Hackathon: Kieler Kinder gestalten ihre "Schule der Zukunft"
Die eigene Schule verändern - aber wie und mit wem? In einem dreitägigen Schulhackathon an der Kieler Gorch-Fock-Schule haben Kinder Ideen zur Zukunft des Lernens entwickelt.
Auf dem Boden des Klassenzimmers liegen Stoffreste, leere Eierkartons, Scheren und Pappen. Drumherum eiliges Gewusel, aufgeregte Kinderstimmen. In der Luft liegt Begeisterung. Wir befinden uns in einem Klassenzimmer der Gorch-Fock-Schule in Kiel und zwar mittendrin in einem "Schulhackathon". Vom 29. bis 31. März ist hier Ausnahmezustand: Die Kinder der Klassen eins bis vier, und zwar ausnahmslos alle Kinder, auch die aus den Integrations- und DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache), haben von ihrer Schulleitung das Zepter überreicht bekommen. Sie dürfen in diesen drei Projekttagen nichts Geringeres machen, als daran zu tüfteln, wie ihre "Schule der Zukunft" aussehen soll.
"Superpraktische, elektrische Ohrensessel"
Mit konzentriertem Blick begutachtet Linus die auf dem Tisch vor ihm liegende Bastelei. Zusammen mit seinem Sitznachbarn Emilian hat der Neunjährige die vergangenen Stunden damit verbracht, seine am Vortag überlegten Ideen umzusetzen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. "Wir haben hier eine Reihe an superpraktischen, elektrischen Ohrensesseln reingebaut, in denen man, von Außengeräuschen geschützt, lernen kann", sagt er. Der Fantasie der Kinder wurden keine Grenzen gesetzt - und so steht nun vor den beiden Jungen ein Klassenzimmer aus Pappe, in dem es Rückzugsnischen gibt, einen Gesprächskreis, eine interaktive Tafel und andere technische Gimmicks, die der Fantasie der Kinder entstammen: Ein Klassenzimmer der Zukunft.
Schulkinder werden nach ihrer Meinung gefragt
"Das Wichtigste für uns ist es, die Kinder selbst in die Gestaltung ihrer schulischen Zukunft einzubinden", sagt Thomas Schmidt. "Wie sieht eine ganzheitliche digitale Transformation in den Augen der Kinder aus, was wünschen sie sich eigentlich?" Schmidt ist Geschäftsführer der Berliner Firma "Helliwood media & education" und begleitet die Schule bei der Umsetzung des "Hackathons". Sein interdisziplinäres Team hatte 2019 im Zuge des DigitalPakt Schule, die Idee der "digitalen Schultransformation", kurz "Schultransform" entwickelt. Schmidt ist stolz: "So etwas gab es in dieser Form noch nie."
Das Thema Digitalisierung spielerisch neu denken
Für die Klassenlehrerin Kathleen Hermann ist die Aktion schon am zweiten Projekttag ein voller Erfolg: "Mich begeistert der Ideenreichtum der Kinder", sagt sie. Als Klassenlehrerin einer dritten Klasse befürwortet Hermann die Grundidee des Schulhackathons. "Dass unsere Schulen digitaler werden sollen, ist mittlerweile in unseren Lehrplänen fest verankert", sagt sie. "Wie gut also, bei diesem Prozess auch die Kinder mit einzubinden." Viele der Grundschülerinnen und -schüler hätten zuhause schon längst eigene Smartphones und Tablets. Aufgabe der Schule sei es, da auch Mediensensibilisierung zu schaffen und spielerisch das Thema Digitalisierung anzugehen. Der Kreativmarathon während der Projekttage? "Optimal!", so Hermann.
Nur zwei Schulen aus SH dabei
Im Juli stellen Thomas Schmidt und sein Team die Ergebnisse der "Schulhackathons" dem Bildungsministerium vor. Insgesamt wurden bundesweit elf Schulen ausgewählt, aus Schleswig-Holstein neben der Gorch-Fock-Schule noch die Herderschule aus Rendsburg. Wie viele der kreativen Ideen und gebastelten Prototypen - wie das interaktive Klassenzimmer von Linus und Emilian - von der Schulleitung der Gorch-Fock-Schule letztlich in die Realität umgesetzt werden, ist noch unklar. Was aber schon feststeht ist eines: Der "Schulhackathon" hat eine ganze Grundschule mit all ihren Schülerinnen und Schülern enger zusammengebracht und den Kindern das Gefühl gegeben: Eure Meinung ist uns wichtig, wir hören euch zu!