Blick auf die Baustelle für das geplante Containerdorf in Upahl. Die Unterkunft für 400 Flüchtlinge im 500-Einwohner-Dorf darf vorerst nicht gebaut werden. © dpa Foto: Frank Hormann

Streit um Upahl: Landrat wirft Innenministerium Fehler vor

Stand: 08.03.2023 11:20 Uhr

Im Streit über die geplante Flüchtlingsunterkunft in Upahl wirft Landrat Tino Schomann (CDU) dem Innenministerium Fehler vor. Der Landkreis Nordwestmecklenburg habe nach einer falschen Richtlinie des Ministeriums gearbeitet.

Schomann zufolge wären drei Monate Zeit gewesen, den Bauantrag für die Flüchtlingsunterkunft in Upahl einzureichen. Das gehe aus einem Hinweispapier von Regierungsebene hervor. Die Gültigkeit dieser Richtlinie sei dem Kreis zuletzt am 27. Januar 2023 durch das Innenministerium noch einmal bestätigt worden. "Das Innenministerium als Fachaufsicht und obere Bauaufsichtsbehörde des Landes hat uns damit Handlungsrichtlinien gegeben, die wir als untere Baubehörde natürlich aufgreifen und danach verfahren."

Innenministerium: Neubau bedarf Baugenehmigung

Vom Innenministerium gibt es hierfür keine Rückendeckung. Es sei klar, dass der Neubau einer Unterkunft einer Baugenehmigung bedürfe, teilte das Ministerium am Dienstag mit. Mit dieser Begründung hatte das Verwaltungsgericht Schwerin am vergangenen Freitag den bereits begonnenen Bau der Container-Unterkunft in einer Eilentscheidung gestoppt. Geklagt hatte die Gemeinde Upahl, weil sie nicht beteiligt worden sei.

Weitere Informationen
Das Ortseingangsschild von Upahl. © dpa Foto: Bernd Wüstneck

Baustopp in Upahl: Rückschlag oder Chance?

Der Landkreis kritisiert die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, der Flüchtlingsrat MV sieht in der Situation eine Chance. mehr

Drei-Monate-Regel nur für bestehende Gebäude?

Innenminister Christian Pegel (SPD) zufolge hätte das Bauamt wissen müssen, dass die Richtlinie in diesem Fall - also für das Containerdorf in Upahl - nicht anwendbar ist. Laut Innenministerium betrifft die angesprochene Duldung einer Unterkunft ohne Baugenehmigung für drei Monate nur Unterkünfte in bestehenden Gebäuden. Im Hinweisschreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es wörtlich:

"Vorübergehende Unterbringung/Duldung. Ist aufgrund der Notwendigkeit einer zeitnahen Unterbringung die Durchführung eines erforderlichen Baugenehmigungsverfahrens vor Nutzungsaufnahme nicht möglich oder ist in Gebäuden nur eine vorübergehende Unterbringung vorgesehen, so kann die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in dafür nicht genehmigten Gebäuden vorübergehend, d.h. in der Regel für nicht mehr als drei Monate, dulden."

Landrat: Verwaltungsgericht widerspricht Hinweispapier

Der Landrat äußerte die Auffassung, das Verwaltungsgericht in Schwerin habe diesem Hinweispapier klar widersprochen. Horst Krumpen, Vorsitzender der Linksfraktion im Kreistag, sieht das Versäumnis dagegen beim Landkreis Nordwestmecklenburg. Ihm zufolge hätte es der Kreisverwaltung auffallen müssen, dass die Richtlinie falsch angewandt worden ist.

Von der CDU kommt Kritik an Innenminister Pegel: "Es ist Herrn Pegels Masche, Verantwortung weit von sich zu schieben", so CDU-Generalsekretär Daniel Peters am Mittwoch. Der Innenminister sei dafür verantwortlich, dass Abschiebungen in MV schleppend liefen. "Dass er jetzt allerdings versucht, die Verantwortung für den Baustopp in Upahl beim Landkreis abzuladen, ist einfach nur frech", erklärte er weiter.

Suche nach Alternativen

Der Gerichtsbeschluss habe Schomann zufolge weitreichende Auswirkungen für alle, die Gemeinschaftsunterkünfte schaffen müssten - nicht nur in Nordwestmecklenburg. Das Ministerium teilt diese Sorge nicht. Ob der Landkreis gegen die Gerichtsentscheidung vom Schweriner Verwaltungsgericht vorgehen wird, hat er eigenen Angaben zufolge noch nicht entschieden. Zusammen mit den Bürgermeistern der Region sucht Schomann derzeit weiter nach Alternativen. Außerdem möchte er sich zu den strittigen Punkten noch einmal mit dem Innenministerium zusammensetzen.

Weitere Informationen
Auf einer Baustelle in Upahl sind Aufstellmöglichkeiten für Wohncontainer vorbereitet worden. © NDR Foto: Screenshot

Verwaltungsgericht stoppt Bauarbeiten für Flüchtlingsdorf in Upahl

Laut Gericht muss Upahl der Baugenehmigung zustimmen. Der Landkreis fürchtet nun, Sporthallen für Flüchtlinge nutzen zu müssen. mehr

Grevesmühlen: Vor der Malzfabrik Grevesmühlen protestieren Teilnehmer einer Demonstration während einer Sitzung des Kreistages Nordwestmecklenburg gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in Upahl. © Thomas Häntzschel/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Thomas Häntzschel/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Grevesmühlen: Kreistag tagt erneut mit Protesten

Vor dem Sitzungsgebäude hatten laut Polizei bis zu 550 Menschen demonstriert. Der Protest verlief friedlich und ohne Zwischenfälle. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 08.03.2023 | 08:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Die Statue Justitia ist im Amtsgericht Hannover zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Peter Steffen

Dutzende Klagen gegen Zensus in MV: Gemeinden befürchten Einbußen

Weil sie auf Basis der Zensus-Ergebnisse weniger Zuwendungen bekommen könnten, ziehen zahlreiche Gemeinden dagegen vor Gericht. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern