Stand: 17.10.2014 15:48 Uhr

"Eine Mauer? Unvorstellbar!"

von Bettina Less, NDR Info
Ein Bauarbeiter errichtet am 18. August 1961 unter der Aufsicht eines Volkspolizisten an der Sektorengrenze am Potsdamer Platz eine mannshohe Mauer. © picture-alliance / dpa Foto: Bratke
Sie war das Symbol für die deutsche Teilung: Die Mauer quer durch Berlin.

"Mir ist nicht bekannt, dass solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird" - das behauptete DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht noch am 15. Juni 1961 auf einer Pressekonferenz. "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Keine zwei Monate später, am 13. August, berichtete ein Reporter, was sich in Berlin abspielte: "Seit etwa ein Uhr heute Nacht rattern die Pressluftbohrer und bohren einen Graben quer durch die Ebertstraße hier am Brandenburger Tor."

Besuche werden unmöglich

"Man ist ja überrascht worden", erinnert sich Wolfgang Mayer aus Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern an den Tag des Mauerbaus. "So wie die Bürger in Berlin überrascht worden sind, sind wir ja auch überrascht worden." Der heute 81-Jährige brauchte eine Weile, bis er die Berichte glauben konnte. "Man konnte sich das nicht vorstellen, dass um Berlin herum eine Mauer gebaut wird", erzählt er. "Das war unvorstellbar."

Was in Berlin geschah, berichtete damals ein Reporter: "Vom Lkw werden jetzt Betonpfähle abgeladen, und in wenigen Augenblicken wird man diese Pfähle in schon vorbereitete Löcher absetzen. Und dann beginnt man mit dem Ziehen von Stacheldraht." "Man wusste gar nicht, was das bedeutet", erzählt Wolfgang Mayers Frau Hanna. "Wir hatten eine Tante in West-Berlin, die haben wir regelmäßig besucht, und das war für uns selbstverständlich - und mit einem Mal war Schluss." Der 79-Jährigen treten noch heute Tränen in die Augen, wenn sie daran denkt.

Zum Nachhören
Von bewaffneten Volkspolizisten bewachte Bauarbeiter errichten die Mauer zwischen Potsdamer Platz und Lindenstraße. © picture-alliance / AKG Foto: AKG Berlin
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Und was machte der Westen? Erstmal wurden nur Erklärungen abgegeben. "Mit den Deutschen in der Sowjetzone und in Ost-Berlin fühlen wir uns nach wie vor aufs Engste verbunden, sie sind und bleiben Deutsche - unsere deutschen Brüder und Schwestern", sagte etwa Kanzler Konrad Adenauer.

Auch auf der West-Seite der Grenze hörte die Familie Kruse aus Bleckede in Niedersachsen besorgt die Nachrichten. Der heute 86-jährige Günther Grunzke, Vater von Hannelore Kruse, erinnert sich noch gut an diese Zeit, schließlich waren die Geschwister und die Mutter plötzlich "drüben" - "Besuch unmöglich".

"Da werden Leute für dumm verkauft"

Weder die Familie Kruse in Niedersachsen noch die Familie Mayer in Mecklenburg-Vorpommern glaubten die offizielle Begründung für den Bau einer Mauer, die damals ein DDR-Nachrichtensprecher kundtat: "In Berlin sind heute von der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik beschlossene Maßnahmen wirksam geworden, die den Schutz der DDR vor westlicher Wühlarbeit gewährleisten und auch die Sicherheit der Staaten des Sozialistischen Lagers garantieren werden."

"Ich dachte, da werden doch wieder Leute für dumm verkauft", sagt Günther Grunzke.

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Familie Mayer aus Hagenow (links) und Familie Kruse aus Bleckede (Montage) © NDR Foto: Bettina Less/Carsten Vick

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 27.10.2014 | 07:20 Uhr

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