Eine Software auf einem Bildschirm © NDR Foto: NDR Screenshot
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AUDIO: Schlechte Noten für Digitalisierung in MV (1 Min)

Digitalisierung: Rechnungshof erteilt Landesregierung schlechte Noten

Stand: 11.03.2025 15:58 Uhr

Der Landesrechnungshof wirft der rot-rot Landesregierung in einem Sonderbericht massive Versäumnisse bei der Digitalisierung vor. Die Verwaltung sei immer noch nicht ausreichend umgestellt, um bürgerfreundlicher zu werden.

von Stefan Ludmann

Der Landesrechnungshof (LRH) hat schon oft die Finger in die Wunde gelegt und dem Land Kopflosigkeit bei der Digitalisierung bescheinigt. Trotz vieler Vorschläge, Empfehlungen und Landtagsentschließungen sei aber nichts passiert. Mit einem jetzt vorgelegten Sonderbericht, der die Missstände bündelt, will LRH-Präsidentin Martina Johannsen neuen Schwung in die Debatte bringen. Digitalisierung sei kein Selbstzweck, schreibt sie der Landesregierung ins Stammbuch, sie müsse einen Mehrwert für die Bürger und Unternehmen, aber auch die Landesverwaltung selbst schaffen.

Innenministerium ahnungslos

Diesen Mehrwert habe die Landesregierung bisher nicht geliefert. Noch immer fehle eine umfassende Digitalisierungsstrategie. Nach Ansicht der Prüfer ist unklar, wie das Land durch die Digitalisierung der Verwaltung das Leben der Bürger verbessern will. Mit anderen Worten: Vor allem das federführende Innenministerium mit der zuständigen Staatssekretärin Ina-Maria Ulbrich (SPD) habe keine Vorstellung davon, "welchen Beitrag die Digitalisierung leisten soll, um eine funktionsfähige Landesverwaltung mit besserer Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten".

Landesrechungshof: Viele Köche verderben den Brei

Außerdem beklagt der Rechnungshof ein regelrechtes Zuständigkeitswirrwarr zwischen der Digital-Abteilung des Innenministeriums, dem landeseigenen Zentrum für Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern (ZDMV) und dem ebenfalls in Landeshand stehenden Datenverarbeitungszentrum (DVZ). Die Prüfer formulieren den Missstand freundlich und meinen, es "gebe Optimierungspotenzial bei der Zusammenarbeit". Ziemlich deutlich sind sie an anderer Stelle. Zusammenfassend heißt es da: "Die Landesverwaltung ist organisatorisch derzeit nicht so aufgestellt, dass sie die Herausforderungen der Digitalisierung bewältigen kann."

Zentrum für Digitalisierung MV angeblich nicht arbeitsfähig

Eine Ursache sehen die LRH-Fachleute offenbar in dem Ende 2022 mit viel Vorschusslorbeeren gestarteten ZDMV. Es sollte in allen Ministerien und obersten Landesbehörden die IT-Sicherheit gewährleisten und die Soft- und Hardware auf dem neuesten Stand halten. Kurz und knapp sagen die Prüfer, das ZDMV sei mehr als zwei Jahre nach seiner Gründung nicht arbeitsfähig. Die Opposition im Landtag hatte die Mängel nach einem Bericht des NDR erst in der vergangenen Woche beklagt.

Sicherheitslücken im System

Der Rechnungshof verweist außerdem auf Sicherheitslücken in der IT-Struktur der Verwaltung. Tests hätten Schwachstellen offengelegt, die weiterhin bestünden. Der Landesbeauftragte für Informationssicherheit (BeLVIS) habe nicht die nötigen Kompetenzen und Durchgriffsrechte. Außerdem gebe es zu wenig Personal, das sich um die Sache kümmere. Auf Mängel in der Cyber-Sicherheit hatte intern auch das DVZ hingewiesen. Im Rahmen einer Landtagsanhörung zum Thema "Cybercrime" im März 2022 forderte das DVZ "wesentliche Grundlagen, welche uns durch die Landesverwaltung zur Verfügung gestellt werden müssen". Das DVZ listet unter anderem eine "Gesamtstrategie inklusive IT-Sicherheits-Strategie" auf. Sie fehlt offenbar.

Auch Verbände verweisen auf Mängel

Auch der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) hatte in der Anhörung auf Lücken hingewiesen. Einen klaren abgrenzbaren Bereich "IT-Sicherheit und Infrastruktur" gebe es in der Regierungsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern nicht, so der BDK. Der Verband und auch das DVZ verwiesen darauf, dass es sehr schwer sei, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten. Im Moment sind gleich mehrere Führungspositionen im Bereich der Digitalisierung unbesetzt, so wird händeringend ein neuer Chef der wichtigen Abteilung Digitalisierung im Innenministerium gesucht.

In der Zukunft ohne Microsoft?

Im Detail schlägt der Landesrechnungshof auch vor, sich von den großen Software-Anbietern wie beispielsweise Microsoft unabhängig zu machen. Das Ministerium sollte prüfen, ob es sogenannte Open Source nutzen kann. Das sind Betriebssysteme, deren Quellcode öffentlich ist und den individuellen Bedürfnissen angepasst werden können. Ein Vorteil seien niedrige Anschaffungs- und Wartungskosten und eine größere "digitale Souveränität".

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 11.03.2025 | 15:00 Uhr

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