Brand in Groß Strömkendorf: Streit um die möglichen Motive
War es doch ein Nazi-Anschlag? Linke und Grüne halten das im Fall der mutmaßlichen Brandstiftung an der Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf weiter für denkbar. Sie haben vor voreiligen Schlüssen bei der Suche nach den Motiven gewarnt. Beide Parteien erklärten, es sei zu früh, einen rassistischen oder ausländerfeindlichen Hintergrund auszuschließen.
Grünen-Landeschef Ole Krüger und der Linken-Abgeordnete Michael Noetzel erklärten, der tatverdächtige Feuerwehrmann habe in Kauf genommen, dass ukrainische Flüchtlinge in Lebensgefahr gerieten. Schon deshalb sei ein ausländerfeindliches Motiv denkbar. Ein Brandstifter, der bei der Feuerwehr aktiv ist, könne durchaus aus rassistischen Gründen ein Haus in Brand stecken, so Noetzel.
Er und Grünen-Landeschef Krüger ziehen damit Aussagen der Ermittler in Zweifel. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten am Mittwoch betont, dass sie nach aktuellem Stand keinen politischen oder rassistischen Grund für die Tat sehen. Der 32-jährige Mann, der in U-Haft sitzt, sei auch nicht wegen Staatsschutz-Delikten auffällig gewesen. Die Ermittler gehen bisher davon aus, dass der Mann hinter einer Brandserie in der Region steckt - ihm werden weitere drei Brandstiftungen zur Last gelegt, für mehrere andere besteht ein Anfangsverdacht.
Aus Ermittlerkreisen heißt es, man sei nicht blind
Auch deshalb herrscht in Ermittlerkreisen ein Unbehagen über die politische Debatte. Die Ratschläge aus der Politik kommen bei ihnen alles andere als gut an. Man mache seine Arbeit und sei auf keinen Fall auf irgendeinem Auge blind, hieß es. Linkenpolitiker Noetzel hatte ihnen zuvor geraten, Chatprotokolle des Tatverdächtigen zu prüfen und Bildmaterial rechter oder rechtsgeprägter Demonstrationen vor dem Hintergrund einer möglichen Teilnahme des Tatverdächtigen auszuwerten. Diese Hinweise werden als überflüssig empfunden.
GdP übt Kritik an Politik wegen Einmischung
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Christian Schumacher, beklagte eine Einmischung der Politik. Teile der Regierungsfraktionen und der Opposition hätten anscheinend nichts Besseres zu tun, als die Arbeit von Justiz und Polizei infrage zu stellen. Mit Vertrauen und Rückendeckung habe das nichts zu tun. Schumacher erinnerte an einen Passus im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Linken. In dem sichern die Regierungspartner der Landespolizei "Wertschätzung und Anerkennung" zu.
Christian Pegel (SPD) lobt "schnelle und gute Arbeit"
Es gibt aber auch andere Stimmen aus der Politik: Innenminister Christian Pegel (SPD) hatte die "schnelle und gute Arbeit" von Polizei und Staatsanwaltschaft per Pressemitteilung ausdrücklich gelobt und sogar erklärt, er hoffe, dass "den vielfältigen Spekulationen, wie es zu dem Feuer kam, ein Ende gesetzt" seien. Eine in die gleiche Richtung gehende Stellungnahme von Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) ist bisher ausgeblieben. Vor allem in der Justiz gibt es daran Kritik. Bernhardt steht im Film, sie wurde im Vorfeld über die Ermittlungsergebnisse informiert.
Meinungsverschiedenheiten bei den Linken?
Bernhardt erklärte auf Anfrage, sie äußere sich nicht zu laufenden Verfahren. Dass die Ministerin schweigt, führt zu Fragen der Opposition. Die CDU vermutet Meinungsverschiedenheiten mit ihrem Parteifreund Noetzel. Es habe den Anschein, "als würde Herr Noetzel Behörden nicht trauen, deren Chefin seine eigene Ministerin ist", sagte die CDU-Abgeordnete Ann-Christin von Allwörden. Die Linke sollte das Thema intern zügig aufarbeiten, riet sie.
Schärfer formulierte es der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sebastian Ehlers. Die Linke werfe den Ermittlern ohne jeden Anlass schlampige Arbeit vor, dass sei "unverfroren und untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat", so Ehlers. Die Linke beschädige damit auch das Vertrauensverhältnis, das zwischen den Mitarbeitern in den Verwaltungen und den Spitzen der Ministerin bestehen müsse.
Linkenpolitiker Noetzel verteidigt sich
Linkenpolitiker Noetzel konterte und warf den beiden CDU-Abgeordneten vor, "blind vor Hass" zu sein. Er habe mit keiner Silbe versucht, den Behörden schlampige Arbeit zu unterstellen. Er habe vielmehr der Staatanwaltschaft bescheinigt, dass es "gut und wichtig" ist, dass sie zügig Ermittlungsergebnisse vorweisen konnte. Die CDU zeigte sich davon unbeeindruckt - sie will das Thema im Innen- und im Rechtsausschuss des Landtags auf die Tagesordnung setzen.