Ein leerer Klassenraum mit moderner Ausstattung. © Tobias Senff Foto: Tobias Senff

Lehrermangel: Pläne von Ministerin Prien stoßen auf Kritik

Stand: 01.03.2023 13:15 Uhr

Die Landesregierung will mehr Lehrkräfte für Schleswig-Holstein gewinnen und langfristig gegen den größer werdenden Lehrermangel vorgehen. Von der Opposition und der Gewerkschaft gibt es Kritik am Handlungsplan.

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat am Dienstag den sogenannten Februar-Pakt des Handlungsplans Lehrkräftegewinnung vorgestellt. Es gebe dazu einen engen Austausch mit allen Beteiligten, sagte sie und betonte, dass Schleswig-Holstein eigentlich "Lehrkräftegewinnungsland" sei, denn die Studierenden- und Absolventenzahlen seien durchaus gut. Von den 22.600 Planstellen seien momentan 200 unbesetzt.

Anreize fürs Arbeiten an anderen Schulformen

Gebraucht werden vermehrt Gemeinschaftsschullehrer. Viele der angehenden Lehrer studieren allerdings auf Lehramt für Gymnasien. Deshalb plant das Land Anreize für das Arbeiten an Gemeinschaftsschulen. Außerdem würden die Lehrer, die es gibt, nicht immer da arbeiten, wo sie gebraucht werden, so Prien. Der neue Handlungsplan beginne bei der Berufsorientierung an den Schulen, umfasse alle Phasen des Studiums und beinhalte auch eine Entlastung der Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben, sagte Bildungsministerin Karin Prien.

Das Land will bereits Schülerinnen und Schüler für den späteren Lehrerberuf anwerben. Bei potentiellen Studienanfängern soll der Beratungsfokus auf Schulart und Fächerauswahl liegen. Außerdem soll für das Schuljahr 2023/24 eine Erweiterung für das Freiwillige-Soziale-Jahr-Schule um 50 Plätze geprüft werden.

Land will Übernachtungskosten während Praktika übernehmen

Während des Studiums sollen angehende Lehrkräfte besser beraten werden, an welchen Orten sie am Ende gebraucht werden und daher gute Jobchancen haben. Außerdem soll eine landesweite Praktikumsdatenbank eingeführt werden. So will das Land die regionale Verteilung von Praktikumsplätzen verbessern. Daneben sollen im Praxissemester auch Übernachtungskosten übernommen werden, aber nur, wenn sie ansonsten anfallende Reisekosten vom Wohnort zur Schule nicht übersteigen.

Interesse am Einsatz an Gemeinschaftsschulen erhöhen

Da derzeit von einem Überangebot an Gymnasiallehrern und einem Unterangebot an Gemeinschaftsschullehrern ausgegangen wird, sollen Lehrkräfte mit dem Lehramt an Gymnasien freiwillig den Vorbereitungsdienst an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe für das Lehramt an Gemeinschaftsschulen absolvieren können. Ihnen soll später die Befähigung für einen Wechsel auf ein Gymnasium erleichtert werden. Durch diese Maßnahme will Prien das Interesse an einem Einsatz an Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe erhöhen.

Sabbaticals sollen eingeschränkt werden

Und dann setzt man noch bei denen an, die bereits als Lehrkräfte arbeiten: An die in Teilzeit arbeitenden Lehrer will die Ministerin appellieren, mehr zu arbeiten als bisher. Außerdem soll die Möglichkeit eines sogenannten Sabbaticals eingedampft werden. Das soll erst nach zehn Jahren im Lehrberuf möglich werden, bisher ist es bereits nach zwei Jahren möglich. Und Sabbaticals sollen nur noch deutlich seltener möglich sein als bisher. Zusätzlich sollen ab sofort auch freiwillige Abordnungen von Gymnasiallehrkräften an Gemeinschaftsschulen möglich werden.

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Kritik von der Gewerkschaft, Lob vom Koalitionspartner

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnet viele der Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung als sinnvoll. Ihres Erachtens fehlen aber Vorschläge, um Lehrer konkret zu entlasten. Die GEW hält es allerdings für eine gute Idee, dass die Ministerin den Dialog sucht. Das müsse dann aber ein echter Dialog und keine "ministerielle Verkündigungsveranstaltung" sein, hieß es weiter. Gleichzeitig kritisiert die GEW aber, dass zu wenig getan wird, um die Arbeit an den Schulen später zu erleichtern. GEW-Geschäftsführer Bernd Schauer meint, solange das nicht attraktiv sei, werden sich junge Menschen auch nicht begeistern lassen, ein Lehramtsstudium aufzunehmen: "Die Bedingungen an den Schulen sind einfach schwierig, das muss man wirklich sehen. Sie sind in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, es hängt mit einer Veränderung der Schülerschaft zusammen, aber es hat tatsächlich auch damit zu tun, dass Lehrerinnen und Lehrer zu viele Pflichtstunden unterrichten müssen."

Vom Koalitionspartner, den Grünen, erhielt Bildungsministerin Prien Lob. "Das Maßnahmenpaket der Allianz für Lehrkräftebildung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, um die Lehrkräftebildung zeitgemäß zu gestalten", sagte der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Malte Krüger, so könne der Lehrerberuf attraktiver gemacht werden.

SPD: Prien hat Problem selbst geschaffen

Aus Reihen der SPD wurde Kritik an den Lösungen von Ministerin Prien laut. Diese seien nicht so groß wie das Problem, kritisierte SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat. Etwa jede zehnte Lehrkraft an den Schulen sei keine fertig ausgebildete Lehrkraft. Durch den Quereinstieg vom Gymnasium an die Gemeinschaftsschule löse sie ein Problem, das sie selbst verursacht habe nur zum Teil. "Es war die Ministerin Prien, die die Ausbildung von Gymnasial- und Gemeinschaftsschullehrkräften gegen den Rat vieler Fachleute wieder trennte", sagte Habersaat.

FDP: Prien doktert nur an den Symptomen rum

Kritik kam auch von der FDP. Der bildungspolitische Sprecher Christopher Vogt sagte, die Ministerin habe nur kleinere Maßnahmen angestoßen. Die seien zwar weitestgehend richtig, hätten aber schon lange umgesetzt werden können: "Die beiden großen Probleme sind doch, dass zu wenige angehende Lehrkräfte in den MINT- und den künstlerischen Fächern studieren und zu viele nach dem Studium in Kiel oder Flensburg wohnen bleiben wollen." Vogts Fazit: "Diese beiden Kernprobleme bleiben weiterhin ungelöst, da Karin Prien erst einmal nur an dem Symptomen herumdoktern will."

Jette Waldinger-Thierung vom SSW bezweifelt, dass das Ziel, guter Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler, erreicht werden kann. "Denn unter'm Strich enthält das erste Maßnahmenpaket nur wenig Neues und eine Menge Halbgares", sagte Waldinger-Thiering.

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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 01.03.2023 | 12:00 Uhr

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