Als der Nazi-Flugzeugträger "Graf Zeppelin" vom Stapel lief
Am 8. Dezember 1938 läuft die "Graf Zeppelin" in Kiel vom Stapel. Doch der gewaltige Flugzeugträger der Nationalsozialisten kommt nie zum Einsatz und verschwindet nach Kriegsende auf mysteriöse Weise.
Mit Pauken und Trompeten feiert das NS-Regime am jenem 8. Dezember den Stapellauf des Flugzeugträgers "Graf Zeppelin". Die deutsche Militärführung setzt große Hoffnungen in den Flugzeugträger mit der vorläufigen Bezeichnung A, an dem die Deutsche Werke AG (DKW) in Kiel ab November 1935 baut. Bei ihrer Rüstungsplanung orientieren sich die Deutschen an traditionsreichen Flotten wie der britischen.
Briten erlauben Flugzeugträger-Bau
Allerdings ist die deutsche Marine seit dem Ende des Ersten Weltkriegs starken Einschränkungen durch internationale Abkommen unterworfen. Im Sommer 1935 schließt Hitler mit den Briten ein Flottenabkommen, das den Bau zweier Flugzeugträger offiziell erlaubt. Das Schwesterschiff B soll von der Kieler Friedrich-Krupp-Germania-Werft gebaut werden, doch kommt dieses Projekt bald zum Erliegen. Fertiggestellt wird dort stattdessen das Schlachtschiff "Bismarck".
Hitler und Göring beim Stapellauf
Drei Jahre dauert es, bis Flugzeugträger A schließlich im Dezember 1938 vom Stapel läuft. Einige 100.000 Schaulustige kommen nach Kiel, um das Spektakel zu sehen, zu dem Adolf Hitler, Hermann Göring sowie zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft angereist sind. Hella (Helene) von Brandenstein-Zeppelin tauft das Schiff auf den Namen ihres Vaters: "Graf Zeppelin". In seiner Funktion als Oberbefehlshaber der Luftwaffe hält Hermann Göring die Taufrede. Nach dem Festakt ziehen Schlepper den Koloss zum Ausrüstungskai.
Von Baustopp zu Baustopp
Doch dann gerät das Projekt ins Stocken. Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Die Prioritäten der Marine verschieben sich zugunsten des U-Boot-Baus, sodass der Ausbau der "Graf Zeppelin" erst im März 1942 auf Geheiß Hitlers wieder aufgenommen wird. Das Schiff erhält als Schutz vor Torpedos wulstige Anbauten am Rumpf.
Parallel beginnt die Luftwaffe mit der Entwicklung der Trägerflugzeuge Junkers "Ju 87" sowie Messerschmitt "Me 155". 40 Flieger sollen auf dem Träger Platz finden. Aber die Planung für die Aufbauten verzögert sich, weil die Entwicklung der Flugzeuge schnell voranschreitet und die Luftwaffe der Marine immer neue Typen meldet. So ändern sich die Abmessungen der Aufbauten, die Länge der Start- und Landestrecke sowie die benötigten Ersatzteile ständig.
Im darauffolgenden Jahr ist endgültig Schluss mit den Arbeiten an der "Graf Zeppelin". Nachdem Hitler am 26. Januar 1943 befohlen hat, sämtliche große Kriegsschiffe außer Dienst zu stellen, beendet die Werft am 2. Februar 1943 jegliche Arbeiten an dem Schiff.
Ein schwimmendes Ersatzteillager
Der 263 Meter lange und 36 Meter breite Riese wird im April 1943 nach Stettin geschleppt und im Oder-Delta vertäut. Die Kriegsmarine bedient sich fortan bei der "Graf Zeppelin" zur Beschaffung von Ersatzteilen für andere Kriegsschiffe. Als im April 1945 die sowjetischen Truppen immer weiter vorrücken, soll das Schiff als Beute unbrauchbar gemacht werden. Ein Sprengkommando setzt den ausgeschlachteten Flugzeugträger in der flachen Flussmündung auf Grund. Zusätzlich wird die Antriebsanlage zerstört.
Wohnschiff der Sowjets
Über die weitere Geschichte der "Graf Zeppelin" lassen sich nur Vermutungen anstellen. Fest steht, dass die Sowjets das Schiff im März 1947 wieder flott machen. Es dient nun als Wohnschiff für eine Einheit. Diese soll die Konstruktionsunterlagen des Flugzeugträgers und anderer Beuteschiffe unter die Lupe nehmen.
59 Jahre lang verschollen
Zu den anschließenden Geschehnissen gibt es unterschiedliche Thesen. Der Historiker Ulrich Israel hat sich eingehend mit der Geschichte der "Graf Zeppelin" beschäftigt. Er geht davon aus, dass das Schiff den Russen als Versuchsziel diente. Demnach schleppten sie den Riesen für einen Abschussversuch am 14. August 1947 aus dem Hafen von Swinemünde und zündeten zunächst mehrere Bomben an Bord. Doch erst nach dem Abschuss durch Torpedos sei die "Graf Zeppelin" gesunken, meint Israel. Eine andere These besagt, dass der Flugzeugträger beim Schleppen in Richtung Russland auf eine Mine gelaufen sei. Wiederum andere behaupten, das Schiff sei wegen Überladung mit Beutegut in einem Sturm gesunken.
Polnische Ölfirma entdeckt das Wrack
Bis Sommer 2006 ist der Verbleib der "Graf Zeppelin" unklar. Im Juli stoßen Mitarbeiter der polnischen Ölgesellschaft Petrobaltic bei einer Forschungsfahrt auf ein Wrack. Es liegt etwa 55 Kilometer vor dem polnischen Ostseehafen Wladyslawowo in 80 Metern Tiefe. Schnell vermuten einige, Hitlers Flugzeugträger sei gefunden. Die Bestätigung erfolgt kurz darauf durch die polnischen Marine, die Sonaruntersuchungen anstellt und Taucher zum Wrack schickt. Nach 59 Jahren ist der Verbleib der "Graf Zeppelin" damit geklärt.
Karte: Hier wurde das Wrack ungefähr gefunden