#Hyggepost aus Dänemark: Entschleunigen? Auf der Straße staatlich verordnet
Unsere Kolumnistin Simone Mischke lebt in Dänemark. In ihrer Kolumne "Hyggepost aus Dänemark" schreibt sie über ihren Alltag. Diese Woche darüber, wie Tempolimits nicht nur auf der Straße ein ganzes Land und seine Besucherinnen und Besucher entschleunigen können.
Kennt ihr das auch? Kaum habt ihr die Grenze nach Dänemark überwunden, zieht die Landschaft auf dem Weg ins hyggelige Sommerhaus gefühlt langsamer an euch vorbei. Hach, in Dänemark ticken die Uhren langsamer, seufzt ihr erleichert. Ich freue mich ja darüber, dass mein neues Heimatland offenbar diesen Effekt hat. An langsamer tickenden Uhren dürfte der allerdings nicht festzumachen sein. Vielmehr an der staatlich verordneten Entschleunigung.
50, 80, 130 ist die Glücksformel
Sicher sind euch auch schon mal die großen Schilder bei einigen Grenzübergängen aufgefallen. 50, 80, 130 ist da zu lesen. Das sind die jeweiligen Tempolimits: So schnell, beziehungsweise langsam, dürft ihr jeweils in Orten, auf Landstraßen oder auf Autobahnen fahren. Ausnahmen bestätigen die Regel. Mal wird man auf 70 km/h runtergebremst, mal auf 40 km/h. Und wer mit 80 durch die Landschaft cruist, auf den wirkt auch die wunderbare skandinavische Natur ganz anders. In Dänemark sind diese Schilder weit mehr als eine freundliche Empfehlung. Wer sie ignoriert, wird viel Geld los - und landet unter Umständen sogar hinter schwedischen Gardinen.
Tempo-Pause für die Protz-Boliden (und alle anderen)
Ja, das ist vermutlich eine nicht ganz so gute Nachricht für alle Liebhaberinnen (und Liebhaber) der PS-starken Protz-SUVs, die gern mal allen zeigen wollen, wie laut der teuer finanzierte 8-Zylinder-Motor brüllt und was der geschwindigkeitstechnisch so drauf hat (nein, ich bin nicht neidisch!). Aber auch die Dänen lassen gerne mal den Akku ihres (noch) staatlich geförderten E-Autos glühen - vermutlich die mit einem Radarwarner im Auto. Doch es gibt gute Gründe nicht nur im Urlaub in Dänemark den rechten Fuß zu entspannen: Sich selbst und andere nicht zu gefährden an erster Stelle. Außerdem wird es für Raser schon bei vergleichsweise geringen Temposünden teuer. Wer so richtig aufs Gaspedal drückt, ist im Zweifel sogar das Auto los.
200 Euro und mehr für Temposünder
Ich erinnere mich gut an meinen ersten (und bislang einzigen) Strafzettel, den ich für zu schnelles Fahren kassiert habe: Knapp 200 Euro für ca. 20 km/h über dem Tempolimit. Puh! Für das Geld kann man viele Hotdogs essen. Seitdem kostet es mich sehr viel Konzentration, den Tacho im Auge zu behalten. Gleichwohl ist das langsame Fahren deutlich entspannter, als mit zusammen gekniffenen Augenbrauen über Landstraßen und Autobahnen zu hetzen - und deutlich günstiger fürs Portemonnaie. Ab 50 km/h zuviel werden ab 500 Euro fällig. Überschreitet man das Tempolimit um 100 km/h oder mehr, kann die dänische Polizei sogar das Auto beschlagnahmen - und der Fahrer landet unter Umständen für 20 Tage im Knast.
Wer entschleunigt, hat mehr vom Leben - und im Portemonnaie
Und das beschlagnahmte Gefährt, das wird öffentlich versteigert. Das Geld kassiert der dänische Staat, erklärt mir mein Nachbar - ein Mann namens Ove. Sein dunkelmetallicblauer E-SUV deutschen Fabrikats glänzt in der Morgensonne. "Warum hast du eigentlich so ein schnelles Auto? In Dänemark darfst du ja nie richtig Gas geben", frage ich ihn. "Aber wir machen ja auch Urlaub!", erklärt Ove. Besonders gern fährt er über deutsche Autobahnen. "Aber nicht schneller als 150 km/h", sagt er und lacht.
Wer also in Dänemark die staatliche Aufforderung zur Entschleunigung annimmt, hat mehr vom Leben: mehr Geld sowieso, aber auch das schöne Gefühl, dass in Dänemark die Uhren langsamer ticken.