen Schreibmaschine den Grundstein zu einer globalen Marke legen sollten."
Mit dem "edding No. 1" zum Erfolg
Denn der Permanentmarker "edding No. 1", der in Schwarz, Rot, Blau und Grün erhältlich ist, wird schnell zum Erfolg auf dem deutschen Markt. Neue Stifte kommen hinzu, wie der "1200 Fasermaler" aus dem Jahr 1969. Während Permanentmarker wie der "edding No.1" wasserfest sind und vor allem für die Beschriftung von Paketen und Lagerware eingesetzt werden, ist der Fasermaler zunächst vor allem bei technischen Zeichnern und im Grafikbereich sehr beliebt. Bis heute hat sich der "1200 Fasermaler" bis auf die Kappe kaum verändert und wird inzwischen auch von vielen Kindern zum Zeichnen und Malen auf Papier genutzt.
Bis Ende 1970 werden nach Unternehmensangaben fast 100 Millionen Filz- und Faserschreiber auf allen fünf Kontinenten verkauft. Schon 1965 erweitert Edding mit der Firma Planmaster (heute Legamaster) das Angebot um den Bereich der visuellen Kommunikation: Präsentationstafeln, auf denen mit abwischbaren Markern geschrieben wird.
"Spezialisten" zum Beschriften von Wäsche und CDs
1970 zieht die Firma von Hamburg ins benachbarte Ahrensburg in Schleswig-Holstein. Im Laufe der Jahre verfeinern die Gründer ihr Produkt-Portfolio. Sind es zu Beginn der Firmengeschichte vor allem Lageristen und Spediteure, die ihre Säcke und Kisten mit Edding-Markern beschriften, baut das Unternehmen sein Angebot an Spezialmarkern immer weiter aus. Erklärtes Unternehmensziel ist es, für jede Anwendung und Oberfläche das passende Produkt zu haben. Zu den mehr als 150 "Spezialisten", die das Unternehmen anbietet, zählen CD-Marker, Fugenmarker, Hautmarker oder Wäschemarker.
Börsengang und Expansion
1986 ist es allerdings vorbei mit dem gemeinsamen Geschäft zweier Schulfreunde, denn Edding zieht sich aus dem Geschäftsleben zurück. Fortan führt Ledermann das Unternehmen alleine weiter. Ebenfalls 1986 geht die Firma an die Börse und gründet mit der Edding Vertrieb GmbH ein Vertriebs- und Logistikzentrum für den deutschen Markt. Der Verkauf der Aktien ermöglicht es Ledermann, seinen Schulfreund Edding auszuzahlen. In den Folgejahren kommen Tochtergesellschaften im Vereinten Königreich und Japan hinzu, um auch auf dem internationalen Markt bestehen zu können. Im sächsischen Bautzen entsteht drei Jahre nach der Wende ein Werk, das inzwischen rund 60 Millionen Produkte pro Jahr fertigt.
2005: Die zweite Generation übernimmt - nachhaltig
Seit 2005 leitet Volker Ledermanns Sohn Per als Vorstandsvorsitzender die Edding International GmbH. "Einst bin ich als kleiner Butscher durch die Flure gelaufen, inzwischen bin ich in die großen Fußstapfen meines Vaters getreten. Für mich ein echter Traumjob", zitiert das Unternehmen den Vorstandschef, der einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit lege. So werden die Markerhüllen inzwischen dank einer neuen Generation von Spritzgussmaschinen mit 40 Prozent weniger Energie als ihre Vorgänger produziert, der Kunststoffanteil der Marker besteht zu 80 Prozent aus wiederverwendetem Material. Nachfüllbare Marker sollen einen weiteren Beitrag zur Ressourcenschonung leisten. Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Zentrale in Ahrensburg sowie der Produktion in Bautzen sorgen für Strom aus Sonnenlicht.
Edding verkauft in mehr als 110 Länder
Heute hat das Unternehmen Niederlassungen und Vertriebspartner auf der ganzen Welt. Das Sortiment umfasst rund 150 verschiedene Produkte, die in mehr als 110 Ländern vertrieben werden. Nicht nur Schüler, Bastler und Heimwerker setzen auf die wasserfesten Marker zum Beschriften und Markieren. Auch in Büros, Werkstätten und in der Industrie werden die Filzstifte eingesetzt. Produziert wird außer am deutschen Standort in Bautzen noch in einer Fertigungsstätte in Kolumbien. Eine Produktionsstätte in Argentinien musste Edding wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse vor Ort Ende 2019 schließen.
E-Boards: Umsatzmacher der digitalen Moderne
Das größte Umsatzwachstum erzielen mittlerweile sogenannte e-Boards von Legamaster. Das sind interaktive elektronische Tafeln - auch Whiteboards genannt - auf denen das Geschriebene für den Computer digitalisiert wird. Sie ersetzen oder ergänzen in Schulen und Bildungseinrichtungen die grünen Kreidetafeln. Legamaster ist allerdings seit 2010 wieder in eine eigene GmbH ausgegliedert.
Neue Ideen im Zuge der Digitalisierung
Um in Zeiten der globalen Digitalisierung auch mit Stiften gute Geschäfte machen zu können, versucht das Unternehmen, neue Zielgruppen zu erschließen: etwa mit Markern für die Dekoration von Porzellan, Acryllackspray, Nagellack und Druckerpatronen sowie kreativen Marketing-Ideen. Zudem erweitern Industriedrucker das Unternehmens-Portfolio.