Windenergie an Land: "Zubau geht zu langsam voran"
Der Zubau von Winkraft-Anlagen in Deutschland geht voran - aber noch deutlich zu langsam, um die Ziele der Energiewende zu erreichen. Dies ist das Fazit von zwei Verbänden aus der Windenergie-Branche. Grundlage sind die Zahlen für das erste Halbjahr 2023.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Verband für Energieanlagenbau VDMA Power Systems haben am Dienstag ein höheres Tempo beim Bau von Windparks an Land gefordert. Die Zahl der Genehmigungen reiche bei Weitem noch nicht aus, die selbstgesteckten Ziele der Bundesregierung zu erreichen. Demnach sollen ab 2025 pro Jahr 10 Gigawatt an Windenergie-Leistung an Land neu geschaffen werden. Den Verbänden zufolge sind - bei unveränderter Geschwindigkeit - in diesem Jahr aber nur 2,7 bis maximal 3,2 Gigawatt möglich. Um die Ziele zu erreichen, müssten vor allem mehr Flächen bereitgestellt und schneller Genehmigungen erteilt werden, fordert Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems. Zudem müssten die Verfahren zum Beantragen von Transporten verschlankt werden. Für den angepeilten Ausbau von 10 Gigawatt im Jahr seien allein 30.000 Schwertransporte notwendig, so Rendschmidt.
Windkraft: Schleswig-Holstein hat die besten Zahlen
In den Bundesländern bietet sich ein sehr unterschiedliches Bild beim Zubau von Windkraft-Anlagen an Land. Der Norden schneidet noch verhältnismäßig gut ab. Aktuell ist Schleswig-Holstein in Deutschland die klare Nummer eins. Im nördlichsten Bundesland wurden im ersten Halbjahr 125 Windenergie-Anlagen errichtet - mit einer Gesamtleistung von 597 Megawatt. Damit entfielen auf das Bundesland 38 Prozent der in ganz Deutschland zugebauten Leistung. Es folgt Niedersachsen mit 52 neuen Anlagen - das sind immerhin 22 mehr als im Vorjahres-Zeitraum.
Der Süden hinkt weiter deutlich hinterher. Bayern steuerte im ersten Halbjahr 2023 mit fünf neuen Anlagen nur 1 Prozent zum Zubau bei. In Thüringen und Sachsen sowie in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin kamen gar keine Anlage hinzu. Auch in Mecklenburg-Vorpommern kommt der Ausbau weiterhin kaum voran: Im ersten Halbjahr 2023 wurden landesweit lediglich zwölf neue Windräder errichtet. Insgesamt wurden in Deutschland im ersten Halbjahr an Land 331 neue Windenergie-Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 1.565 Megawatt errichtet.
"Es braucht jetzt in allen Ländern deutlich mehr Tempo"
Die beiden Windenergie-Verbände betonen, dass nicht nur in Süddeutschland der Ausbau stocke. Auch in den norddeutschen Ländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen bestehe deutlich Luft nach oben. "Es braucht jetzt in allen Ländern deutlich mehr Tempo", sagt Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands WindEnergie BWE. "Um die angestrebten jährlich 10 Gigawatt Zubau zu erreichen, müssen mindestens 12 Gigawatt neu genehmigt werden." Im ersten Halbjahr 2023 kamen die Bundesländer bei den Neugenehmigungen zusammen auf 3,2 Gigawatt. Hier liegen Niedersachsen und Schleswig-Holstein in der Rangliste hinter Nordrhein-Westfalen auf Platz zwei und drei, Mecklenburg-Vorpommern kommt auf Rang sieben. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für Genehmigungen hat sich laut BWE im Jahr 2022 auf 24,5 Monate erhöht. Dies sei ein neuer Höchstwert.
Niedersachsen hat bundesweit am meisten Windenergie
Zur Jahresmitte 2023 sind in Deutschland insgesamt 28.517 Windenergie-Anlagen in Betrieb - mit einer Gesamtleistung von rund 59 Gigawatt. An dieser ist Niedersachsen mit 21 Prozent am stärksten beteiligt. Dahinter rangieren Brandenburg (14 Prozent), Schleswig-Holstein (13 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (12 Prozent). Gemessen an der Landesfläche steht Schleswig-Holstein mit einer Leistungsdichte von über 500 Kilowatt je Quadratkilometer an der Spitze.
Das Ziel der Bundesregierung ist, dass bei der Windenergie an Land bis zum Jahr 2030 eine Gesamtleistung von 115 Gigawatt vorhanden ist. Für die Windenergie auf See ist ein Zielwert von 30 Gigawatt vorgesehen, bislang sind es 8,4 Gigawatt.