Finanzminister gegen "Cicero": Geues leere Drohung
Das Magazin "Cicero" hatte Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD) mehrfach der Lüge bezichtigt. Der Politiker erklärte vorige Woche, dagegen presserechtlich vorgehen zu wollen. Doch jetzt macht das Ministerium einen Rückzieher.
Am 1. März ging beim Herausgeber des Magazins "Cicero" ein Schreiben der Anwaltskanzlei des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern ein. Die eingeräumte Frist für die Antwort war kurz, ausgesprochen kurz, bereits am Folgetag sollte das Magazin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben. Es ging um einen Artikel, der am 27. Februar veröffentlicht wurde unter dem Titel "Kamin-Gate - Heiko Geues Doppellüge".
Darin warf der "Cicero"-Autor dem Minister vor, im Zusammenhang mit verschwundenen Akten der Steuerverwaltung dem Landtag und der Öffentlichkeit die Unwahrheit gesagt zu haben. So hieß es in dem Artikel unter anderem, dass "Heiko Geue (…) das Schweriner Parlament zwei Mal angelogen" habe und weiter: "Vergangene Woche log Geues Ministerium ein zweites Mal, nämlich in Hinsicht auf die erste Lüge." Harsche Vorwürfe, die sich kein Politiker so einfach gefallen lassen würde.
Warnschuss oder Luftnummer?
Im Landtag verkündete Finanzminister Heiko Geue dann auch am 21. März, sein Haus gehe presserechtlich gegen den "Cicero" vor. Gegenüber dem NDR sagte der Sozialdemokrat einen Tag später, er könne sich wegen des "laufenden Verfahrens" nicht näher dazu äußern. Doch jetzt kommen Zweifel auf: Gab es zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch ein "laufendes Verfahren"? Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ist ein Vertrag, in dem sich jemand bei Versprechen einer Vertragsstrafe verpflichtet, ein bestimmtes Handeln künftig zu unterlassen.
In insgesamt sieben Punkten wollte das Finanzministerium in Schwerin den "Cicero" dazu bringen, bestimmte Formulierungen aus dem Artikel "Heiko Geues Doppellüge" nicht wieder zu verwenden. Doch am 2. März lehnte der "Cicero" das in sechs von sieben Punkten rundweg ab. Die Geschichte hätte danach theoretisch vor Gericht gehen und dort geklärt werden können. Doch nach der Verweigerung der Unterlassungserklärung durch das Magazin passierte dann: gar nichts.
"Cicero"-Chef bleibt gelassen
Der NDR fragte am Mittwoch dieser Woche, also am 29. März, beim Finanzministerium nach, ob denn noch irgendwelche rechtlichen Schritte gegen das Magazin geplant seien. Laut Pressestelle ist das aktuell nicht der Fall. "Das Ministerium geht davon aus, dass der Cicero den Warnschuss verstanden hat und dies bei der zukünftigen Berichterstattung entsprechend berücksichtigt", heißt es weiter.
Wir baten daraufhin den Herausgeber und Chefredakteur des Magazins, Alexander Marguier, um eine Stellungnahme dazu - hat er den Warnschuss denn gehört? "Ich sehe das Ganze gelassen", so der "Cicero"-Chef, "und mancher Warnschuss geht schon mal nach hinten los".
Ministerium bleibt Antwort schuldig
In einem Punkt blieb das Finanzministerium eine Antwort auf die Fragen des NDR schuldig: Warum sprach Finanzminister Geue noch am 22. März von einem "laufenden Verfahren" gegen den "Cicero"? War noch keine Entscheidung über das weitere rechtliche Vorgehen gefallen? Oder war der Minister nicht über den Stand der Dinge informiert? Oder gab es noch einen anderen Grund für Geues Behauptung? Tatsache ist: Der Vorwurf der Lüge belastet seine Glaubwürdigkeit auf dem politischen Parkett schwer - nicht nur in Schwerin. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor hat Geue bei einer Debatte im Bundestag als "Schwesigs lügenden Finanzminister" bezeichnet.
CDU fordert Geues Rücktritt
Wie Amthor dem NDR bestätigte, hat es aber keinen Versuch des Finanzministeriums MV gegeben, dagegen rechtlich vorzugehen. "Der 'Cicero' scheint ins Schwarze getroffen zu haben", so Amthor. Der ganze Vorgang sei ein weiterer Beleg dafür, dass sich Manuela Schwesigs Kabinett im politischen Überlebenskampf völlig verheddert habe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Sebastian Ehlers, forderte die Ministerpräsidentin dazu auf, ihren Finanzminister zu entlassen. Erst wolle Heiko Geue den "Cicero" vor Gericht zerren, dann lege er eine Vollbremsung hin und wolle nichts mehr davon wissen. "Der Finanzminister ist offensichtlich nicht mehr Herr der Lage", so Ehlers. Wer die Öffentlichkeit belüge, sei als Minister nicht mehr tragbar.