Stand: 16.08.2014 16:03 Uhr

1994: Software-Skandal in Schwerin

Ein Dokument wird unterschrieben. © NDR Foto: NDR
Im August 1994 wurden die ersten Vereinbarungen mit Siemens-Nixdorf unterzeichnet. (Szene mit Kopien der Originaldokumente nachgestellt aus gedrehtem Material NDR)

Im Sommer 1994 nahm in Schwerin ein Skandal seinen Anfang, der noch viele Jahre lang für Aufsehen in der Landeshauptstadt sorgen sollte. Im Zentrum: die neue Finanzsoftware KoFi (Kommunales Finanzsystem) der Firma Siemens-Nixdorf. Das alte System war an seine Grenzen gestoßen. Schwerins Führungskräfte kamen zu dem Entschluss, dass ein neues Programm her muss. Die Hoffnung: mehr Einnahmen, weniger Personal.

Millionen-Loch statt Mehreinnahmen

Doch diese Hoffnung stellte sich schnell als trügerisch heraus. Am Ende hatte die Stadt ein Millionen-Loch in der Kasse. Denn die Verantwortlichen versäumten es, sich im Vertrag abzusichern. So lag das Risiko bei der Stadt. Die Software war zwar hochmodern, aber nicht praxisreif. "Sozialhilfe konnte nicht gezahlt werden. Es war problematisch, Steuern und Abgaben zu erheben. Und man musste sich ernsthaft die Frage stellen, welche Vereinbarung hat die Stadt da getroffen?", sagt Hartwig Wischendorf. Der ehemalige EDV-Leiter in einem Industriebetrieb beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Schwerins Skandalen der Nachwendezeit. Für das Nordmagazin und NDR.de hat er den KoFi-Skandal in einem Gastbeitrag akribisch protokolliert.

Politiker in Turbulenzen

KoFi wurde zum Haushaltsjahr 1995 eingeführt. Doch schon am Ende des Jahres musste die Stadt wegen der erheblichen Mängel einen externen KoFi-Manager beauftragen - und bezahlen. Die Zusatzkosten häuften sich. Hauptamtsleiter Klaus Afflerbach musste 1996 gehen, nicht ohne mit 175.000 DM abgefunden zu werden. Für den damaligen Oberbürgermeister Johannes Kwaschik (SPD) wurde KoFi zum Kampf ums politische Überleben. Denn die Entscheidung fiel hinter dem Rücken der Stadtvertreter. Nachträglich stimmten sie dennoch knapp dafür, mit KoFi weiterzumachen. Das rettete Kwaschik das Amt. Später musste er sich aber doch noch vor Gericht verantworten - wegen der Abfindung für Afflerbach. Das Verfahren endete mit Freispruch für den Oberbürgermeister.

Nachhaltiger Schaden

Immerhin gelang es, KoFi im Lauf der Jahre zu verbessern. Doch bis dahin hatte das Problem-Programm schon viel Schaden angerichtet: Steuerbescheide drohten zu verjähren, auf Verdacht wurden über 30.000 Mahnbescheide herausgeschickt, beim Jahresabschluss 1997 brachten sieben Rechnerläufe sieben verschiedene Ergebnisse. In der Stadtverwaltung folgte eine Krisensitzung der nächsten. Die Schweriner waren sauer. Insider schätzen den materiellen entstandenen Gesamtschaden durch KoFi auf rund zehn Millionen DM. Doch auch Schwerins Image nahm Schaden: Das ZDF machte die Verschwendung von Steuergeld zum Thema einer Live-Sendung aus der Landeshauptstadt.

Dazugelernt - in Ansätzen

Timo Weber diskutierte damals als Lokalredakteur der "Schweriner Volkszeitung" mit. Heute bescheinigt Weber der Stadt, dazugelernt zu haben: "Die Verwaltung hat in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Jetzt hat man - in Ansätzen - begriffen, dass man Dienstleister des Bürgers ist", sagt Weber im Nordmagazin.

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Nordmagazin | 17.08.2014 | 19:30 Uhr

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