Stand: 08.05.2019 18:02 Uhr

NS-Deportationen: Fotos und Erinnerungen gesucht

Gleis- und Bahnsteigüberrest am Gedenkort Hannoverscher Bahnhofs in Hamburg. © NDR Foto: Irene Altenmüller
Alte Gleise erinnern an den Hannoverschen Bahnhof in Hamburg. Bis 2022 soll hier ein Dokumentationszentrum entstehen.

Vor den Augen ihrer Nachbarn wurden in Hamburg mehr als 8.000 Juden sowie Sinti und Roma während der NS-Zeit in Konzentrationslager und Ghettos deportiert. Ihr Weg, der am Hannoverschen Bahnhof in der heutigen Hafencity begann, endete meist im Tod. Seit 2017 erinnern an dem historischen Ort zwar Namenstafeln an die Deportierten, doch über die Opfer, ihr Hab und Gut und die Ereignisse ist kaum etwas bekannt. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme ruft deshalb die Bürger zur Mithilfe auf.

Besitz ging an Mitbürger

"Die deportierten Juden, Sinti und Roma durften nur 50 Kilogramm Handgepäck pro Person mitnehmen. Ein Großteil ihres Hab und Guts ging also in den Besitz ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger über, jedoch fehlt davon fast jede Spur", erklärt Oliver von Wrochem, Leiter des Ausstellungsprojekts "denk.mal Hannoverscher Bahnhof". Um diese Erinnerungslücke zu schließen, fragt von Wrochem die Bevölkerung: Wer war Zeuge der Ereignisse? Wer hat mitgewirkt oder den Opfern geholfen?

Denn bekannt ist Historikern, dass Mitarbeiter in Ämtern, Behörden, Polizei und Reichsbahn an den Deportationen beteiligt waren. Viele Menschen wirkten aktiv mit oder profitierten durch die Versteigerung von Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Kleidung der Deportierten sowie durch den Bezug leer geräumter Wohnungen. Auch Freunde und Schulkameraden erfuhren von der Ausgrenzung und Verfolgung.

Wer also Erinnerungsstücke, wie Dokumente, Fotos oder Möbel mit Bezug zur Ausgrenzungs- und Deportationsgeschichte besitzt, sollte die Gedenkstätte kontaktieren. All dies könnte Eingang finden in eine geplante neue Dauerausstellung.

Dauerausstellung für 2022 geplant

Diese soll 2022 im geplanten Dokumentationszentrum „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ am Lohsepark in der HafenCity eröffnet werden. Bis dahin hofft von Wrochem, dass sich mehr als 70 Jahre nach der letzten Deportation noch zahlreiche Zeugnisse zu den Opfern finden lassen.

Hinweise zu den Deportationen nimmt die Gedenkstätte telefonisch unter der Nummer 040/428 131 562 oder per Mail an stefan.wilbricht@bkm.hamburg.de entgegen.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 07.01.2019 | 19:30 Uhr

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