Ein Mann tippt auf ein virtuelles Display © Colourbox Foto: Sergey Nivens

Fehlstart des neuen IT-Zentrums Mecklenburg-Vorpommerns

Stand: 18.08.2023 10:58 Uhr

Im vergangenen Jahr haben Innenminister Christian Pegel und seine Digitalstaatssekretärin Ina-Maria Ulbrich (beide SPD) die Pläne für ein Zentrum für Digitalisierung MV (ZDMV) vorgestellt. Ein Jahr später steckt der Digital-Riese noch immer in den Startlöchern.

Die Idee wurde allseits begrüßt: Das Zentrum für Digitalisierung MV soll als großes IT-Landesamt die vielen kleinen Einheiten in Ministerien und Landes-Behörden zu einem großen und schlagkräftigen Team umbauen. Nicht jedes Ressort und Amt soll in Sachen IT-Sicherheit und Beschaffung vor sich hin werkeln, sondern ein gemeinsamer Verbund soll die Dinge rund um Rechner, Software und Netze einfacher, schneller und effizienter machen. So hatte es Rot-Rot auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Seit September 2022 ist ein interministerieller Aufbaustab damit beschäftigt, die Pläne umzusetzen. Per Landtagsbeschluss im Dezember wurde das ZDMV zum 1. Januar 2023 formal gegründet.

Erster Wechsel war für April 2023 vorgesehen

Doch bis auf die Namensgebung ist bisher offenbar nicht viel passiert. Das Innenministerium räumte auf Anfrage ein, dass die Zentralisierung-Idee feststeckt. "Das ZDMV befindet sich aktuell in der Aufbauphase. Das mit dem Aufbau beschäftigte Team erarbeitet derzeit Grundlagen, damit das ZDMV die anvertrauten Aufgaben vollends erfüllen kann", heißt es auf Anfrage. Dabei war eigentlich geplant, dass IT-Kernbereiche der Landesverwaltung schon ab April 2023 in das neue Landesamt wechseln. Dabei ging es um die entsprechenden Abteilungen im Innenministerium, im Landesamt für Innere Verwaltung als der zentralen Beschaffungsstelle und um die Basis-IT der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Güstrow.

ZDMV sucht Personal

Auf die Frage, ob die Pläne umgesetzt wurden, antwortete das Ministerium mit einem schlichten "Nein". Offenbar hat das ZDMV auch Probleme, offene Stellen zu besetzen. Neben Behörden-Chefin Corinna Croissant sind bisher nur zwei weitere Mitarbeiter an Bord. Die Aufgabe des Leiters der wichtigen Allgemeinen Abteilung musste bereits zum zweiten Mal ausgeschrieben werden und ist noch immer offen. Für diesen Job wird eine "charismatische Führungskraft mit einem Faible für schlanke Prozesse und flache Hierarchien" gesucht. In der Ausschreibung heißt es auch, dass es auf "eine offene Feedback- und Fehlerkultur" ankomme.

Ministerien offenbar skeptisch

Obwohl das Land mögliche Interessenten mit einem Sonderdienstvertrag lockt und damit eine Bezahlung in Aussicht stellt, die höher liegen dürfte als die übliche Beamtenbesoldung, ist die Bewerberlage übersichtlich. Dass Personalfragen schwierig sind, zeigt auch der Verzicht auf einen Stellenplan. Üblicherweise ist klar, mit wie vielen Mitarbeitern ein Landesamt planen kann. Das Innenministerium teilte mit, "ein Stellenplan ist in der Erstellung". Insgesamt schätzt das Innenministerium den Personal-Bedarf auf deutlich mehr als 100 Beschäftigte. Die meisten sollen aus den bestehenden IT-Abteilungen in den Ministerien und Behörden kommen. Bei einigen betroffenen Mitarbeitern sorgte der Umsetzungsplan offenbar für Verunsicherung. Sie wissen nicht, welche Aufgaben sie in einem Landesamt erwarten. Es gibt offenbar auch Ressorts, die ihre IT-Abteilung nicht einfach in die Hände des Innenministeriums abgegeben wollen - das erschwert den Start des ZDMV.

Dienstorte noch offen

Als Dienstorte sind sechs Städte im Gespräch - neben Schwerin und Rostock sind das Stralsund, Neubrandenburg, Malchow und Anklam. Bisher steht nur die Landeshauptstadt als ZDMV-Dienstsitz fest, eine Filiale in Rostock sei im Aufbau, hieß es. Offen ist weiter, mit welchen Kosten die Landesregierung für das Projekt rechnet. Angaben dazu will sie nicht machen und verweist auf den Haushalt für 2024. Den Entwurf dazu hat das Kabinett schon vor Wochen beschlossen, Planungen müssten eigentlich vorliegen. Das federführende Innenministerium stellte inzwischen zum Zeitplan fest: "Der Prozess nimmt entsprechende Zeit in Anspruch, ist aber notwendig, damit das ZDMV die anvertrauten Aufgaben vollends erfüllen kann." Wann das sein kann, ist offen. Termine nennt das Ministerium nicht. Bisher sind für das ZDMV allerdings nur Ausgaben für den Geschäftsbedarf und Reisen vorgesehen. Zusammen macht das jeweils nur 71.000 Euro für die nächsten beiden Jahre aus - ein Landesamt ließe sich damit nicht unterhalten.

CDU sieht "gravierende Mängel"

Die CDU-Opposition im Landtag hat bereits die Geduld verloren. Fraktionschef Franz-Robert Liskow sagte, es sei eines der zentralen Versprechen von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gewesen, die Landesverwaltung zum modernsten öffentlichen Dienstleister deutschlandweit zu machen. Von diesem Versprechen sei die Landesregierung weit entfernt. Die Idee einer IT-Zentralstelle sei gut, die Umsetzung allerdings ist in Liskows Augen "mit gravierenden Mängeln behaftet". Dazu gehöre auch, dass die Kommunen nicht berücksichtigt worden seien. Die Landesregierung sollte einen ehrlichen Neustart wagen, meinte der CDU-Fraktionschef, andernfalls droht eine eigentlich gute Idee zu versanden. Ähnlich äußerte sich danach auch die AfD-Fraktion: Andere Bundesländer würden die digitale Transformation vorantreiben, Mecklenburg-Vorpommern aber versinke im eigenen Planungschaos.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 17.08.2023 | 16:00 Uhr

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