Ethylenoxid: Giftige Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln
Vor einem Jahr wurde Ethylenoxid in Sesamprodukten gefunden. Im Sommer tauchte das Pestizid in Johannisbrotkernmehl auf - auch bekannt als Verdickungsmittel E410. Nun sind auch Gewürze oder Kräuter betroffen.
Ethylenoxid ist ein farbloses Gas, es gilt als krebserregend und erbgutverändernd. Seit 1981 dürfen Lebensmittel in Deutschland nicht mehr damit behandelt werden. Auch in der EU ist das Pestizid seit 1991 als Pflanzenschutzmittel verboten. Lebensmittel, in denen ein mit Ethylenoxid behandelter Zusatzstoff steckt, sind laut Bundesamt für Risikobewertung grundsätzlich unerwünscht.
Giftiges Pflanzenschutzmittel in Instant-Nudeln gefunden
Das Chemische Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUAS) hat die Bestandteile von Instant-Nudeln aus Asien auf Ethylenoxid untersucht. Ergebnis: In elf von 25 untersuchten Stichproben (44 Prozent) war das Gift nachweisbar, in sieben (28 Prozent) wurden es sogar als gesundheitsschädlich eingestuft. Ende 2020 hatte das CVUAS bereits Sesamprodukte analysiert. Dabei war die Hälfte der Stichproben belastet.
Auch Zusatzstoffe Johannisbrot- und Guarkernmehl betroffen
Verdickungsmittel für Lebensmittel werden oft aus Johannisbrot- (E410) oder Guarkernmehl (E412) hergestellt. Auch hier gab es im Sommer zahlreiche Rückrufe wegen Ethylenoxid. Bei der Lebensmitteleinfuhr - etwa über die Seehäfen in Hamburg und Bremerhaven - wird aber bisher nur Sesam verstärkt kontrolliert. Für andere Lebensmittel fehlt es noch an den nötigen EU-Gesetzen. Diese sind aber in Vorbereitung, sodass demnächst auch Kräuter und Gewürze kontrolliert werden können.
Im Ausland Pestizid-Begasung gegen Keime und Bakterien
Aber wie kommt das Gift in die Lebensmittel? Im Internet kursieren Videos, in denen Gewürze und Kräuter in speziell dafür angefertigten Containern mit Ethylenoxid begast werden. Dabei sollen vor allem Keime und Bakterien vernichtet werden, bevor die Rohware verschifft wird. Problematisch wird das aber meist nur bei der Einfuhr in die EU: Hier gelten sehr viel strengere Regeln als zum Beispiel in den USA. Dort liegt der Grenzwert für Rohsesam mit 7 mg/kg etwa 140 Mal höher als in der EU mit 0,05 mg/kg.
Kein automatischer Produktrückruf, wenn nur Zutaten belastet sind
Trotz seiner Gefährlichkeit hat die EU für Ethylenoxid in Lebensmittel-Rohstoffen unterschiedliche Toleranzgrenzen zugelassen - sogenannte Rückstandshöchstgehalte. Werden diese überschritten, dürfen solche Lebensmittel laut Artikel 19 der EU Verordnung 396/2005 nicht verarbeitet werden. Aber: In Deutschland folgt aus dem Verarbeitungs- kein automatisches Verkehrsverbot, wenn belastete Zutaten verwendet worden sind. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer müssen dann für jedes einzelne Produkt konkret nachweisen, ob es für den Endverbraucher gefährlich ist.
Andere EU-Länder sind hier strenger. Sie folgen einer Empfehlung des EU-Krisenmanagement-Teams für Lebens- und Futtermittelsicherheit und nehmen Lebensmittel bereits dann vom Markt, wenn in den verarbeiteten Zutaten Ethylenoxid enthalten war, dies im Endprodukt aber nicht mehr nachweisbar ist. Die Folge: Produkte, die in Deutschland weiterhin im Supermarktregal stehen, wurden etwa in Frankreich oder Belgien bereits zurückgerufen.
Der Lebensmittelverband spricht sich gegen diese Praxis aus - auch, um der Verschwendung von Essen entgegenzuwirken. Er ist dafür, nur zurückzurufen, wenn im Endprodukt Ethylenoxid steckt.
Deutlich weniger Pestizide in Bioprodukten
Das CVUAS rät zu regionalen und Bioprodukten. In Bio-Waren würden in der Regel 100 bis 200 Mal weniger Pestizide nachgewiesen als in konventionellen Erzeugnissen.