#Hyggepost aus Dänemark: König Frederiks Neujahrsansprache
Unsere Kolumnistin lebt in Dänemark und schreibt über ihren Alltag. Dieses Mal über die von den Dänen heiß ersehnte erste Neujahrsansprache von König Frederik X. und die Frage, was einen großen Redner ausmacht.
Das vergangene Jahr war für die Dänen in zweifacher Hinsicht historisch. Zum einen, weil Königin Margrethe II. in ihrer Neujahrsansprache im Dezember 2023 nach 52 Jahren ihren Rücktritt ankündigte. Eine Abdankung - das hatte es in der dänischen Monarchie seit 900 Jahren nicht gegeben. Zum anderen war es nun am 31. Dezember 2024 zum ersten Mal die Aufgabe des neuen Königs Frederik X., die Neujahrsansprache zu halten, die traditionell live im dänischen Fernsehen gezeigt wird.
Neujahrsansprache schon lange Thema
Was wird der neue König sagen? Wen wird er erwähnen? Das war auch Thema am Küchentisch meines Nachbarn - dem Mann namens Ove. Er hatte meinen Mann und mich am 23. Dezember spontan zum Probeessen des Weihnachtsdesserts eingeladen. "Ein großer Redner ist er ja nicht", findet Ove. "Ob er den Krieg in der Ukraine erwähnt?", fragt sich Jonna, seine Frau. "Er muss doch neutral sein!", mutmaßt ein anderer Nachbar. "Und ich bin gespannt, ob er von Gott spricht!", sagt Ove. Das hatte zumindest seine Mutter getan, die ihre Neujahrsrede stets mit "Gud bevare Danmark" - Gott beschütze Dänemark - abgeschlossen hatte.
Mit Champagner zur Traumquote
Die Neujahrsrede des Monarchen bewegt die Dänen. Jedes Jahr am 31. Dezember sind die Straßen um 18 Uhr wie leergefegt. Dann beginnt die Live-Übertragung der Neujahrsrede des Monarchen - die letzten 52 Jahre von Königin Margrethe II. Sie erzielt Traumquoten: Es ist üblich, sich mit einem Glas Champagner und kleinen Snacks vor den Fernseher zu setzen und der Rede zu lauschen. Davon kann der Bundeskanzler nur träumen. Aber das ist ein anderes Thema.
Gut gekleidet und nervös
Punkt 18 beginnt die Live-Übertragung aus Schloss Christiansborg in Kopenhagen: Der König betritt den Raum. Dunkler Dreiteiler, weißes Hemd, beigefarbene Krawatte. Nimmt Platz an einem antiken Schreibtisch. Setzt seine Brille auf. In der Hand hält er einige Karten, auf denen seine Rede abgedruckt ist. König Frederik wirkt nervös und sagt das in seiner Rede auch. "Wie kann jemand anderes als Königin Margrethe die Neujahrsansprache halten?" Allein der Einstieg und seine Nervosität machen den König menschlich.
Zusammenhalt, Mitmenschlichkeit, Vertrauen
Was bleibt vom alten Jahr? Was nimmt man mit? Diese Fragen beantwortete der König mit seinen eigenen Erlebnissen. Er nehme zum Beispiel den 14. Januar 2024 mit. Der Tag, an dem er zu König Frederik X. wurde. Die Unterstützung und die Liebe seines Volkes, die er und seine Familie an dem Tag erlebten: "Das nehmen wir mit. Für immer. Tausend Dank." Zusammenhalt, Mitmenschlichkeit, Vertrauen. Das waren die Hauptthemen in der Rede des Königs. In dem Zusammenhang bedankte er sich bei allen Dänen, die sich ehrenamtlich engagierten - dies sei ein Beispiel für Mitmenschlichkeit.
Auf die großen Themen wie die Kriege in der Welt - und dass sich Krisen nur gemeinsam lösen lassen - blickte der König ebenso wie auf die dänische Minderheit in Südschleswig. Die Menschen dort fühlten sich dem dänischen Königreich ebenso verpflichtet wie die Menschen in Grönland - auch außerhalb des Reiches.
König Frederik - (k)ein großer Redner?
Das "Flügge werden" der jungen Menschen nach dem Abitur - auch sein Sohn Christian machte vergangenes Jahr das Abitur. Dinge, die man zum ersten und zum letzten Mal tut und alles, was dazwischen liegt - nämlich der Alltag, den auch eine Königsfamilie lebt: alles Themen in der Neujahrsansprache. Themen, die den König nahbar machten. Er sei dankbar für seinen Alltag mit Königin Mary, seinen vier Kindern und den beiden Hunden. "Ihr (die Dänen) könnt stolz auf euren König sein!", ist in den Kommentarspalten sozialer Netze mehrfach zu lesen.
Und dieser König soll kein großer Redner sein? Er hat eine Botschaft. Und damit gelingt es ihm offenbar, die Herzen der Menschen zu erreichen und zu öffnen. Was mehr kann sich ein Redner wünschen, oder kann man sich von einem Redner wünschen?