Vorbild Paris: E-Scooter-Verleih auch im Norden stoppen?
Die Bewohner von Paris haben dafür votiert, den Verleih von E-Scootern ab dem 1. September zu verbieten. Unfälle, rücksichtsloses Fahren und Chaos insbesondere auf Gehwegen sorgen auch in norddeutschen Städten dafür, dass Leihroller umstritten sind.
E-Scooter sind auch aus dem Bild norddeutscher Städte nicht mehr wegzudenken. Sie stehen oder liegen an nahezu jeder Ecke. E-Roller sollen eine Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln mit festen Haltestellen und Fahrplänen sein und müssen daher überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit einsatzbereit sind. Zwar unterliegen Nutzer und Nutzerinnen inzwischen vielen Regeln, die dafür sorgen sollen, dass die Elektro-Leihroller, die bis zu 20 km/h schnell sind, sicher in den Stadtverkehr integriert sind. Doch ob das auch gut klappt, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Umfrage: Leihroller praktisch, aber verzichtbar
"Die liegen überall nur rum, auf den Gehwegen wird man teilweise angefahren. Ich hoffe, dass das verboten wird - irgendwann", sagte beispielsweise ein älterer Passant bei einer Umfrage von NDR Info in Hamburg. Selbst eine junge Nutzerin sagte, sie könne das Verbot in Paris nachvollziehen, weil die Scooter oft im Weg herumlägen. Aber: "Ich finde sie aber auch praktisch. In kleineren Städten macht das schon Sinn, in größeren Städten könnte man es schon auch streichen." Eine junge Mutter wies auf die anderen Leihmöglichkeiten hin: "Man kann sich ja auch Fahrräder kostenfrei mieten, umwelttechnisch sind die sowieso besser." Sie verstehe den Nutzen von Leihrollern nicht. Und ein jüngerer Passant plädierte zwar für kein Verbot, appellierte aber an die Vernunft: "Wenn die Betrunkenen sich das Ding einfach mieten können, zwei, drei Betrunkene drauf sind, dann ist das immer eine Problematik - und auch ein schlechtes Beispiel für die Kinder. Und die Akkus müssen auch irgendwann entsorgt werden. Insofern ist es für die Umwelt eine massive Belastung."
Verkehrsbehörde Hamburg: Kaum Beitrag zur Mobilitätswende
Auch wenn einige das Angebot doch gerne nutzen, ärgern sich also offenbar die meisten über den Umgang mit den E-Rollern. Konkret heißt es für Hamburg laut Verkehrsbehörde: steigende Unfallzahlen und seit Oktober 2021 rund 10.000 Bußgeldbescheide für zum Beispiel falsch abgestellte Scooter. Und die Behörde räumt ein, dass aus ihrer Sicht die E-Scooter knapp drei Jahre nach ihrem Start in Deutschland als nachhaltiger Beitrag zur Mobilitätswende bislang noch nicht überzeugten.
Hannover: Verbot rechtlich kaum durchsetzbar
Auch in Hannover hat man das Problem erkannt. Trotzdem sei ein Verbot - wie in Paris - rechtlich kaum durchsetzbar, erklärte Thomas Vielhaber, Stadtbaurat in Hannover und für den Verkehr zuständig: "Wir haben die deshalb noch nicht verboten, weil es gerichtlich noch keine Letztentscheidung darüber gibt, ob E-Tretroller als Sondernutzung oder als Gemeingebrauch wie beispielsweise Fahrräder und auch Leihfahrräder eingeschätzt werden. Insofern ist das juristisch noch eine Lücke."
E-Scooter sind bundeseinheitlich als Teil des Straßenverkehrs zugelassen. Das Gesetz von 2019 lässt den Städten kaum Handlungsspielraum. In Hannover setzt man daher auf enge Zusammenarbeit mit den Verleihern. Hier hat man im Februar 2023 eine neue verbindliche Vereinbarung getroffen, die die Verleiher mehr in die Pflicht nehmen soll. "Wir haben festgelegt, dass es jeweils eine Vollzeitstelle bei den Anbietern und Anbieterinnen geben muss, die sich dann darum kümmert, dass Meldungen aufgenommen werden und auch umgesetzt werden", sagte Vielhaber. Wenn jemand melden würde, dass Roller in einer Grünanlage liegen, müssten diese innerhalb einer bestimmten Frist weggeräumt werden. Bei defekten Scootern betrage die Frist sechs Stunden.
Rostock setzt auf Informationskampagne
Auch in Rostock, wo rund 2.000 E-Roller im Einsatz sind, gibt es regelmäßig Beschwerde-E-Mails, sagte der Mobilitätskoordinator der Stadt, Steffen Nozon. Mit einer Informationskampagne will die Stadt nun die Fahrer zu mehr Rücksicht aufrufen. Sie spricht die häufigsten Problem- und Beschwerdepunkte in Rostock an. Dazu zählen das Fahren auf Gehwegen und in Fußgängerzonen, das Abstellen auf Blindenleiteinrichtungen, auf Fußgängerquerungen und in Haltestellen sowie das Fahren unter Alkoholeinfluss und zu zweit. Nutzerinnen und Nutzer sollen darüber aufgeklärt werden, was erlaubt ist und was nicht. Außerdem will man mit den Verleihern sprechen. "Wir haben die Beschwerdewege zum Beispiel noch mal vereinfacht, wir haben zentrale E-Mail-Adressen geschaffen", zählte Nozon auf. Die drei Anbieter würden sehr schnell reagieren, wenn die Hinweise kämen. Zudem seien Parkverbotszonen wie etwa Fußgängerzonen, Bereiche im Stadthafen oder Parkanlagen technisch hinterlegt. "Jeder, der seinen Roller dort abstellen will, dem wird das nicht glücken: Die Zeit läuft weiter, er muss dann weiterhin bezahlen", erklärte Nozon. Ein Verbot von Leihrollern wie in Paris sieht er für Rostock nicht kommen.