Kieler Matrosenaufstand: Zeitzeugen erinnern sich
Am 3. November 1918 ziehen Tausende Matrosen durch Kiel. Sie demonstrieren für Frieden, Freiheit und Freilassung inhaftierter Matrosen. Zeitzeugen haben dem NDR ihre Erinnerungen geschildert.
Die Matrosen liegen mit ihren Schiffen im Herbst 1918 vor Wilhelmshaven. Es ist absehbar, dass derErste Weltkrieg für das Deutsche Reich verloren ist. Die Regierung in Berlin versucht, Friedensverhandlungen in Gang zu setzen. Dennoch kommt der Befehl der Militärführung, in eine große letzte - aber wohl aussichtslose Seeschlacht - gegen England auszulaufen.
Matrosen in Wilhelmshaven verweigern den Befehl
Diesem Befehl verweigern sich zahlreiche Matrosen am 29. Oktober, sie löschen die Feuer der Dampfschiffe. Die Meuterei wird niedergeschlagen - das 3. Geschwader der Hochseeflotte nach Kiel verlegt. Trotzdem ist der Protest der Matrosen und die daraus folgenden Ereignisse der Ausgangspunkt für die Novemberrevolution, die sich in ganz Deutschland ausbreitet. Die mutmaßlichen Rädelsführer der Unruhe werden am 1. November noch in der Kanal-Schleuse inhaftiert.
Matrosenaufstand: Arbeiter und Soldaten demonstrieren in Kiel
Noch am gleichen Tag gibt es Protest-Versammlungen von Soldaten und Arbeitern in Kiel - der Matrosenaufstand erreicht die Stadt an der Förde. Die Demonstranten fordern die Freilassung der Inhaftierten. Zwei Tage später kommt es zu einem großen Demonstrationszug mit mehreren Tausend Menschen. Sie wollen die Inhaftierten befreien. Bei einer Hilfskaserne gelingt es ihnen. Vor der der Arrestanstalt kommt es zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf Schüsse fallen - sieben Menschen sterben und 29 werden verletzt.
Zeitzeugenberichte aus den 1970er-Jahren
Über den Verlauf dieser Demonstration berichten in den 1970er-Jahren im NDR mehrere Zeitzeugen. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Erinnerungen von Lothar Popp, damals Vorsitzender der USPD, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands in Kiel. Er war später auch Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats in Kiel. Popp demonstrierte mit den Arbeitern und Matrosen. Wilhelm Kleineweber erlebte den Protestzug als junger Soldat, der die Arrestanstalt schützen sollte. Die Berichte dieser und zweier weitere Zeitzeugen können sie auch nachhören.
Die Berichte der Zeitzeugen wurden gekürzt und für die bessere Lesbarkeit sprachlich geglättet.