Föhrer Friesisch: Wie KI jetzt beim Übersetzen hilft
Die Ferring Stiftung hat einen Online-Übersetzer für Friesisch entwickelt, den Fering Auersaater: Der kann Deutsch, Englisch - und das Föhrer Friesisch. Möglich macht das viel Engagement - und eine besondere KI.
Ein Eis im Föhr-Urlaub auf Friesisch bestellen oder die Postkarte oder Messengernachricht an die Familie mit einem Gruß auf Föhrer Friesisch (Fering) beginnen: Bis vor Kurzem war das für alle, die nicht zufällig Frisistik studiert haben nur mit Wörterbuch möglich, Wort für Wort - ziemlich aufwendig. So etwas geht jetzt einfacher: Zwei Mitarbeiter der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr (Kreis Nordfriesland) haben ein KI-gestütztes Übersetzungstool für Deutsch-Friesisch, Friesisch-Deutsch sowie Englisch-Friesisch und Friesisch-Englisch entwickelt. Es ist seit dieser Woche online: Auersaater heißt es - Übersetzer.
Zielgruppe sind auch die Nachfahren der amerikanischen Auswanderer von Föhr, erklärt Robert Kleih, Mitentwickler und Vorsitzender von der Ferring Stiftung. Aber auch Menschen ohne Vorkenntnisse sollen so ganz einfach Fering nutzen können.
"Wenn es keiner macht, dann tun wir es jetzt"

Robert Kleih ist Sprachwissenschaftler, arbeitet seit knapp zwei Jahren in der Ferring Stiftung und wohnt auf Föhr. Das, was ihm im eigenen Friesischstudium gefehlt hat, möchte er nun für andere möglich machen. Unterstützt wurde Kleih von seinem Kollegen und Projektkoordinatoren Hauke Heyen aus Hamburg. Auch er ist Sprachwissenschaftler und studierter Frisist. Als er die Idee von Robert Kleih hörte, war er sofort mit an Bord. Beide haben gemeinsam an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel studiert. Bereits dort dachten sie über erste Projekte nach, das Friesische greifbarer zu machen. Heyen war dabei besonders wichtig, der Sprachgemeinschaft etwas zurückzugeben.
"Die Frage war immer, warum gibt es das für das Friesische nicht? Die Antwort ist ganz einfach, weil es keinen gibt, der das macht und das war der Punkt, wo wir gesagt haben 'Das wollen wir jetzt ändern'." Robert Kleih, Vorsitzender der Ferring Stiftung
KI fängt an Friesisch zu imitieren
Nach all den Herausforderungen sei es vor allem schön gewesen zu sehen, dass es wirklich funktioniere, schwärmt Kleih. Die Übersetzungen waren zu Beginn noch nicht korrekt, aber die Maschine schien mitzudenken. So habe sie grammatische Regeln erkannt und angewandt, zum Beispiel hat das Programm unregelmäßige Verben teilweise regelmäßig konjugiert.
Dies führte dazu, dass schon regelrecht Vatergefühle aufkamen: "Wir fingen schon fast an, die Maschine zu vermenschlichen, weil man tatsächlich diese Sprachlernmuster nachverfolgen konnte, wie man sie auch beim menschlichen Sprachenlernen sehen kann," so Heyen. Das Modell habe versucht Friesisch zu imitieren und friesisch aussehende Wörter und Sätze erfunden, so Heyen weiter.
Technische Hilfe kam aus England
Insgesamt haben nach eigener Aussage weniger als 20 Leute an dem Übersetzungstool gearbeitet. Eine Herausforderung bei der Entwicklung war es, genügend Sprachmaterial zu sammeln. Dabei haben Sprecherinnen und Sprecher von Föhr geholfen. Sie sollten aus verschiedenen Generationen kommen, damit moderne und altmodische Begriffe gleich gut übersetzt werden können, erklärt Robert Kleih. Ähnlich wie bei der deutschen Jugendsprache hat jede Generation ihre eigenen Begriffe, die sie in dem Übersetzer auch wiederfinden sollen.

Hilfe bekamen Robert Kleih und Hauke Heyen von Entwicklern aus England. Die haben auch das Sprachmodell gefunden, das verwendet wurde: "No Language left behind" von Meta AI - der Sparte für Künstlicher Intelligenz des Konzerns hinter Facebook, WhatsApp und Instagram. Dies funktioniert ähnlich, wie beim Google Translator oder DeepL. Nur, dass "No Language left behind" eine vortrainierte Grundlage hat und für kleinere Sprachen konzipiert ist. Dabei spricht man von Sprachen mit etwa 100.000 Sprecherinnen und Sprechern. Da Fering ja noch kleiner ist, zeigten sich laut Heyen auch die Engländer begeistert, da es eine besondere Herausforderung darstellte, mit so wenig Daten zu arbeiten.
Minderheitenbeauftragter: Projekt ist "beispielgebend"
Neben der Vorfreude in der friesischen Community gibt es auch erste positive Stimmen vom Land. Johannes Callsen (CDU), der Minderheitenbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein hat das Übersetzungsprojekt als "beispielgebend" gelobt. "Es zeigt, dass hierin ganz neue Perspektiven für die Förderung des Friesischen und unserer anderen Regional- und Minderheitensprachen liegen, deren Lebendigkeit dadurch gestärkt werden kann."
Die Entwickler sind gespannt auf das Feedback der Nutzerinnen und Nutzer und wollen ihre KI weiter optimieren - und hoffen nun auf Nachahmer für die anderen Friesischen Mundarten und Sprachen.
