Post-Vac, Hass, Long Covid: Wie Corona das Schicksal einer Familie wird

Stand: 15.03.2025 06:00 Uhr

Sie wollten mit der Corona-Impfung das Richtige tun, nach der dritten Spritze erkrankt der Sohn schwer. Die Mutter infiziert sich trotz Impfung, ihr Leben endet mit schwersten Long-Covid-Symptomen. Post-Vac, Hass im Netz und Long Covid werden das Schicksal einer Familie, das selbst mit dem Tod nicht endet.

von Anne Gänsicke

Peter möchte seinen Nachnamen und Wohnort nicht preisgeben. Es gibt einen Grund dafür. Er will seinen heute 22-jährigen Sohn schützen. Deshalb nennt er von ihm weder Vor- noch Nachnamen. Der Grund ist Hate speech - Hassrede im Netz. Alles begann, als der Sohn im Sommer 2022 öffentlich über seinen anerkannten Impfschaden spricht. Mediziner zweifeln: "Das kann gar nicht sein. Impfschäden gibt es nicht." Das Gegenlager: "Selbst Schuld. Wenn du dich hast spritzen lassen." Sogar der Tod wird ihm gewünscht.

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Sie wollten mit der Impfung das richtige tun

Weil die Tochter chronisch krank ist, entscheidet sich die vierköpfige Familie für die Corona-Impfung. Nach der dritten Impfung geht es dem Sohn sehr schnell sehr schlecht. Der Notarzt ruft Verstärkung, am Ende ringt eine ganze Handvoll Mediziner um das Leben des jungen Mannes, erinnert sich Peter. Nur knapp überlebt er diese Nacht. Sein Leben als Triathlet ist Geschichte. Lange Monate liegt er krank und völlig erschöpft im dunklen Zimmer, die Eltern suchen überall nach Hilfe. Doch niemand kennt sich aus mit diesen heimtückischen Schäden. Also selbst forschen, ausprobieren und bezahlen, Hauptsache irgendwas hilft. Zwar bekommt der Sohn seinen Impfschaden amtlich anerkannt, mit finanzieller Unterstützung ist das aber nicht verbunden, berichtet Peter. Er muss das Studium abbrechen, an Sport ist nicht mehr zu denken, das vernarbte Herzmuskelgewebe ist irreparabel.

Nach langem Kampf langsam Licht...

In winzigen mühsamen Schritten kämpft sich der junge Mann in sein Leben zurück. Die unbeschwerte Jugend ist vorbei. Mit großer Kenntnis seines Körpers wird er künftig abwägen müssen, was er sich zumuten kann und was nicht. Seine Bilanz fällt nüchtern aus: "Nebenwirkungsfrei haben sie gesagt. Dann sollen sie diesen Fehler zugeben und dafür gerade stehen." Immerhin lebt er sein Leben jetzt ohne soziale Medien. Die hat er gelöscht. "Das kann ich jedem empfehlen." Doch zu diesem Zeitpunkt geht es für die Familie nicht bergauf.

… doch dann wieder tiefste Nacht

Mutter Anja steckt sich bei ihrem Mann, der selbst nur milde Symptome hat, mit Corona an. Trotz dreifacher Impfung wird sie schwer krank - richtig schwer. Die Diagnose lautet Long Covid. Wieder kennen die Ärzte sich mit diesem multiplen Krankheitsbild nicht aus. Von Behandlung zu Behandlung verschlechtert sich Anjas Gesundheitszustand rapide, so Peter. Aus der gesunden, lebensfrohen Mutter, Sportlerin und Physiotherapeutin wird binnen weniger Monate ein bettlägeriger Pflegefall. Die zerreißenden Kopfschmerzen Tag und Nacht sind das schlimmste, aber bald kommt sie auch keine Treppe mehr hoch, hat Krämpfe und etliche Symptome im ganzen Körper, nimmt bergeweise Medikamente. Nichts hilft. Als Anja nicht mehr kann und will, beendet sie mit letzter Kraft ihr Leben.

Patienteninitiative "Nichtgenesen"

Peter hat sich entschlossen, seine Familiengeschichte öffentlich zu machen. "Wenn nur einem einzigen derer, die mit Post Vac oder Post Covid, in dunklen Zimmern liegen, geholfen werden könnte, dann hätte es sich schon gelohnt, dass ich erzähle, was los ist. Es sind so viele und sie haben keine Stimme, weil sie zu schwach sind." Deshalb unterstützt Peter das ehrenamtliche Netzwerk "Nichtgenesen", welches Betroffene ins Leben gerufen haben.

Er selbst hält sich im wahrsten Sinne über Wasser. Geht täglich schwimmen, will in diesem Jahr an der Weltmeisterschaft im Freiwasserschwimmen teilnehmen. "Ich war schon immer ein zuversichtlicher Mensch. Ich muss und will auch für Anja weiter machen." Die Frau, die dich mal kriegt, hat Glück, hat sie zu ihm am Ende gesagt.

Weit weg, doch etwas bleibt

Ihr Sohn hat sich entschieden, in ein anderes Land auszuwandern. Dorthin, "wo man mich nicht kennt. Wo mein Leben ein unbeschriebenes Blatt Papier ist." Das kranke Herz wird bleiben. Und Hitze und Kälte dazugehören. Denn beides hilft gegen das fiese Kribbeln, das unter seiner Haut immer und tagtäglich brennt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 16.03.2025 | 19:30 Uhr

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Coronavirus

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