Zustimmung und Kritik für geplante Panzer-Lieferungen an Ukraine
Deutschland liefert nun doch "Marder"-Schützenpanzer und ein Raketenabwehrsystem vom Typ "Patriot" an die Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden bestätigten das in einer gemeinsamen Erklärung. Mehrere Politiker begrüßten in NDR Interviews die Entscheidung der Regierung.
Positives Echo gab es nicht nur von Vertretern der Regierungsparteien, sondern auch von der CDU: Der Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul aus Schleswig-Holstein bezeichnete die angekündigten Panzerlieferungen an die Ukraine in der ARD-Infonacht als gut und richtig. Sie komme allerdings sehr spät. Er sprach sich zudem dafür aus, jetzt auch Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Dieser Schritt sollte in zwei bis drei Monaten gemacht werden, so der CDU-Verteidigungsexperte.
Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker und Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Robin Wagener. Es müsse alles geliefert werden, was nötig sei, damit die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnt, auch Kampfpanzer, sagte er auf NDR Info. Politikwissenschaftler Joachim Krause sagte, Schützenpanzer und Kampfpanzer müssten zusammenwirken. Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Uni Kiel sieht bei der notwendigen Unterstützung eine gute Chance für die Ukraine, die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern.
FDP-Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann: "Jeder Tag zählt"
Auf eine schnelle Auslieferung der "Marder"-Panzer drängt unterdessen die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikerin schlug auf NDR Info vor, die ukrainischen Soldaten jetzt nicht nur auf dem "Marder"-Panzer, sondern zeitgleich auch auf dem Kampfpanzer "Leopard 2" auszubilden: "Sollte dieser nämlich in einer weiteren Tranche geliefert werden, verlieren wir nicht immer wieder Zeit. Denn das ist eigentlich das große Problem: der Zeitfaktor." Angesichts der Brutalität, die von Russland ausgehe, zähle jeder Tag.
ARD-DeutschlandTrend: Wähler gegen Ausweitung von Waffenlieferungen
Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hatte sich zuvor laut einer Umfrage gegen eine Ausweitung von Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen: Im ARD-DeutschlandTrend, für den von Montag bis Mittwoch 1.314 Wahlberechtigte befragt worden waren, hatten 26 Prozent gesagt, ihnen gehe die Unterstützung mit Waffen bereits jetzt zu weit, 41 Prozent hatten angegeben, sie hielten das jetzige Niveau für angemessen - also das Niveau vor dem Beschluss, auch "Marder"-Panzer und "Patriot"-Raketen zu liefern. 25 Prozent der Befragten in der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage hatten angegeben, es sollten mehr Waffen geliefert werden.
AfD kritisiert Panzer-Lieferungen
Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag, Tino Chrupalla, kritisierte die "Marder"-Lieferungen: "Es ist beunruhigend, dass die Bundesregierung dem Druck der Vereinigten Staaten und anderer Länder nachgegeben hat und Schützenpanzer an die Ukraine liefern will. Dadurch wird sich die Eskalationsspirale weiter beschleunigen." Deutschland drohe "endgültig zur Kriegspartei zu werden - mit unabsehbaren Folgen für unser Land und seine Bürger". Die AfD-Fraktion rief die Bundesregierung dazu auf, "jede nur denkbare diplomatische Initiative zu ergreifen, um einen Frieden am Verhandlungstisch zu erreichen, statt sich mit Panzerlieferungen aktiv an dem Konflikt zu beteiligen".
Grünen-Politiker Hofreiter widerspricht Befürchtungen
Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter widersprach in der ARD-Infonacht Befürchtungen, mit dem Beschluss könne der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiter eskalieren: Kritiker hätten diese Befürchtungen bereits bei der Lieferung von "Gepard"-Panzern oder der "Haubitze 2000" gehabt. "Diese Leute sind naiv", sagte Hofreiter. Sie verstünden den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht, der nur die Sprache der Stärke verstehe.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach von einem guten Beschluss. Er sagte, Deutschland habe seit Kriegsbeginn die Unterstützung im Zusammenspiel mit seinen Partnern immer stärker ausgeweitet. Jetzt Schützenpanzer zu liefern sei folgerichtig. Die Ukraine habe das Recht, sich zu verteidigen, und Deutschland die Pflicht, ihr dabei zu helfen, so der Grünen-Politiker.
Ukrainische Soldaten müssen ausgebildet werden
Die USA und Deutschland stellen den ukrainischen Streitkräften Schützenpanzer zur Verfügung. Deutschland liefert den "Marder", die USA geben 50 Exemplare vom Modell "Bradley" ab. Der "Spiegel" berichtet, dass aus deutschen Beständen etwa 40 "Marder" an die Ukraine übergeben werden sollen. Die Ausbildung der Ukrainer an den jeweiligen Waffen übernehmen die beiden Länder selbst. Schützenpanzer sind Panzer, die zum Beispiel Gebiete verteidigen oder Feuerdeckung geben können. Sie sind nicht so sehr zum Angreifen geeignet.
Selenskyj dankt für "wichtigen Beitrag" im Kampf gegen Russland
Genau wie die USA liefert Deutschland Kiew nun auch ein "Patriot"-Raketenabwehrsystem. Damit vollzieht Berlin nach monatelanger Diskussion einen Kurswechsel in seiner Politik bei den Waffenlieferungen. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte vor allem für die angekündigte "Patriot"-Batterie. Deutschland leiste einen wichtigen Beitrag dazu, alle russischen Raketen abzufangen. Viele Monate ist über deutsche Panzerlieferungen diskutiert worden. Einen Alleingang in dieser Sache hatte Kanzler Scholz zuvor ausgeschlossen. Jetzt, wo die USA und Frankreich mit im Boot sind, ist Deutschland den Schritt aber doch gegangen.