Digitalisierung MV: Brandbrief beklagt Mängel bei der IT-Sicherheit
Eines der wichtigsten Vorhaben der rot-roten Koalition - die Digitalisierung der Landesverwaltung - steckt offenbar tiefer in der Krise als bisher bekannt. Die Mitarbeitervertreter der zentralen Digitalbehörde (ZDMV) haben Innenminister Pegel in einem Brandbrief jetzt auf Mängel bei der IT-Sicherheit hingewiesen.
Das Schreiben des Hauptpersonalrats an Innenminister Christian Pegel (SPD) liest sich wie ein Frontalangriff auf die Digitalpolitik der Landesregierung: Momentan gebe es für die Sicherheit der Landes-IT bei Störungsfällen nur einen Mitarbeiter. Das müsse angesichts der Cyber-Angriffe wie zuletzt auf die IT-Infrastruktur im Landkreis Ludwigslust-Parchim "die Alarmglocken klingeln lassen". Das Finanzministerium habe drei weitere Stellen nur bis Ende des Jahres genehmigt. Auf diese befristeten Stellen werde sich aber keine IT-Fachkraft bewerben, heißt es in dem Schreiben, das dem NDR vorliegt.
Befindlichkeiten "vieler kleiner Könige"
Die oberste Mitarbeitervertretung beklagt außerdem Personallücken bei einem neuen landesweiten PC-Projekt für die Verwaltung, dem sogenannten vITA. Diese einheitlichen Rechner könnten nicht ordentlich ausgerollt werden, weil auch hier das Finanzministerium dauerhafte Stellenbesetzungen blockiere. Der Hauptpersonalrat beklagt ganz allgemein den Umgang der Regierung mit der Digitalisierung der Landesverwaltung. Vor 2022 seien Versuche, die IT-Struktur zu vereinheitlichen, immer wieder "an den Befindlichkeiten der vielen kleinen Könige in den Ressorts gescheitert".
Dauerkritik an der Digitalbehörde
Abhilfe sollte das 2023 gegründete Zentrum für Digitalisierung (ZDMV) schaffen. Die Digitalbehörde sollte den IT-Betrieb in den Ministerien und Landesbehörden zentral organisieren - nicht jedes Ministerium sollte in Sachen Digitalisierung sein eigenes Süppchen kochen. Die mehr als zweijährige Arbeit des ZDMV war immer wieder von Kritik begleitet. Der Landesrechnungshof hielt die Behörde zuletzt für nicht arbeitsfähig. Ein interner Brief eines IT-Experten aus einer Behörde, die an das ZDMV angegliedert wurde, beklagte schlechter werdende IT-Qualität der Arbeitsabläufe. Die Opposition im Landtag verwies auf Defizite des ZDMV, zuletzt am vergangenen Donnerstag im Innenausschuss.
Mitarbeiter mit "Herzblut" dabei
Der Hauptpersonalrat wehrt sich dagegen, dass das ZDMV und seine Mitarbeiter quasi als Prügelknaben herhalten sollen. Die Behörde sei 2023 "zum Nulltarif" geschaffen worden, fast ohne zusätzliche Stellen, vor allem nicht an der Behördenspitze. Das ist in den Augen der Mitarbeitervertretung eine Art Geburtsfehler. Direkt an Pegel gerichtet heißt es: "Wir denken sehr wohl, dass Ihnen der Ernst der Lage und die Fehler bekannt sind."
An den Mitarbeitern würde es nicht liegen, die seien mit viel Herzblut dabei. Allerdings seien die Grenzen erreicht. "Nach mehreren schweren gesundheitlichen Vorfällen, die eindeutig auch auf die arbeitsmäßige Mehrbelastung zurückzuführen sind, sehen wir durch Sie dringenden Handlungsbedarf." Drei der insgesamt rund 50 Mitarbeiter sollen in den vergangenen Wochen Herzinfarkte erlitten haben, heißt es aus dem Umfeld es ZDMV, andere hätte psychische Probleme.
Antwortschreiben des Ministers
In dem Brief fordert der Personalrat den Minister auf, zu Berichten über eine angebliche Auflösung des ZDMV oder eine Eingliederung ins Finanzministerium Stellung zu beziehen. Die Beschäftigten fühlen sich angesichts der Medienberichte "alleine gelassen." Pegel reagierte noch am vergangenen Freitag in einem Mitarbeiter-Brief. Er bedankte sich bei allen, "die Tag für Tag mit großem Engagement und Verantwortungsbewusstsein an der Umsetzung unseres gemeinsamen Digitalisierungsauftrags arbeiten".
Pegel: "Integration der IT-Bereiche arbeitsumfänglicher als angenommen"
Gleichzeitig forderte er dazu auf, sich nicht von Spekulationen leiten zu lassen. Auf Berichte, das ZDMV werde ins Finanzministerium eingegliedert, ging er nicht ein. Auf NDR Anfrage räumte das Ministerium Schwierigkeiten bei dem zentralen Digitalisierungsplan ein. "Der Prozess der Integration der IT-Bereiche aller Landesbehörden und Ministerien ist allerdings arbeitsumfänglicher in der Vorbereitung und Umsetzung als bei Gründung des ZDMV angenommen."
