Preisreform: Wird der Strom im Norden bald günstiger?
Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller hat eine Reform des Strompreises mit niedrigeren Gebühren für Regionen mit viel Windkraft angekündigt. Im Bundestag liege ein Gesetzentwurf, der die Bundesnetzagentur autorisieren würde, "faire Netzentgelte" einzuführen, sagte er in einem Zeitungsinterview.
"Sobald das Gesetz verabschiedet ist, werden wir einen Vorschlag für die Reform machen", sagte Müller im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ("NOZ", Sonnabendausgabe). Bislang würden Regionen, die besonders auf Windkraft setzen, finanziell besonders stark belastet, erklärte der Behörden-Präsident. Bislang hatte sich insbesondere Bayern immer wieder vehement gegen eine Änderung der Stromtarife gestemmt.
Müller: Energieminister stehen hinter Reformplänen
"Ich treffe keinen Energieminister in den Bundesländern, der dieses historisch gewachsene System noch gutheißt", sagte Müller dazu der "NOZ". "Schließlich sind auch Regionen in Süddeutschland betroffen, in denen viele Windräder aufgestellt und ans Netz angeschlossen werden."
Sein Eindruck sei, dass die Energieminister aller Bundesländer hinter seinen Reformplänen stehen. "Denn es liegt auf der Hand, dass wir den Erneuerbaren-Ausbau belohnen sollten." Momentan zahlt zum Beispiel eine vierköpfige Familie in Schleswig-Holstein im Schnitt 180 Euro pro Jahr mehr für Strom als in Bayern. Das liegt daran, dass Anschlusskosten für Windräder dort gezahlt werden müssen, wo die Anlagen stehen. "Ich kann den Frust vieler Bürger und Regionen darüber gut verstehen", so der Bundesnetzagentur-Präsident.
Boom in der Offshore-Branche erwartet
Nach der Versteigerung von Offshore-Flächen in der Nord- und Ostsee für fast 13 Milliarden Euro an die Energieunternehmen British Petrol (BP) und Total erwartet die Bundesnetzagentur zudem einen Boom in der Zulieferbranche. "Wir erwarten, dass die Versteigerungen eine Investitionswelle auslösen werden", sagte Müller. Die Betreiber könnten "nicht alles selbst herstellen, sondern werden Kabel, Konverterstationen, Planungen und vieles mehr bei Zulieferern bestellen", so Müller weiter.
Der Investitionsbedarf sei enorm und werde weiter steigen, denn weitere Offshore-Flächen müssten bebaut und angeschlossen werden. Auch die Windkraft an Land werde vorangetrieben.
"Definitiv" Reindustrialisierung statt Deindustrialisierung
"Ich sehe gerade viele Weichenstellungen für den Wiederaufbau von Produktionsanlagen, von denen es früher schon mal deutlich mehr gegeben hat", betonte Müller. Für die Offshore-Branche werde es daher "definitiv" zu einer Reindustrialisierung statt zur Deindustrialisierung kommen. Hier wachse "gerade ein starker europäischer Markt, denn auch in den Niederlanden, in Belgien oder Polen bauen sie ihre Offshore-Kapazitäten kräftig aus", sagte Müller. Die Bedingungen auf dem europäischen Markt könnten sich "absolut" mit denen in den USA oder Asien messen lassen, fügte er hinzu.