Hameln: Stadt des Rattenfängers an der Weser
Wer Hameln hört, denkt an den Rattenfänger. Doch die Stadt an der Weser hat mehr zu bieten: eine sehenswerte Altstadt mit schönen Renaissancebauten und ein attraktives Umland.
Der Rattenfänger von Hameln soll der Sage nach nicht nur sämtliche lästigen Nager in die Weser getrieben, sondern 1284 auch alle Kinder der Stadt entführt haben, als man ihn nicht bezahlen wollte.
"Als aber die Bürger sich von ihrer Plage befreit sahen, reute sie der versprochene Lohn, und sie verweigerten ihn dem Mann, sodass dieser verbittert wegging. Am 26. Juni kehrte er jedoch zurück in Gestalt eines Jägers ... und ließ, während alle Welt in der Kirche versammelt war, seine Pfeife abermals in den Gassen ertönen. Alsbald kamen ... Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahre an in großer Anzahl gelaufen. Diese führte er, immer spielend, zum Ostertore hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand", heißt es in einer modernisierten Fassung der Erzählung der Brüder Grimm.
Historisch lassen sich die Geschehnisse nicht nachweisen. Fest steht nur, dass die ehemalige Mühlenstadt im Mittelalter Probleme mit Ratten hatte. Ob damals wirklich Kinder verschwanden und warum, bleibt hingegen ein Mysterium. Für Hameln, das den offiziellen Beinamen Rattenfängerstadt trägt, hat das durchaus Vorteile. Wegen der Saga ist die Stadt im Weserbergland über die Landesgrenzen hinaus bekannt und wirbt auf Schritt und Tritt mit der Märchenfigur. Kleine Metallplatten mit Rattenmotiv auf den Pflastersteinen weisen den Weg durch die Altstadt auf den Spuren des Mannes mit der Flöte. In der Saison wird jeden Sonntag kostenlos ein Rattenfänger-Freilichtspiel aufgeführt (2023: 14.5.-17.9. jeweils 12 Uhr vor dem Hochzeitshaus).
Rundgang durch die Altstadt
Allerdings lohnt Hameln wegen seiner schönen Altstadt und der attraktiven Lage im Weserbergland auch jenseits der Rattenfänger-Geschichte einen Besuch. Die Altstadt, größtenteils Fußgängerzone, liegt innerhalb einer kreisförmigen Wallstraße und wird auf der Westseite von der Weser begrenzt. Wer mag, lässt sich einfach durch die hübschen Gassen treiben und bestaunt die restaurierten Fassaden der Sandstein- und Fachwerkbauten, die größtenteils aus der Renaissance stammen.
Inschrift am Rattenfängerhaus
Interessante Sehenswürdigkeiten finden sich etwa in der Osterstraße - dort steht an der Ecke Bungelosenstraße das berühmte Rattenfängerhaus. Der Name ist auf eine Inschrift auf einem Holzbalken an der Seite des Gebäudes zurückzuführen, der den Auszug der Kinder aus der Stadt beschreibt. Sehenswert sind auch das prächtig verzierte Leist- und das Stiftsherrenhaus - zwei ehemalige Wohngebäude. Sie sind durch eine Brücke im 1. Stock verbunden und beherbergen das Museum der Stadt Hameln. Es beschäftigt sich unter anderem - wie könnte es anders sein - ausgiebig mit der Rattenfänger-Saga.
Glockenspiel am Hochzeitshaus
Beliebtes Ziel zu bestimmten Stunden und anschauliches Beispiel für den Baustil der Weserrenaissance ist das Hochzeitshaus am Markt. Das schlossartige Gebäude aus Sandstein mit vielen Ornamenten und Giebeln wurde Anfang des 17. Jahrhunderts als Fest- und Feierhaus der Bürgerschaft errichtet. Eine Besonderheit ist sein Glockenspiel. Täglich um 9.35 Uhr ertönt das Rattenfänger-, um 11.35 Uhr das Weserlied.
Dreimal täglich (13.05, 15.35 und 17.35 Uhr) öffnet sich außerdem eine Bronzetür und Figuren aus der Rattenfänger-Sage drehen zu einer Melodie ihre Runde. Der Name Hochzeitshaus hat übrigens nichts mit Hochzeiten zu tun, sondern leitet sich von den Worten "hohe Zeit" ab. Gemeint ist damit die Zeit des Jahres, zu der Feste gefeiert werden.
Stadtmauer wurde rekonstruiert
Von der ehemaligen Stadtmauer, die Hameln mehrere Jahrhunderte zur Festung machte, sind keine Original-Abschnitte mehr erhalten. Sie wurde auf Befehl Napoleons nach der Eroberung 1808 vollständig abgetragen. Lediglich der Haspelmath- und der Pulverturm, zwei mittelalterliche Wehrtürme, stehen noch. Zwischen den beiden Türmen wurde ein Stück Mauer in ursprünglicher Lage und Höhe nachgebaut.
Werder: Grüne Weser-Insel mitten in der Stadt
Direkt neben der historischen Pfortmühle in der Altstadt führt eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke auf das sogenannte Werder. Die kleine Weserinsel bietet nicht nur einen schönen Blick auf den Fluss und die Stadt, sondern ist mit Restaurant und Kinderspielplatz auch ein idealer Ort zum Entspannen und Ausgehen - besonders im Sommer, wenn der große Biergarten geöffnet ist. Südlich des Altstadtrings starten Ausflugsschiffe vom Anleger zu Rundfahrten auf der Weser.
Schöne Aussicht vom Hausberg Klüt
Oberhalb der Stadt liegt auf 258 Metern Höhe der Klüt. Eine Straße sowie verschiedene Wanderwege führen auf den Hausberg mit Aussichtsturm, von dem sich ein weiter Blick über Hameln und Umgebung bietet. Lohnenswert im Frühjahr ist ein Abstecher zum Naturschutzgebiet am Schweineberg (am Ortseingang Holtensen). Dort ist der Waldboden zu dieser Jahreszeit entlang einer Strecke von 1,5 Kilometern über und über mit blühenden Märzenbechern bedeckt. Diese Frühlingsblume hat weiße, glockenförmige Blüten und wird auch als großes Schneeglöckchen bezeichnet.
Ausflugsziele im Umland
Rund um Hameln gibt es ein gut ausgeschildertes Wander- und Radfahrwegenetz, das die Rattenfängerstadt mit attraktiven Ausflugszielen verbindet. Für Radfahrer besonders interessant ist der Weserradweg, der vorbei an Burgen und Schlössern durch die Heimat des Lügenbarons Münchhausen verläuft. Obwohl die Weser hier von einer märchenhaften Hügellandschaft gesäumt ist, geht es für Radler meist ohne große Mühen eben voran. Richtung Nordwesten führt der Radweg nach Rinteln (30 km) und Porta Westfalica (65 km), Richtung Süden geht es über Bodenwerder (25 km) und Bad Karlshafen (90 km) bis zum Ursprung der Weser nach Hann. Münden (136 km).
Über Hämelschenburg nach Bad Pyrmont
Empfehlenswert ist auch eine Tour durch das beschauliche Emmertal auf dem Emmer-Radweg, einer Abzweigung des Weserradweges. Er führt entlang des Flüsschens Emmer über Schloss Hämelschenburg in den traditionsreichen Kurort Bad Pyrmont. Von Hameln nach Bad Pyrmont sind es etwa 24 Kilometer.