#Hyggepost aus Dänemark: Warum der Däne nicht aus der Hose kommt

Stand: 31.08.2024 05:00 Uhr

Unsere Autorin Simone Mischke ist nach Dänemark ausgewandert. In ihrer Kolumne "Hyggepost aus Dänemark" schreibt sie über ihren Alltag: Etwa über die Kunst der dänischen Aussprache und die Komik der Sprichwörter.

von Simone Mischke

Dass die Dänen dreifache Handballweltmeister sind, ist allgemein bekannt. Sie sind aber auch in einer weniger bekannten Disziplin weltmeisterlich: im Verschlucken von Buchstaben. Im "spise bogstaver", wie die Dänen sagen. Naja, jeder wie er will, könnte man achselzuckend meinen. Doch eben diese Vorliebe der Dänen ist es, die auch engagierte Sprachlernwillige manchmal an den Rand des Wahnsinns treiben kann.

Deutsch, ein bisschen Englisch, ein bisschen Platt

Wie mein lieber dänischer Moderationskollege Anders Køpke Christensen gerne sagt: Dänisch ist eine zusammengeklaute Sprache aus Deutsch und Englisch, garniert mit einer Prise Französisch. Und ein bisschen Platt. Sprachwissenschaftler würden es natürlich anders formulieren. In meiner ersten Zeit in Dänemark dachte ich jedenfalls: Super, das kann ja so schwer nicht sein. Zumal ich schon mal Dänisch-Unterricht hatte (die Probleme mit der Aussprache hatte ich aber zwischenzeitlich verdrängt). Und beim Blättern durch Zeitungen oder Online-Artikel durchaus einiges verstanden habe.

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Rote Grütze mit heißer Kartoffel

Doch da ist es dann wieder, das Problem der Vorliebe der Dänen fürs Buchstaben essen. Dadurch weicht die Aussprache teils doch sehr deutlich vom Geschriebenen ab. Wenn ihr einem Dänen mitteilen wollt, dass ihr bald zurück - tilbage - seid. Verstehen wird er euch nur dann, wenn ihr das wie "tbey" ausprecht. "Rødgrød med fløde" bestellen? Davon bleibt in etwa ein gemurmeltes "rögrömeflö". Und dann ist da ja noch der Dialekt "Sonderjysk" in Südjütland: Für mich selbst nach fast vier Jahren Dänemark immer noch schwer zu verstehen - geschweige denn zu sprechen.

Apropos sprechen: Für die Aussprache raten selbst ernannte Sprachexperten gern, sich eine heiße Kartoffel im Mund vorzustellen. Unser dänischer Tierarzt hat auch einen Vorschlag: "Dänisch sprecht ihr am besten, wenn ihr dun seid!" Mehr Alkohol für eine bessere Aussprache? Nej, tak. Dann doch lieber rote Grütze mit heißer Kartoffel. Echte Sprachexperten werden sagen - in anderen Sprachen sind Schrift und Aussprache auch zweierlei! Das stimmt. Aber mir fällt eben dieser Unterschied im Dänischen besonders stark auf.

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Dänischer Pragmatismus: Nicht beim Schreiben

Nun sind die Dänen ja bekannt für ihren Pragmatismus. "Warum lasst ihr denn die stummen Buchstaben beim Schreiben nicht gleich weg?", frage ich meinen Kollegen Anders. "Naja, wir wollen es euch Deutschen ja nicht zu einfach machen", sagt er und grinst fröhlich. Auf der Suche nach einer besseren Erklärung klopfe ich bei meinem Nachbarn an die Tür. Genau - der Mann namens Ove. Der erklärt mir gerne die dänischen Besonderheiten im Allgemeinen und die der Sprache im Besonderen. "Manche Konsonanten, die man im Alt-Dänischen noch gesprochen hat, werden jetzt nicht mehr mitgesprochen. Man schreibt sie aber trotzdem noch", erklärt Ove. Etwa das "h" vor hvid (weiß), bei land (Land) und fuld (voll) wird das "d" verschluckt. Warum der dänische Pragmatismus ausgerechnet beim Schreiben versagt - darauf habe ich bislang keine Antwort gefunden.

Warum es manchmal Gurke geht und der Däne nicht aus der Hose kommt

So sehr die Sprache einen manchmal auf die Probe stellt: Sie gibt auch der Komik viel Raum. Mein Kollege Anders und ich amüsieren uns auf den gemeinsamen Fahrten zum Dreh zu unserer deutsch-dänischen Sendung "grænzenlos" regelmäßig über Wortspiele aus dem jeweils anderen Land. Ich "fresse einen Besen" und bin gerne da, "wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen". Mein Kollege indes speist lieber "en gammle hat", einen alten Hut, und ist lieber nicht da, "hvor kragerne vender", wo die Krähen wenden. Manch ein Däne kommt morgens schlecht in Gang: "ud af bukser" - wörtlich übersetzt: aus der Hose. Geht etwas schief, geht es in Dänemark "helt agurk", völlig Gurke. Wer ein Nickerchen macht, schnappt sich einen Opa: "jeg snupper en morfar".

Man kann also auch viel Spaß mit der dänischen Sprache haben. Und ob ihr es glaubt oder nicht - mit der Zeit gewöhnt man sich auch ans Buchstaben essen. Oder vielmehr daran, trotzdem zu verstehen, was die Dänen von einem wollen. Und wenn es mal "helt agurk" geht, keine Panik: Die zumeist entspannten Dänen begegnen jedem freundlich, der zumindest versucht, ihre eigenwillige Sprache zu lernen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 02.09.2024 | 19:15 Uhr

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